DEBATTE ZUR GENTECHNIK
Unterschiedliche Meinungen zu der Forschung an embryonalen
Stammzellen
(re) Unterschiedliche Meinungen bei der
Beurteilung der Forschung an embryonalen Stammzellen und der
Präimplantationsdiagnostik (PID) wurden deutlich bei der rund
fünfstündigen Debatte "Recht und Ethik der modernen
Medizin und Biotechnologie" am 31. Mai im Plenum des Deutschen
Bundestages.
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Margot von
Renesse (SPD).
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Dabei warnte die Vorsitzende der Enquete-Kommission "Recht und
Ethik der modernen Medizin", Margot von
Renesse (SPD), vor einseitigen moralischen Entscheidungen.
Vom Gesetzgeber werde aus Rücksicht auf unterschiedliche
Auffassungen in der Gesellschaft eine genaue Abwägung
verlangt, betonte sie. So müsse die Gesellschaft unterscheiden
lernen zwischen der eigenen individuellen Wertvorstellung und denen
der Allgemeinheit. "Wir sollten auch davon Abstand nehmen,
Wissenschaft zu dämonisieren", sagte sie. Wissenschaft diene
der Gesellschaft nicht nur dadurch, dass sie neue
Möglichkeiten des Handelns, des Heilens und des Helfens
entwerfe, sondern auch dadurch, dass sie Tabus verletze.
Neuland in der Ethik
Maria Böhmer (CDU/CSU) wies
darauf hin, dass mit der Bio- und Gentechnologie nicht nur in der
Forschung, sondern auch in der Ethik Neuland beschritten werde. Die
Politik dürfe und könne Themen von einer derartigen
Tragweite nicht einfach an Wissenschaft und Gremien delegieren. Die
Politik und jeder selbst müsse in dieser schwierigen Lage
Position beziehen, forderte sie. Die Gesellschaft sei mit
überwältigenden Ergebnissen in der Grundlagenforschung
konfrontiert. "Aber wir wissen noch längst nicht, ob die
Anwendung damit gelingen kann", sagte die Abgeordnete.
Praxis stärker beachten
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Andrea Fischer
(B'90/Grüne).
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Andrea Fischer (Bündnis 90/Die
Grünen) plädierte dafür, die Praxis der
pränatalen Diagnostik und die daraus oft folgenden
Schwangerschaftskonflikte in den Mittelpunkt der Überlegungen
zu stellen. Mit Blick auf Erfahrungen in anderen Bereichen sei doch
zu erwarten, dass sich auch bei der Präimplantationsdiagnostik
eine Begrenzung nicht einhalten lasse.
Die Nachfrage nach diesem Verfahren werde steigen, so dass immer
selbstverständlicher sein werde, von künftigen Eltern zu
verlangen, dass sie kein krankes Kind bekommen oder dass sie sich
vielleicht sogar dafür rechtfertigen, wenn sie es doch
wollten. "Aber ein Kind braucht doch gerade Eltern, die es
annehmen, wie es ist, die es lieben, unabhängig von seiner
Gestalt und seinen Fähigkeiten", sagte sie.
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Edzard
Schmidt-Jortzig (F.D.P.).
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Edzard Schmidt-Jortzig (F.D.P.)
sagte, der Rubikon für die Möglichkeit des Eingriffs in
die menschlichen Lebenssubstanzen sei am Beginn des Lebens mit der
Zulassung von In-vitro-Fertilisation und am Ende des Lebens mit der
Gestattung von Organtransplantationen "längst unwiderruflich"
überschritten. Er wünsche, dass man sich in diesem
"hochdifferenzierten, sensiblen Gelände" vor Einseitigkeiten
und Fundamentalismen hütet, vor unstrittigem
Fortschrittsglauben genauso wie vor bunkerhafter
Fortschrittsverweigerung. Es gehe vielmehr um ein mühsames,
intensives Abwägen zwischen den verschiedensten Aspekten.
Diese Debatte könne dafür nur ein erster, vager Anfang
sein.
Roland Claus (PDS) erklärte,
dass das Spannende und zugleich das Verführerische in dieser
Debatte sei, dass Chancen und Gefahren so dicht beieinander liegen
würden. Die PDS vertrete verschiedene Positionen, der
einigende Grundsatz heiße aber: "Die Würde des Menschen
ist unantastbar." "Was wir brauchen, ist eine politische
Verantwortungsgemeinschaft, in der fachwissenschaftlicher und
ethischer Vorlauf gefördert wird", betonte er.
Informationen wichtig
Bundeskanzler Gerhard Schröder
(SPD) hielt es für wohltuend, dass bei der Debatte
niemand dem anders Denkenden Gewissen, Moral, auch Ernsthaftigkeit
abgesprochen habe. Die anstehenden Fragen zu entscheiden, setze
viel an Informationen voraus. Dies gelte nicht nur für
diejenigen, die an der Debatte im Bundestag teilnähmen,
sondern für die ganze Gesellschaft.