Ausschuss für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (Anhörung)
Berlin: (hib/SUK) Im Angebot der über 900 Printmedien und 60
Fernsehsender in Deutschland geht die Entwicklungspolitik unter -
so das Fazit von Michael Kleine vom Hilfswerk Misereor. Er sprach
am Mittwochmittag vor dem Ausschuss für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung über die Rolle der Medien in
Deutschland für die Entwicklungszusammenarbeit und bilanzierte
dabei, derzeit sei die Sparte des "Politainments" dafür
zuständig, "politische Zusammenhänge für die breite
Masse" zu erklären. Die Entwicklungspolitik bedürfe einer
Kommunikationsstrategie, um ihrem Anspruch,
"Meinungsbildungsprozesse zu initiieren und zu beeinflussen",
gerecht zu werden. Die Entwicklungspolitik sei nur schwer in den
gesellschaftlichen Dialog zu bringen, auch wenn sich das
Spendenaufkommen seit den 90er-Jahren erfreulicherweise vermehrt
habe. Noch in den 70er-Jahren sei jedoch viel stärker
über entwicklungspolitische Themenfelder - etwa mit Blick auf
Vietnam, Chile oder Nicaragua - berichtet worden, während sich
die Diskussion heute auf drei Themenfelder beschränke: Armut,
Globalisierung und islamische Gefahr. Insbesondere in der
Armutsdiskussion beschränke man sich aber auf
Einzelschicksale, kommuniziere zuwenig über die Ursachen
für die Not. Kleine forderte den Ausschuss auf, seinen
Einfluss geltend zu machen, um in den Beiräten und
Vorständen der Fernsehsender, insbesondere von ARD und ZDF,
"entwicklungspolitische Kompetenzen" zu verankern und Fachleute
dieses Themengebiets in die Gremien zu entsenden. Für bessere
Arbeitsbedingungen für Journalisten, die aus der Dritten Welt
berichten, plädierte dagegen Markus Dufner vom Dritte Welt
JournalistInnen Netz e.V. Häufig seien es gerade freie
Journalisten, die mit ihren Reportagen und Hintergrundberichten die
Situation in der Dritten und Vierten Welt beleuchten. Sie seien bei
Reisekosten und Logistik auf die Unterstützung ihrer
Auftraggeber angewiesen, was "in ein fast unauflösliches
Dilemma" führen könne, wenn der Auftraggeber selbst
Inhalt des Berichts ist. Dufner regte an, dass das
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (BMZ) und das Umweltministerium einen Reise- und
Recherchefonds für freie Journalisten ins Leben rufen sollten,
der ihnen die Arbeit erleichtern soll. Zudem plädierte er
dafür, die Medien der Dritten Welt bei der Berichterstattung
stärker zur Kenntnis zu nehmen und nicht auf deren "Kompetenz
und Authentizität" zu verzichten. Projekte in Deutschland wie
die Serie "Klinik unter Palmen" oder die Tatort-Folge "Tatort
Manila", an denen sich das BMZ beteiligt habe, seien
unterschiedlich bewertet worden. In der Zukunft sollten Akzeptanz
und Annäherung an die fremde Kultur den ethnozentristischen
Blick ersetzen. Professor Michael Krzeminski von der Fachhochschule
Bonn-Rhein-Sieg, widersprach Auffassungen, wonach nicht über
Entwicklungspolitik berichtet werde. "Wer aufgeschlossen und
interessiert ist, dem stehen die Informationen zur Verfügung."
Allerdings gehe mit dieser "media richness" nicht zwangsläufig
ein Informationsgewinn einher. Es könne jedoch auch nicht das
Ziel der Berichterstattung sein, den Bürger zum
"Superspezialisten in allen Bereichen" zu machen. Zudem bedeute
notwendige Vereinfachung nicht per se Verzerrung. Krzeminski rief
dazu auf, sich die Regeln der Medien zu Nutze zu machen.
Entwicklungspolitik müsse sich "professioneller" und
medienwirksamer darstellen. In einer freiheitlichen und liberalen
Mediengesellschaft könne man keine geplante Kommunikation
verordnen, aber mit den Journalisten, den Hilfsorganisationen und
zuständigen Ministerien seien "genug Partner im Feld", um dies
zu erreichen.