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Werner Schulz, Bündnis 90/Die Grünen
Geiz ist geil! Heute keine Mehrwertsteuer! Wir können nur billig! Werbesprüche, die mehr und mehr den Zeitgeist in Deutschland zu bestimmen scheinen. Flankiert durch einen rigorosen Sparkurs der Bundesregierung. Die unsichere Zukunft vieler Menschen, die schwache Konjunktur und vor allem die geforderte Eigenverantwortung für die Rente erhöhen die Sparquote.
Abgesehen davon, dass viele Beschäftigte seit Jahren keine realen Lohnzuwächse hatten, bleibt vielen beschäftigungslosen Menschen nicht mehr genug in der Tasche, um ausgiebig zu konsumieren. Und alle beklagen, dass die Binnennachfrage leidet. Auch jene Multimediamärkte, die die Geister nicht mehr loswerden, die sie gerufen haben. Nachdem die Einführung des Euros zu einer nicht nur gefühlten, sondern sektoral durchaus realen Preissteigerung geführt hat, kommt diese vermeintliche Abwärtsspirale der Preise gerade recht.
Qualitätseinbußen werden ebenso hingenommen wie einige unerwünschte Nebenwirkungen. Nämlich ein „Geiz ist geil“ ganz anderer Art. So geizt die Wirtschaft mit Arbeitsplätzen, mit höheren Löhnen oder mit Urlaubstagen. Zumindest für ihre Angestellten. Bei den Managern, bei Aufsichtsräten oder Vorstandsvorsitzenden hat der Geiz allerdings keine Chance. Mal eben das Jahreseinkommen verdoppelt, das ist zwar nicht der Regelfall, aber auch nicht die Ausnahme.
Und wenn die Binnennachfrage wegen „Geiz ist geil“ ins Stottern kommt, dann muss es halt der Export richten. Da wird die Produktivität im eigenen Land ständig erhöht, um angesichts der Globalisierung konkurrenzfähig zu bleiben. Oder anders ausgedrückt: Weil zweistellige Renditen zu wenig sind, werden eben ein paar tausend Beschäftigte im Inland gefeuert. Im Unterschied zu vielen Verbrauchern findet nämlich der Shareholder, der Aktionär, bei der Dividende alles geil, außer Geiz!
Foto: Deutscher Bundestag
Erschienen am 30. Mai 2005
E-Mail:
werner.schulz@bundestag.de
Webseite:
www.werner-schulz.info