Experten raten zu einer Tabaksteuer-Erhöhung in zwei Schritten
Berlin: (hib/VOM) Sowohl der Verband der Zigarettenindustrie als auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) haben an SPD und Bündnis 90/Die Grünen appelliert, die geplante Anhebung der Tabaksteuer in zwei Stufen mit ausreichendem zeitlichem Abstand vorzunehmen. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Finanzierung der Terrorbekämpfung ( 14/7062) begründeten die Sachverständigen diese Empfehlung damit, dass im Falle einer Erhöhung in nur einer Stufe ab 2002 rund 1.000 Arbeitsplätze in der Tabakindustrie auf dem Spiel stünden. In dem Gesetzentwurf ist vorgesehen, den Tabaksteuersatz um 2 Cent pro Zigarette und die Besteuerung des Feinschnitts für selbstgedrehte Zigaretten prozentual in gleichem Umfang zu erhöhen und zugleich den Versicherungssteuersatz um einen Prozentpunkt von 15 auf 16 Prozent anzuheben. Die Mehreinnahmen sollen dazu dienen, Sicherheitsmaßnahmen bei Bundeswehr, Bundesgrenzschutz und Bundeskriminalamt sowie in der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe mit dem Ziel der Terrorbekämpfung zu finanzieren.
Der Verband der Zigarettenindustrie mahnte eindringlich, diese Steuerquelle durch den geplanten Schritt nicht zu beschädigen. Als "konstruktiven Beitrag" versprach er, dass der Bund die gewünschte Milliarde Euro an Mehreinnahmen bekommen werde, wenn er sich darauf einlasse, die Erhöhung in zwei Stufen vorzunehmen. Die NGG befürchtet, das es bei einer Erhöhung in einem Schritt zu einem "Preiskrieg" in der Industrie kommen werde, mit der Folge, dass dem Fiskus trotz dieser Erhöhung nicht einmal mehr das heutige Steueraufkommen zur Verfügung stünde. In der Vergangenheit seien behutsame Erhöhungen von den Konsumenten akzeptiert worden, "gewaltige Sprünge" jedoch nicht. Die Bundesvereinigung Deutscher Handelsverbände prognostizierte, dass es im Facheinzelhandel bei Tabakwaren zu "drastischen Strukturveränderungen" kommen werde. Auf logistische Schwierigkeiten bei der Umsetzung wies der Bundesverband Deutsche Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller hin. Da sich der Packungspreis für Automatenware auf 3,50 € erhöhen würde, müssten 830.000 Zigarettenautomaten auf diesen bisher nicht vorgesehenen Preis umgestellt werden. Etwa ein Viertel der Geräte sei auf Grund ihrer technischen Ausstattung nicht in der Lage, 50-Cent-Münzen anzunehmen. Auch wäre der Übergang von den derzeitigen 6-DM- zu 3,50-€-Packungen mit einer aufwendigen Tauschaktion verbunden, da Packungen mit dem jetzigen Preis von 6 DM nicht zum dann geltenden Preis von 3,50 € im Automaten verkauft werden könnten. Nicht gegen die Steuererhöhung an sich, aber gegen deren Verwendungszweck, nämlich die "Finanzierung eines Krieges", sprach sich das "Forum rauchfrei in Berlin" aus.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft erläuterte, in der Versicherungsbranche finde derzeit auf breiter Basis eine Neueinschätzung des Risikos statt. Man unterstütze das Vorhaben des Staates, seine Sicherheitsvorkehrungen zu verstärken. Falsch sei es aber, dass der staatliche Schutz mit Hilfe von Aufwendungen für den Privatrisikoschutz bezahlt werden müsse. Für die am 1. Januar fälligen Kfz-Versicherungen müssten die Zahlungsaufforderungen bis 1. November verschickt werden. Auf Grund des zeitlichen Drucks empfahl der Verband, die Erhöhung der Versicherungssteuer wenigstens bis 1. April zu verschieben.