Union und FDP gegen Verschieben der zweiten Steuerreform-Stufe
Berlin: (hib/VOM) CDU/CSU und FDP haben sich am Dienstagnachmittag in einer Sitzung des Haushaltsausschusses gegen der Vorschlag der Bundesregierung ausgesprochen, die für 2003 vorgesehene Entlastungsstufe der Steuerreform um ein Jahr auf 2004 zu verschieben. Die PDS enthielt sich der Stimme. Im übrigen trugen alle Fraktionen einen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten Antrag zum Sofortprogramm der Bundesregierung zur Bekämpfung der Folgen des Hochwassers einstimmig mit.
Darin wird festgestellt, die Hochwasserkatastrophe mache eine nationale Kraftanstrengung notwendig, um die Schäden zu beseitigen und die Regionen neu aufzubauen. Der Ausschuss begrüßte und unterstützte das Sofortprogramm der Bundesregierung, das Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) vorstellte. Zustimmend nahm der Ausschuss zur Kenntnis, dass das Bundesfinanzministerium seine Einwilligung zur außerplanmäßigen Ausgabe bis zur Höhe von insgesamt 125 Millionen Euro an Barmitteln und 20 Millionen Euro an Verpflichtungsermächtigungen erteilt hat. Nach dem Willen des Ausschusses soll sich an die Soforthilfe der Wiederaufbau der vom Hochwasser geschädigten Gebiete "nahtlos" anschließen. Dazu zählten die Wiederherstellung der zerstörten Infrastruktur sowie die Rettung und Erhaltung von landwirtschaftlichen Produktionsstrukturen sowie der Wiederaufbau privater Immobilien. Der Ausschuss will die Regierung dabei unterstützen, Prioritäten so zu verändern, dass ausreichende Mittel für den Wiederaufbau zur Verfügung zu stehen. Als ersten Schritt in diese Richtung trug er die Entscheidung des Finanzministers mit, umgehend für den Vollzug des Bundeshaushalts 2002 eine Haushaltsperre zu verhängen. Dies bedeutet, dass alle rechtlich nicht gebundenen Ausgaben in Höhe von insgesamt rund 12 Milliarden Euro grundsätzlich gesperrt sind. Verpflichtungen dürfen nur mit Einwilligung des Bundesfinanzministerium eingegangen werden. Ausgenommen davon sind die Finanzierung von Maßnahmen zur Beseitigung der Flutschäden, von Terrorismusbekämpfungsmaßnahmen sowie alle Investitionen.
Die Mehrheit im Ausschuss befürwortete das Verschieben der Steuerentlastung 2003. So werde zum einen unter dem Gedanken des Zusammenstehens bei einer nationalen Katastrophe die Solidarität aller Steuerzahler eingefordert. Zum anderen werde mit 6,9 Millionen Euro für Bund, Länder und Gemeinden ein beträchtliches Volumen solide finanziert. Zusammen mit den von der EU in Aussicht gestellten Mitteln von etwa 1,2 Milliarden Euro und dem beschlossenen Umschichtungen im Verkehrshaushalt zu Gunsten der betroffenen Gebiete in Höhe von 1 Milliarde Euro stünden dann insgesamt über 9 Milliarden Euro für den Wiederaufbau bereit. Eichel betonte, dass diese Mittel nicht zu Lasten des Solidarpakts II gingen. Die CDU/CSU begründete ihre Ablehnung des Verschiebens der Steuerreformstufe damit, dass dies weniger Steuereinnahmen mit sich brächte, weil die erhoffte Stimulation des Wachstums ausbliebe. Auch durch die Katastrophe entstünden Steuerausfälle, und zwar bei der Gewerbe- und Grundsteuer. Somit könnten weniger als die erhofften 6,9 Milliarden Euro hereinkommen. Die Union zweifelte auch an, dass mit zinsverbilligten Krediten den Betroffenen gedient werden kann. Statt dessen müssten Zuschüsse vergeben werden. Die FDP bezeichnete das Verschieben der Steuerreformstufe als massiven Fehler und als Schlag gegen den Mittelstand. Zunächst sollte man sich einen Überblick über den tatsächlichen Schaden verschaffen, so die Fraktion. Im Haushalt müssten neue Projekte zeitlich gestreckt und neue Prioritäten gesetzt werden. Die FDP schlug eine lineare Kürzung um einen "Prozentsatz x" vor. Bündnis 90/Die Grünen bezeichneten den Wiederaufbau als dynamischen Prozess. Sofortmaßnahmen seien erforderlich, um ein Minimum an Beschäftigung zu sichern. Benötigt würden verschiedene, differenzierte Instrumente. Die Sozialdemokraten hielten die Einschätzung und Maßnahmen der Bundesregierung für richtig und das Verschieben der Steuerreform-Stufe für "maßvoll". Die Länder seien Nutznießer dieser Regelung. Die PDS riet dazu, eine "Einmalabgabe" auf die Einkommensteuer nicht aus dem Auge zu verlieren. Denkbar wäre ihrer Ansicht nach auch, die Ökosteuer für den Wiederaufbau zu verwenden.