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180/2001
Stand: 27.06.2001
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Unterschiedliche Resonanz auf Initiative zu Religionsbeschimpfung

Rechtsausschuss (Anhörung)/

Berlin: (hib/BOB) Unterschiedliche Resonanz hat bei Experten das Vorhaben der CDU/CSU-Fraktion hervorgerufen, durch eine Änderung des Strafgesetzbuches einen besseren Schutz religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen zu erreichen. Die Union hat dazu einen Gesetzentwurf ( 14/4558) vorgelegt. Darin ist vorgesehen, den Paragrafen 166 des Strafgesetzbuches (StGB) so zu ändern, dass eine Beschimpfung derartige Bekenntnisse nicht länger geeignet sein muss, den öffentlichen Frieden zu stören. Die Sachverständigen äußern sich in einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses, die am Mittwochmittag begonnen hat.

Zustimmung erntet die größte Oppositionsfraktion vom Vertreter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Oberkirchenrat Joachim Gaertner. Es sei dringend geboten, so der Experte in seiner schriftlichen Stellungnahme, "einer Herabsetzung und Verächtlichmachung von religiösen Überzeugungen, Glaubensinhalten und -symbolen" entschieden entgegenzutreten. Die EKD begrüße daher den Gesetzentwurf der Union. Auch Roland Helgerth, Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht Bamberg, plädierte dafür, Schutzgut der Strafrechtsvorschrift sollte nicht länger der öffentliche Friede, sondern das allgemeine Toleranzgebot sein. Nach geltender Rechtslage sei es möglich, in drastischer und unflätiger Weise wesentliche Glaubenssätze anderer Menschen zu verletzen, solange keine tätlichen Ausschreitungen zu befürchten seien. Der Strafrechtsschutz hänge somit unter anderem davon ab, ob die Anhänger des beschimpften Bekenntnisses selbst zu friedensstörenden Mitteln griffen. Dies sei problematisch. Helgerth zufolge ist davon auszugehen, dass es nach einer Gesetzesänderung zu weniger krassen Angriffen auf Religion und Weltanschauung anderer kommen wird.

Völlig anderer Ansicht ist Professor Stephan Barton von der Universität Bielefeld. Im modernen Strafrecht könne es kein Schutzgut "religiöses Empfinden" geben. Noch weniger könne ein säkulares Strafrecht auf den Schutz religiöser Inhalte abstellen. Tragfähiges Rechtsgut für die Religionsdelikte könne deshalb allein der öffentliche Friede sein, so der Sachverständige. Im Übrigen sei der CDU/CSU entgegenzuhalten, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dem Schutz der Meinungs- und Kunstfreiheit einen so hohen Rang einräume, dass selbst bei einem Erfolg der Gesetzesinitiative unter dem Strich keine wesentlich anderen Ergebnisse zu erwarten seien. Das Gesetz müsse deshalb seine angestrebten Ziele verfehlen. Gleicher Ansicht ist Professor Felix Herzog von der Humboldt-Universität zu Berlin. Die geltende Fassung des Paragrafen 166 StGB verfolge das Ziel der Stärkung des Toleranzgebots in dem verfassungsrechtlich gebotenen Maß. Gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehe deshalb nicht, so der Experte.

Zustimmung kommt in dieser Hinsicht auch vom Trierer Professor Gerhard Robbers: Verenge sich das Schutzgut der Strafrechtsvorschrift auf das allgemeine Anliegen einer toleranten Gesellschaft bei gleichzeitigem Wegfall des Schutzgutes "öffentlicher Frieden", so bestehe die Gefahr, dass die Abwägung im konkreten Fall zu Lasten dieses Schutzgutes und zu Gunsten der individuellen Meinungsfreiheit ausgehe. Professor Joachim Renzikowski von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg bezeichnet in seiner Stellungnahme den Paragrafen 166 StGB als eine "problematische Vorschrift". Vor allem, was unter dem Schutzgut "öffentlicher Frieden" zu verstehen sei, bleibe "außerordentlich dunkel".

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2001/2001_180/06
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