Graffiti-Bekämpfungsgesetz bleibt umstritten
Berlin: (hib/HAU) Keine Übereinstimmung gab es unter Experten und Sachverständigen hinsichtlich des Gesetzentwurfes des Bundesrates für eine Strafrechtsänderung im Zusammenhang mit der Graffiti-Bekämpfung (14/8013) bei einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses am Mittwochnachmittag. Ziel des Entwurfes ist es, die Rechtsunsicherheit bei der strafrechtlichen Ahndung der als Graffiti bekannten Bemalungen, Beschmutzungen und Verunstaltungen von Gegenständen und Bauwerken zu beseitigen. Durch das Graffiti-Bekämpfungsgesetz würde ein neues Merkmal in das Strafgesetzbuch aufgenommen.
Der Vertreter des Zentralverbandes der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundstückseigentümer e.V., Hans Reinhold Horst, begrüßte den Gesetzentwurf ausdrücklich. Bisherige Maßnahmen zur Prävention hätten das Problem der Graffiti nicht lösen können. Nach Ansicht des Experten geht es dabei nicht um eine ideologisch verharmloste Jugendkultur oder Kunst, sondern um die Bekämpfung von Kriminalität. Der Umfang der durch Graffitis verursachten Schäden wird vom Deutschen Städtetag auf 200 bis 250 Millionen Euro pro Jahr beziffert. Dies wurde vom Vertreter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Jörg Bülow, bestätigt. Die Leitende Oberstaatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Konstanz, Christine Hügel, steht der Gesetzesinitiative ebenfalls positiv gegenüber. Die uneingeschränkte strafrechtliche Verfolgung von Graffiti-Schmierereien aller Art solle ihrer Meinung nach durch eine Gesetzesänderung ermöglicht werden, da der bestehende zivilrechtliche Schutz nicht ausreiche.
Dagegen wandte sich Professor Roland Hefendehl von der Technischen Universität Dresden. Das in der Gesetzesbegründung beschriebene berechtigte Interesse könne sehr wohl schon nach derzeitiger Rechtslage befriedigt werden. Das Zivilrecht sehe Schadensersatz- und Restitutionsansprüche vor, die einen Täter-Opfer-Ausgleich ermöglichen. Professor Rainer Hamm, Rechtsanwalt aus Frankfurt am Main, riet dringend von einer Gesetzesänderung ab. Er kritisierte die Einführung eines allein an ästhetischen Kriterien orientierten Schutzgutes in den Straftatbestand der Sachbeschädigung. Aus Sicht der Hamburger Sozialwissenschaftlerin Barbara Uduwerella ist die Gesetzesänderung nicht hilfreich. Die jugendlichen Sprayer hätten nicht die Absicht Eigentum zu zerstören, sondern wollten auf sich aufmerksam machen. Zumeist seien sie auch bereit, den Schaden selbst wieder in Ordnung zu bringen.
Staatsanwalt Michael Bolowich vom hessischen Ministerium für Justiz sieht hingegen in der Beschmierung von fremden Gegenständen mit Graffiti eine erhebliche Beeinträchtigung des Städtebildes, welche den Einsatz strafrechtlicher Möglichkeiten durchaus rechtfertige. Die in dem Entwurf enthaltene Formulierung der "nicht unerheblichen Veränderung des Erscheinungsbildes der Sache" wahre zudem den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dagegen merkte Hagen Wolff vom Oberlandesgericht Celle an, dass auch eine Gesetzesänderung nicht viel am derzeitigen Stadtbild ändern würde. Die Aufklärungsquote von Sachbeschädigungen sei gering, dass sie wohl nicht gerade im Mittelpunkt der polizeilichen Ermittlungstätigkeit stehen würde.