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147/2000
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Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

ROTH: POLITIK DER SANKTIONEN GEGENÜBER AFGHANISTAN ÜBERPRÜFEN

Berlin: (hib/BOB-mr) Die Politik der Isolation und der Sanktionen gegenüber Afghanistan sollte nach Ansicht der Vorsitzenden des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen), überprüft werden.

Dies sei im Interesse der von großer Not und Armut betroffenen Bevölkerung des westasiatischen Landes dringend erforderlich, so Roth am Dienstagmorgen nach Rückkehr von einer zehntägigen Delegationsreise nach Afghanistan und Pakistan.

Die Delegation, die außerdem aus den Abgeordneten Angelika Graf (SPD) und Erika Schuchardt (CDU/CSU) bestand, war den Angaben zufolge die erste Abordnung des Bundestages, die nach Afghanistan gereist ist.

Die regierenden Taliban-Milizen, so die Auffassung der Parlamentarierinnen, würden durch die internationalen Sanktionen am Wenigsten getroffen, zumal es kein Waffenembargo gegen das Regime gebe.

Dies sei auch die Auffassung von im Land tätigen Nichtregierungsorganisationen. Demgegenüber sei die Situation der Menschen in Afghanistan "dramatisch schlecht".

Neben den Folgen von 20 Jahren Krieg und Vertreibung habe das Land nunmehr auch noch die größte Dürrekatastrophe seit fast 30 Jahren zu verkraften.

Roth betonte, eine Abkehr von der Sanktionspolitik beinhalte keineswegs die Forderung nach einer völkerrechtlichen Anerkennung des Taliban-Regimes.

Auf die Machthaber müsse vielmehr der politische Druck erhöht werden, um eine Änderung der Situation in Afghanistan zu bewirken.

Die Abgeordneten berichteten von insgesamt fünfeinhalbstündigen Gesprächen mit Vertretern der Taliban, darunter der stellvertretende Vorsitzende des Ministerrats, Mawlawi Abdul Kabir, und Außenminister Mawlawi Wakil Ahmad Mutawakel.

Roth zufolge sind die Taliban erstmals gezwungen gewesen, sich mit Frauen an einen Tisch zu setzen und ein Mittagessen zu geben.

"Dies war für beide Seiten ein Kulturschock", so die Politikerin. Die Abgeordneten waren sich im Übrigen darin einig, es sei richtig gewesen, durch einen Dialog mit den Machthabern auf Beachtung der Menschenrechte sowie auf verbesserte Bedingungen für Erziehung, Arbeit und Gesundheit in Afghanistan zu dringen.

So sei der Wunsch der Taliban nach einem Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen und Investitionen von deutschen Unternehmen damit beantwortet worden, es gelte zunächst den Krieg zwischen den verfeindeten Parteien im Land zu beenden und rechtsstaatliche Strukturen zu schaffen.

Die systematischen Menschenrechtsverletzungen, besonders gegenüber Frauen, müssten ein Ende haben, so die Parlamentarierinnendelegation.

Die Abgeordneten plädierten außerdem dafür, die Kriterien für humanitäre Hilfe gegenüber Afghanistan zu überprüfen.

So begrüßenswert die von der Bundesregierung angesichts der Dürrekatastrophe zur Verfügung gestellten 1,5 Millionen DM seien, bedürfe es doch weiterer Maßnahmen vor allem im Erziehungssektor.

Roth verwies in diesem Zusammenhang auf das Beispiel Norwegens, das die Finanzierung des Baus von Schulen in Afghanistan unter der Bedingung zugesagt habe, dass die Hälfte dieser Erziehungseinrichtungen für Mädchen geöffnet werde.

Roth sprach sich zudem dafür aus, geschlechtsspezifische Verfolgung als Asylgrund anzuerkennen. Die gegenteilige Praxis von Verwaltungsgerichten in Deutschland, die sich gegenüber Frauen aus Afghanistan auf das angebliche Fehlen staatlicher Strukturen in dem Land beriefen, sei eine "deutsche innenpolitische Fiktion".



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Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2000/0014702
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