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Wiederaufrüstung?

Fotografie: Portrait Franz Josef Strauß
Franz Josef Strauß
© Bundesbildstelle
Zwei grundsätzlich verschiedene Biographien prägen die Auseinandersetzung der beiden exponiertesten Protagonisten in der Verteidigungspolitik in der turbulenten Bundestagsdebatte am 10. Juli 1952: Franz Josef Strauß (CSU), 37 Jahre, von 1939 bis 1945 Soldat im Krieg und Vorsitzender des Sicherheitsausschusses verteidigt die Position der Wiederbewaffnung. Sein Stellvertreter Fritz Erler (SPD), 39 Jahre, wegen seiner illegalen Tätigkeit für die SPD von den Nazis zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, widerspricht entschieden.

Franz-Josef Strauß (CDU/CSU): Die Verfügungsgewalt über Waffen darf nur in die Hände von echten, zuverlässigen Demokraten gelegt werden

"Deutschland muß aus dem Zustand des Spielballs zwischen zwei Machtblöcken, aus dem Zustand, ein Objekt der Politik der anderen zu sein, endlich einmal herauskommen. In dem Sinne glaube ich, sind sich die Regierungen und die Opposition einig. Die jahrelange Sorglosigkeit der Westmächte auf der einen Seite, die zielstrebige Macht- und Aufrüstungspolitik der Sowjets auf der anderen Seite haben dazu geführt, daß eine ganze Anzahl europäischer Völker ihre Freiheit verloren haben, daß 18 Millionen Deutsche, deren Hoffnung sich heute auf uns hier richtet, dem gleichen Schicksal unterworfen wurden, haben letzten Endes auch dazu geführt, daß wir in dem Modellfall Korea unser eigenes Schicksal sehen können, wenn wir in der Frage der Sicherheit nicht frei von Parteiegoismus, frei von Schlagworten unter bewußtem Verzicht darauf, unserem Volk ein trügerisches Bild der Sicherheit vorzugaukeln, nüchtern und klar unsere Lage erkennen und dann das tun, was nach dieser Erkenntnis notwendig ist, auch wenn es unpopulär ist; das hat mit Verantwortung sonst nichts zu tun...

Man hört so viel an berechtigter und unberechtigter Sorge heute über das Wiedererstehen eines deutschen Militarismus. Wollen wir doch kurz klipp und klar einen Grundsatz aufstellen, auf den wir uns einigen Könnten. Der Grundsatz heißt, dass Verfügungsgewalt über Waffen und Kommandogewalt über Waffenträger nur in die Hände von echten, zuverlässigen Demokraten gelegt werden darf."

Fritz Erler (SPD): Die Kette des Verhängnisses muss durchbrochen werden, statt Öl ins Feuer zu gießen

Fotografie: Portrait Fritz Erler
Fritz Erler (SPD)
© J. H. Darchinger

"Wie sieht es denn heute aus? Ist die Frage, die wir heute zu diskutieren haben, wirklich so gestellt, als ob es sich darum handelte, dass wir abzurüsten beginnen, um dann nackt und bloß den Russen gegenüberzustehen?

Das ist doch gar nicht die weltpolitische Frage, vor der Deutschland heute steht, sondern die Frage ist genau umgekehrt, ob in einer Situation eines relativen Gleichgewichts der großen militärischen Blöcke in der Welt die Deutschen von sich aus einen Beitrag dazu leisten sollen, dass die Rüstungsschraube in schnellere Umdrehungen versetzt wird, dass Öl ins Feuer gegossen wird, statt den Versuch zu unternehmen, an einer Stelle die Kette des Verhängnisses zu durchbrechen, nämlich bei der Lösung der deutschen Frage einen Beitrag zur Entspannung der internationalen Situation zu leisten, statt die internationale Situation weiterhin zu verschärfen...

Kollege Strauß hat einen beneidenswerten Sinn für Humor entwickelt. Ich gebe ehrlich zu, dass es eine schätzenswerte Eigenschaft ist, wenn man nicht immer mit so einem fürchterlichen Bierernst an die Probleme herangeht.


Er hat auch eine große Gabe für eine volkstümliche Darstellung sehr ernsthafter und schwieriger Probleme. Aber ich meine, Kollege Strauß, in der Schicksalsfrage, die wir hier diskutiert haben, da waren ihre Ausführungen des Ernstes und der Bedeutung der Stunde nicht voll angemessen."

InfoPunkte: Weitere Informationen zu Auftrag und aktuellen Arbeit des Verteidigungsausschusses finden Sie in unserem Online-Angebot ZeitPunkte: Daten und Fakten der 1. Wahlperiode (1949-1953)

Quelle: http://www.bundestag.de/parlament/geschichte/parlhist/streifzug/g1950/g1950_31
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