Bundestagspräsident Wolfgang Thierse fordert Stärkung der Parlamente in der Europapolitik
"Ohne demokratische Legitimation ist das Projekt Europa zum
Scheitern verurteilt." Dies hat Bundestagspräsident Wolfgang
Thierse heute in einer Rede zum Europäischen Konvent im
Reichstagsgebäude betont. Die Rechte des Europäischen
Parlaments müssten gestärkt, die nationalen Parlamente
mehr als bisher in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden. So
sollte der vom Europäischen Konvent zu erarbeitende
Verfassungsentwurf so früh wie möglich in den Parlamenten
diskutiert werden, damit der Konvent die Bewertung der Parlamente
noch berücksichtigen könne. "Das Ergebnis wäre um
ein vielfaches besser legitimiert und könnte in der nationalen
Willensbildung bereits Wurzeln schlagen", so Thierse.
Die nationalen Parlamente sollten auch stärker eingebunden
werden, wenn es um die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips
gehe. Denkbar sei ein Subsidiaritätsausschuss aus den
Abgeordneten der nationalen Parlamente und des Europäischen
Parlaments oder eine Beteiligung nationaler Parlamentarier an den
Vermittlungsverfahren zwischen Europäischem Parlament und Rat.
Die von außen oft so empfundene Geheimniskrämerei der
Staats- und Regierungschefs hinter verschlossenen Türen sei
für das europäische Verständnis der Bürger
kontraproduktiv. Thierse: "Eine transparente und nachvollziehbare
Abgrenzung der Aufgaben macht Europa verständlicher für
die Menschen." Als erfreulich bezeichnete der
Bundestagspräsident, dass der Europäische
Verfassungskonvent öffentlich tage und diskutiere und auf
diese Weise eine "europäische Öffentlichkeit"
herstelle.
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