Ergebnisse internationaler Abkommen unterschiedlich bewertet
Berlin: (hib/WOL) Die Ergebnisse, Empfehlungen und Konsequenzen internationaler Abkommen haben Sachverständige in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am Mittwoch über "Ernährungssicherung in Entwicklungsländern" unterschiedlich bewertet. So erklärte Professor Joachim Braun, Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung der Universität Bonn (ZEF), die ordnungspolitische Grundlage der Welthandelsorganisation (WTO) dürfe nicht in Zweifel gezogen werden. Der Zugang der Entwicklungsländer zu den globalen Märkten diene der Stabilität. Auch gehe es bei der Ernährungssicherung nicht nur um eine angemessene Berücksichtigung der breiten Basis von Klein- und Kleinstbauern, es gehe auch um die Ernährung von Nicht-Bauern, um die Ernährung der Bevölkerung in den Mega- und Millionenstädten der Entwicklungsländer. Ein Ausklinken des Landwirtschaftsbereiches aus den Handelsabkommen wäre, so Braun, "fatal".
Braun wandte sich damit auch gegen die Forderung von Aileen Kwa von "Focus of the Global South" in Singapur, die zuvor erklärt hatte, subventionierte Exporte in die Länder des Südens würden deren lokale Entwicklung behindern. Landwirtschaft in den südlichen Regionen der Welt sei nicht nur Ernährungsbasis, sondern auch Beschäftigungsprogramm für Millionen Menschen. Bei Reformen der globalen Handlungspolitik solle der Bereich Landwirtschaft aus der WTO herausgenommen werden. Kwa korrigierte auch das Bild einer breiten Zustimmung der Teilnehmer an der WTO-Ministerkonferenz in Doha (Katar). Sie berichtete von Konferenzsitzungen, an denen lediglich 20 von 140 Nationen teilgenommen hätten, von falschen oder irreführenden Lageplänen, auf Grund derer viele Delegierte den jeweiligen Sitzungsort nicht hätten finden können. Auch sei die Zustimmung der nationalen Vetreter teilweise unter enormem Druck erfolgt, etwa wenn bereits vorher getroffene Abkommen der EU bei anderer Stimmabgabe in Frage gestellt worden wären.
Auch zu anderen Themen, die von den Abgeordneten im Ausschuss nachgefragt wurden, etwa zur Bildung, Ausbildung und der Rolle der Frauen gab es unterschiedliche Aussagen. So hatte Professor Braun dargelegt, Schulspeisung sei in vielen Entwicklungsländern ein vielversprechenderAnreiz für den Schulbesuch und ein nicht zu unterschätzender Beitrag gegen Kinderarbeit, die in vielen der ärmsten Länder nicht von größeren Unternehmen, sondern vielfach als Selbstausbeutung der Familien betrieben werde. Einen völlig anderen Aspekt von Schulspeisung erläuterte Flávio Valente vom "Fórum Brasileuro des Seguranca Alimentar e Nutricional" in Brasilia. Valente forderte eine nachhaltige Entwicklung der Ernährungssicherung unter Einbeziehung eines integrierten Ansatzes der regionalen Märkte und wandte sich gegen den Import von Nahrungsmitteln etwa für Kinder. So erhielten etwa 30 Millionen Kinder in Brasilien täglich eine Schulspeisung. Dies bedeute einen Kostenfaktor von rund 1 Milliarde Dollar. Bei dieser Dimension sei dann auch die subventionierte Einfuhr für globale Lebensmittelkonzerne äußerst interessant. Käme es zu einem solchen Abschluss, würde der breiten Basis regionaler brasilianischer Bauern, die derzeit die Schulspeisung lieferten, jegliche Einnahmequelle entzogen.