Prüfstelle soll Unternehmensabschlüsse zusätzlich kontrollieren können
Berlin: (hib/BOB) Die Bundesregierung möchte ein von staatlicher Seite beauftragtes privatrechtliches Gremium schaffen, das - neben Abschlussprüfer und Aufsichtsrat - die Rechnungslegung kapitalmarktorientierter Unternehmen zu prüfen hat. Sie begründet dies in einem Gesetzentwurf ( 15/3421) damit, Unternehmensskandale der Vergangenheit, verursacht durch Bilanzmanipulationen, hätten das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt erschüttert. Es sei das vordringliche Ziel der Regierung, das Vertrauen der Anleger in die Richtigkeit von Unternehmensabschlüssen und damit in den Kapitalmarkt wiederherzustellen und nachhaltig zu stärken.
Ziel sei es, Unregelmäßigkeiten bei der Erstellung von Unternehmensabschlüssen und -berichten präventiv entgegenzuwirken und, sofern Unregelmäßigkeiten dennoch auftreten, diese aufzudecken und den Kapitalmarkt darüber zu informieren. Gegenwärtig umfasse das deutsche System zur Durchsetzung der Rechnungslegungsvorschriften im Wesentlichen die Prüfung der Jahres- und Konzernabschlüsse durch den Abschlussprüfer und den Aufsichtsrat. Darüber hinaus bestünden aktienrechtliche Vorschriften zur Nichtigkeit von Jahresabschlüssen sowie Straf- und Sanktionsvorschriften. Eine mit diesem Gesetz einzurichtende Prüfstelle werde tätig, sobald ihr Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Rechnungslegungsvorschriften vorliegen oder die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) sie zur Prüfung auffordere. Außerdem werde die Prüfstelle stichprobenartig die Prüfung bei den Unternehmen vornehmen. Die Zusammenarbeit der Unternehmen mit der Prüfstelle erfolge auf freiwilliger Basis. Verweigere ein Unternehmen der Prüfstelle den Zutritt, gewähre es ihr keine Akteneineinsicht und behindere es auf sonstige Weise die Prüfung, so berichte die Prüfstelle der BAFin darüber. Sie erhalte die Befugnis, die Prüfung gegebenenfalls mit hoheitlichen Mitteln durchzusetzen und das Unternehmen zur Veröffentlichung festgestellter Rechnungslegungsfehler zu verpflichten.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 11. Juni das Gesetz beraten. Die Länderkammer verlangt unter anderem, dass die Prüfstelle die BAFin über festgestellte Tatsache, die den Verdacht einer Straftat begründen, zu informieren hat und nicht zuerst die Strafverfolgsbehörden. Sie begründet dies damit, das Prüfverfahren der ersten Stufe werde letztlich nur dann erfolgreich sein, wenn die zu prüfenden Unternehmen zur Kooperation bereit seien. Die betroffenen Unternehmen müssten in die Lage versetzt werden, die Vorwürfe rechtlich überprüfen zu lassen. Sei dies nicht der Fall, dürfte die Kooperationsbereitschaft merklich reduziert werden. Die Bundesregierung sagt zu, diese Anregung zu prüfen.