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273/2003
Stand: 10.12.2003
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Große Mehrheit für neue Regionalstruktur der Stasiunterlagenbehörde

Innenausschuss

Berlin: (hib/WOL) Mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der FDP haben sich die Fraktionen am Mittwoch im Innenausschuss mit einem Entschließungsantrag für eine regionale Struktur der Behörde der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) ausgesprochen. Das Konzept sieht eine Zusammenführung der Archive an fünf statt der bisher 13 Standorte in den neuen Bundesländern vor, wobei in jedem der neuen Bundesländer ein weiterer zweiter Standort verbleiben soll, um auch dort bürgernah bestimmte Dienstleistungen zur persönlichen Akteneinsicht, Beratung, Information und für Veranstaltungen bieten zu können. Grundlage der Diskussion waren auch der fünfte und der sechste Tätigkeitsbericht des BStU für die Jahre 2001 und 2003. Mit großem Nachdruck dankten die Abgeordneten aller vier Fraktionen der Bundesbeauftragten Marianne Birthler (Bündnis 90/Die Grünen) und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre engagierte Arbeit sowohl bei der Rekonstruktion von "Millionen von Papierschnipseln" der durch Stasimitarbeiter "vorvernichteten" Unterlagen als auch bei der Routinearbeit und bei der Erstellung des vorgelegten Regionalkonzepts.

Im Zusammenhang mit der Abstimmung hatte die CDU/CSU deutlich gemacht, sie werde zwar zustimmen, sehe aber die Prioritäten eindeutig bei der Wiederherstellung und Zusammenführung vernichteter Aktenbestände. Die Union drückte ihr Unverständnis aus, dass die Regierung trotz der vorgelegten detaillierten Machbarkeitsstudie zur computertechnischen Wiederaufbereitung von derzeit noch 15.000 Säcken mit Papierfragmenten die erforderlichen 5 Millionen Euro pro Jahr nicht im Haushalt 2004 eingestellt habe. Die SPD erwiderte, es gebe trotz umfangreicher Detailaussagen noch offene Fragen, die erst Anfang 2004 beantwortet werden könnten. Sie sichere aber zu, nach Klärung der Machbarkeit noch in 2004 auch die notwendigen Mittel bereitzustellen. Die Bündnisgrünen betonten ebenfalls die hohe politische Bedeutung der Wiederherstellung der Akten und sagten, es dürfe zu keinem späten Sieg der Stasi und des MFS kommen. Gleichwohl hätten andere Vorgänge gezeigt, dass die Bereitstellung von Finanzen auch von einer ausgereiften Technik abhängig gemacht werden müsse. Zum zweiten BStU-Standort hieß es, dies müsse der Tatsache Rechnung tragen, dass es in der jungen Generation kein bewusstes eigenes Erleben der Stasi-Mechanismen des Ausspionierens und des totalitären Drucks gebe. Dieser müsse aber vermittelt werden. Die FDP begründete ihre Enthaltung mit der Aussage der Bundesbeauftragten, wonach sich die Behörde flexibel ihren Aufgaben stellen müsse. Dagegen sei in dem Entschließungsantrag eine Zementierung der künftigen Verhältnisse auf zehn Jahre vorgesehen.

In ihrer Einführung hatte die Bundesbeauftragte gesagt, die nun beschlossene regionale Struktur orientiere sich an den Gegebenheiten der Bundesrepublik und nicht mehr an den bisherigen DDR- und Stasi-Schwerpunkten. Zur Wiederaufbereitung vernichteter Unterlagen erklärte Birthler, bisher sei es gelungen eine halbe Million Akten wiederzustellen. Dieses entspreche dem Inhalt von 250 Säcken mit Papier - vorhandenen seien aber noch 15.000 Säcke, für die mit herkömmlichen Methoden etwa 600 Jahre benötigt würden. Das unter anderem vom Fraunhofer-Institut angebotene IT-Verfahren erledige diese Aufgabe in fünf Jahren und mit einem Kostenaufwand von etwa 50 Millionen Euro. Birthler ging im weiteren auch auf die Rosenholzakten ein, bei denen sich um mikroverfilmte Kopien von mehreren hunderttausend Datensätzen handelt. Nachdem es einem BstU-Mitarbeiter gelungen sei, die Verschlüsselung zu "knacken", habe sich gezeigt, dass diese Akten in vielen Fällen zur Auffindung sonst nicht zuordenbarer Zusammenhänge und Klärungen geführt habe. Birthler korrigierte dabei auch die Relation von rund 350.000 Karteikarten zur Zahl tatsächlicher informeller Stasi-Mitarbeiter (IM). Bei rund zehn Namen pro Karteikarte über eine Gesamtzeit von rund 40 Jahren müsse man erst einmal herausfinden, wer von den Zehn der "IM" sei. Nach vorsichtiger Schätzung gebe es etwa 6.000 "IM", wovon 2.000 bereits enttarnt seien. Da rund 40 Prozent aller IM überwiegend in der Wirtschafts- oder Industriespionage tätig gewesen seien, könne es sein, dass noch etwa 1.000 "IM" im öffentlichen Dienst tätig wären.

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2003/2003_273/02
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