Direkte Einflussnahme soll parlamentarisch-repräsentatives System ergänzen
Berlin: (hib/WOL) Ein dreistufiges Verfahren zur direkten Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Gesetzgebung soll das parlamentarisch-repräsentative System ergänzen, aber nicht ersetzen. Dies erklären die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum vorgestellten Entwurf eines Gesetzes, mit dem Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid in das Grundgesetz eingebracht werden sollen (14/8503).
Mit der "Volksinitiative" soll die Bevölkerung die Möglichkeit erhalten, dem Deutschen Bundestag vorzugeben, sich mit einem bestimmten und bereits begründeten Gesetzentwurf zu befassen. Voraussetzung dafür ist laut Entwurf das Votum von 400.000 Stimmberechtigten. Ein "Volksbegehren" soll stattfinden können, wenn die Abgeordneten des Parlaments als gesetzgebende Kraft das mit der Volksinitiative beantragte Gesetz innerhalb von acht Monaten nicht behandeln oder sich dagegen entscheiden. Das Zustandekommen eines Volksbegehrens erfordert laut Koalitionsentwurf die Zustimmung von 5 Prozent aller deutschen Wahlberechtigten innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten. Der damit erreichte Volksentscheid über einen Gesetzentwurf sei dann angenommen, wenn die Mehrheit der Abstimmenden zugestimmt habe und sich mindestens 20 Prozent aller deutschen Wahlberechtigten sich an der Abstimmung beteiligt hätten.
Ausgeschlossen von einer direkten Einflussnahme der Bevölkerung sollen laut Koalitionsvorlage alle Gesetzesinitiativen zum Haushaltsgesetz, zum Abgabengesetz, zur Regelung von Dienst- und Versorgungsbezügen sowie Entscheidungen über Gerichtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages sein. Im Gesetzentwurf ebenfalls ausgeschlossen wird ein direktes Votum über die Wiedereinführung der Todesstrafe. Grundgesetzliche Voraussetzung für Annahme und Einführung des von SPD und Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten Gesetzesentwurfes zur Bevölkerungsbeteiligung ist eine Zustimmung von zwei Dritteln aller Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates zur Änderung des Grundgesetzes.
Die Kosten für die Durchführung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden führen der Erläuterung zufolge zu Haushaltsbelastungen des Bundes, vor allem aber der Länder und Gemeinden, denen der Bund jedoch die Kosten zu erstatten habe. Zu den Durchführungskosten gehören laut Entwurf unter anderem Kosten der Prüfung der Stimmberechtigten, Aufwendungen für öffentliche Bekanntmachungen, Druckkosten, Versand von Abstimmungsbenachrichtigungen und Aufwendungen zur Feststellung der Abstimmungsergebnisse. Die Höhe der insgesamt entstehenden Kosten sei vor allem davon abhängig, in welchem Umfang die Bevölkerung die neuen Beteiligungsrechte nutzen werde, heißt es.