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Das Parlament
Nr. 45 / 01.11.2004

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Sandra Kaufmann

Ein Querulant mit Selbstkritik

Jan Erik Spangenberg und die FDP

Wenn ihre Freunde auf Partys gehen, sitzen sie noch im Ortsverein. Jede freie Minute widmen sie der Partei, fast jeder Kontakt ist auch politisch. Der Weg in die große Politik ist lang. Doch sie wollen ihn gehen: Das Parlament stellt einige Jung-Politiker aus unterschiedlichen Bundesländern in einer Serie vor.

Ein Querulant. Das denken einige in der Hamburger FDP über Jan Erik Spangenberg. "Manchmal spiele ich diese Rolle ganz bewusst," erklärt Jan gelassen, "denn wer etwas verändern will, muss manchmal unbequem sein." Unbequem ist der 25-Jährige gerne in der Partei, in der er mit Leidenschaft Politik macht.

Wer den großen, kräftigen, blonden Mann sieht, kommt wohl kaum auf die Idee, dass er zur Hälfte Uruguayer ist. Seine Mutter arbeitete in Montevideo als Lehrerin, als sie seinen Vater kennen lernte, einen Uruguayer deutsch-italienischer Abstammung. Ein Jahr nach Jans Geburt ging die Familie nach Hamburg. Auf seine doppelte Staatsangehörigkeit würde Jan freiwillig nicht verzichten wollen. "Sie ist ein wichtiger Teil meines Selbstverständnisses", sagt er.

Er wächst in Hamburg auf, geht dort zur Schule. Sein Interesse an der Politik entdeckt er in den USA, wo er ein Jahr lang eine High-School besucht. Zurück in Deutschland wird er zunächst "ein Fan der Grünen" und erhofft sich viel von der rot-grünen Bundesregierung. Nach dem Abitur leistet er Zivildienst bei der Johanniter-Unfallhilfe in Hamburg als Rettungssanitäter. Etwa zur gleichen Zeit tritt er den Jungen Liberalen bei. "Aus Enttäuschung über die Politik der Bundesregierung", aber vor allem, weil er vom Grundgedanken des Liberalismus begeistert ist. "Besonders hat mich das Menschenbild überzeugt. Es kombiniert Freiheit und Verantwortung des Einzelnen."

Der Begriff Freiheit fällt oft, wenn Jan redet. Bei den Jungen Liberalen macht er die Pressearbeit so gut, dass die Partei auf ihn aufmerksam wird. Im Bürgerschaftswahlkampf 2001 wird er Pressesprecher der FDP Hamburg, gibt das Amt nach der Wahl jedoch auf und wird Landesvorsitzender der Jungen Liberalen. "Zum Glück", sagt er heute - obwohl die Koalition mit der umstrittenen Schill-Partei und der CDU die FDP in die Landesregierung brachte. "Diese Koalition schadet der FDP bis heute. Die ganze Fraktion war einfach nicht standfest genug", ist Jan überzeugt.

Die Jungen Liberalen kritisieren die FDP damals offen für ihr Verhalten. Es kommt zum Eklat, als Jan mit einigen Kollegen auf dem Gänsemarkt in Hamburg für die Legalisierung weicher Drogen wirbt. Einige Hamburger FDP-Politiker regen sich öffentlich über die Aktion der Jungen Liberalen auf - dabei war die FDP selbst vor der Wahl für die Freigabe weicher Drogen. Er kann darüber inzwischen nur noch lachen und erzählt die Anekdote gern.

Zur Zeit ist Jan stellvertretender Landesvorsitzender der FDP Hamburg und Fachsprecher für Innen- und Rechtspolitik. Besonders die Sicherheitspolitik in Deutschland beschäftigt ihn, nicht zuletzt weil er eine Einschränkung der Grundrechte befürchtet. "Manche Politiker nutzen den Ruf nach Sicherheit, um sich mal richtig auszutoben."

Jan ist ein guter Redner. Er ist aufmerksam, intelligent und wirkt souverän. Eigenschaften, die ihm auch im Studium nützlich sind. Seit drei Jahren studiert der Jungliberale Jura an der Bucerius Law-School in Hamburg. Die Anforderungen der Privatuniversität sind hoch. Doch obwohl Jan gelegentlich aus Zeitmangel Vorlesungen schwänzt und jede freie Minute in der Uni nutzt, um für die Partei zu telefonieren, absolviert er seine Prüfungen gut genug. Seine Kommilitonen schreiben im Jahrbuch der Uni über ihn: "Das kluge Pferd springt nie höher, als es muss."

Trotzdem: Politik ist für ihn ein Hobby. Und das soll es auch bleiben. "Ich glaube nicht, dass wir in diesem Land reine Berufspolitiker überhaupt brauchen", sagt er. Auch wenn Jan sich eine Zukunft ohne die Politik und die FDP nicht vorstellen kann, will er sich nicht auf eine Karriere als Politiker verlassen. "Entscheidend ist nicht, der Wille etwas zu werden, sondern etwas zu verändern. Deshalb glaube ich auch, dass in einer Demokratie eigentlich jeder in einer Partei sein sollte." Davon ist Jan überzeugt, auch wenn ihn die Parteiarbeit im Alltag manchmal frustriert. Gerade hat er das Projekt "Werkstatt 2008" ins Leben gerufen. "Wir wollen die Defizite der FDP aufarbeiten", erklärt Jan. Defizite sind für ihn Unzufriedenheit, verkrustete Strukturen, schlechte Kommunikation. Manchmal fürchtet er, mit seiner Arbeit von den alten Parteimitgliedern nicht ernstgenommen zu werden, weil er so jung ist. Er ist überzeugt, "dass die Politik der FDP zwar für alle das Beste ist, aber offensichtlich kann sie das nicht vermitteln." Da ist er wieder, der Querulant.

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