Vertrag von Nizza ratifizieren
Berlin: (hib/VOM) Die Bundesregierung will die von deutscher Seite erforderlichen Voraussetzungen schaffen, damit der Vertrag von Nizza vom 26. Februar dieses Jahres in Kraft treten kann. Dazu hat sie einen Gesetzentwurf (14/6146) vorgelegt. Wie es in der Denkschrift zu dem Vertrag heißt, habe damit die vom Europäischen Rat im Juni 1999 geforderte Regierungskonferenz über die institutionelle Reform der EU ihren Abschluss gefunden. Der Vertrag schließe unmittelbar an die mit dem Amsterdamer Vertrag vorgenommene Fortentwicklung des Vertrages über die EU und der Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaften an. Während mit dem Vertrag von Amsterdam die innere und äußere Handlungsfähigkeit der EU gestärkt und der Weg für einen pünktlichen Beginn von Beitrittsverhandlungen frei gemacht worden sei, werde die EU mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Nizza fähig, künftig weitere Mitgliedsstaaten aufzunehmen. Mit dem Vertrag hätten für die Stimmenwägung im Rat, die Größe und Struktur der Kommission sowie für den Übergang zu Mehrheitsentscheidungen Kompromisse gefunden werden können, welche die Handlungsfähigkeit und demokratische Legimitation auch einer erweiterten EU sicherten. Darüber hinaus werde das Instrument der "Verstärkten Zusammenarbeit" weiterentwickelt und für das Europäische Parlament eine neue Sitzverteilung festgelegt. Die Europäische Gerichtsbarkeit werde durch umfassende Regelungen auf wachsende Aufgaben vorbereitet, heißt es in der Denkschrift weiter. Auch die Struktur der übrigen Organe und Institutionen der EU werde auf eine größere Zahl von Mitgliedstaaten ausgerichtet. Der Vertrag schaffe ein "Frühwarnsystem", mit dem die EU auf die drohende Verletzung ihrer Prinzipien wie Freiheit, Demokratie, Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie Rechtsstaatlichkeit künftig rasch reagieren könne, so die Regierung.
Der Bundesrat weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass bei Vorhaben, bei denen im Schwerpunkt Gesetzgebungs- und Verwaltungsbefugnisse der Länder betroffen sind, seine Stellungnahme auch für den Antrag auf Überprüfung, ob bei Ratsentscheidungen die qualifizierte
Mehrheit mindestens 62 Prozent der Gesamtbevölkerung repräsentiert, maßgeblich sei. Er bittet die Regierung, ihn über die weiteren Schritte bei der Umsetzung der "Erklärung zur Zukunft der Union" auf dem Laufenden zu halten und bei der Aufnahme von Verhandlungen Bundesratsvertreter zu beteiligen. Im Übrigen entspreche auch künftig die Stimmengewichtung im Rat nicht den tatsächlichen Bevölkerungsanteilen. Zudem sei mit Bedauern festzustellen, dass beim Vertragsabschluß weitere regionale Anliegen nicht aufgegriffen worden seien, heißt es in der Stellungnahme. So würden die Rechte des Ausschusses der Regionen nicht weiter entwickelt, und ein Klagerecht für Regionen mit eigener Gesetzgebungsbefugnis vor dem Europäischen Gerichtshof habe nicht erreicht werden können. Eine vom Bundesrat erbetene Änderung des Gesetzentwurfs lehnt die Regierung in ihrer Gegenäußerung ab.