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150/2001
Stand: 30.05.2001
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Gegen Umsatzsteuerbetrug mit gesetzlichen Mitteln vorgehen

Finanzausschuss/

Berlin: (hib/VOM) Die dramatische Entwicklung des Umsatzsteuerbetrugs im europäischen Binnenmarkt haben Berichte des Bundesrechnungshofs sowie von Vertretern der Finanzministerien von Rheinland-Pfalz und Hessen am Mittwochmittag im Finanzausschuss deutlich gemacht. Seit der Öffnung der Binnengrenzen in der EU 1993 und dem Wegfall der Kontrolle der Warenbewegungen seien zunehmend Steuerbetrugsmodelle bekannt geworden, die nach dem Muster so genannter "Karussellgeschäfte" Umsatzsteuer in bisher ungeahnter Höhe in die Hände organisierter, krimineller Personen spielten, heißt es im Bericht des Rechnungshofs. Der letzte große Vorfall habe einen Steuerschaden von rund 500 Millionen DM zur Folge gehabt. Die Betrügereien liefen nach dem Muster ab, dass ein inländischer Unternehmer steuerfrei innerhalb der EU an einen Ausländer liefert, bei dem im Ergebnis keine Umsatzsteuer anfällt. Dieser liefert weiter steuerfrei an ein inländisches Scheinunternehmen. Der Scheinunternehmer liefert wiederum an den erstgenannten Unternehmer mit Rechnung und Umsatzsteuerausweis. Seinen Einkaufspreis behandele er jedoch als Bruttowert und rechne die Umsatzsteuer mit 13,8 Prozent heraus. Damit werde die Ware gegenüber der ehrlichen Konkurrenz auf Kosten des Fiskus billiger. Der Scheinunternehmer begnüge sich häufig mit einer kleinen Provision. Der inländische Unternehmer ziehe die Vorsteuer ab, der Scheinunternehmer zahle die fällige Umsatzsteuer nicht, sondern verschwinde vom Markt, bevor die Finanzverwaltung den Sachverhalt aufdecken kann. Die Steuerverwaltung könne die Verbindung zwischen dem Unternehmer und dem Scheinunternehmer meist schon dann nicht mehr nachweisen, wenn ein Zwischenhändler dazwischentritt. Wenn dieser seinen Sitz im Nicht-EU-Ausland, etwa der Schweiz, habe, lasse sich der Warenweg nicht mehr überprüfen.

Der Rechnungshof hat nach eigenen Angaben 70 Fallkomplexe untersucht und sei darauf gestoßen, dass Lieferungen schwierig zu ermitteln seien, der Schaden häufig im dreistelligen Millionenbereich liege und das Geld endgültig weg sei. In Deutschland sei dieses Verfahren besonders einfach, weil hier die Vorsteuer auch erstattet werde, wenn sie gar nicht gezahlt worden sei. Eine Rechnung genüge. Wer eine Umsatzsteuernummer vorweise, erhalte die Vorsteuer erstattet. Zwar sei eine zentrale Datenbank "Umsatzsteuerbetrug" zur bundesweiten Sammlung von Betrugsfällen Ende letzten Jahres beim Bundesamt für Finanzen eingerichtet worden und die personelle Besetzung sei noch nicht abgeschlossen. Es seien in Deutschland zwar alle Daten gespeichert, aber keine Stelle habe den Zugriff auf alle Daten. In der EU gebe es die Koordinierungsstelle für Betrugsbekämpfung ("OLAF"), an die Deutschland allerdings wegen des Steuergeheimnisses keine einschlägigen Daten liefere. Der Rechnungshof plädierte dafür, dem Bundesamt für Finanzen eine zentrale Funktion bei der Ermittlung, Koordinierung und Aufdeckung solcher Fälle zuzuweisen. Die Bundesregierung erklärte, sie habe den Rechnungshofbericht zum Anlass genommen, gesetzgeberische Vorhaben voranzubringen.

Die Sozialdemokraten plädierten dafür, nach der Sommerpause "Nägel mit Köpfen" zu machen und die Zeit bis dahin für Abstimmungen zu nutzen. So werde sich die Finanzministerkonferenz in der kommenden Woche mit einer Vorlage des Bundesfinanzministeriums und der Oberfinanzdirektionen befassen. Bündnis 90/Die Grünen plädierten dafür, interfraktionell eine Arbeitsgruppe zu bilden, die diese Vorlage bewerten soll. Ziel sei es, im Oktober einen Gesetzentwurf zu verabschieden, der ab 2002 in Kraft treten könnte. Die Unionsfraktion erklärte sich in der Zielrichtung einig, sprach sich aber dafür aus, zunächst den Beschluss der Finanzministerkonferenz abzuwarten. Der Ausschuss will sich in seiner nächsten Sitzung am 20. Juni erneut mit dem Thema befassen und dann einen genauen "Fahrplan" festlegen.

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2001/2001_150/02
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