Bundestagspräsident Thierse: Rechtsverstöße zum Nachteil von Abgeordneten nicht weiter vertiefen
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat nach einer
Veröffentlichung der Bild-Zeitung von heute
(Bonusmeilen-Affäre: Herr Thierse, was verschweigen Sie uns?)
dem stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,
Wolfgang Bosbach, den nachstehenden Brief geschrieben:
Sehr geehrter Herr Bosbach,
die Bild-Zeitung zitiert Sie heute mit den Worten: "Ich verstehe
nicht, warum sich Herr Thierse hinter dem Datenschutz versteckt.
Ich kenne keine datenschutzrechtliche Vorschrift, die es dem
Bundestagspräsidenten verbietet, der Öffentlichkeit
mitzuteilen, wenn ein entstandener Schaden wieder gut gemacht
wird."
Ich hätte es besser gefunden, sie hätten mir diese
Auffassung direkt und nicht via Bild-Zeitung übermittelt. Dass
Sie zudem von dem für die Bereiche "Innen und Recht"
zuständigen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der
Unionsfraktion geäußert wird, erstaunt mich doch sehr.
Ich darf Sie daran erinnern, dass ich Anfang August im Auftrag von
und im Einvernehmen mit allen Fraktionen des Deutschen Bundestages
eine Fernsehanstalt, die von allen Abgeordneten Auskünfte
über deren Bonusmeilenkonten bei der Lufthansa erbeten hatte,
darauf hingewiesen habe, dass dieser Vorgang "seinen Ursprung in
einer Verletzung datenschutzrechtlicher Vorschriften hat".
Der Datenschutzbeauftragte des Deutschen Bundestages vertritt zu
der neuerlichen Anfrage der Bild-Zeitung die meines Erachtens
zutreffende Auffassung, dass durch Auskünfte über
Einzelheiten wie Einzahlungen, die Zahl der rückzahlenden
Abgeordneten und die Gesamtsumme der Zahlungen die Gefahr
bestünde, dass diese Rechtsverstöße zum Nachteil
der Betroffenen weiter vertieft werden. Deshalb ist es nach meiner
Auffassung ausschließlich Sache der einzelnen Abgeordneten,
darüber zu entscheiden, ob und in welcher Weise sie
Auskünfte über vorgenommene Rückzahlungen geben
möchten. Sollten Sie allerdings im Namen Ihrer Fraktion bzw.
von Mitgliedern Ihrer Fraktion gesprochen haben, von denen
Einzahlungen eingegangen sein könnten, bitte ich um
entsprechende Mitteilung.
Eine Durchschrift meines Schreibens habe ich den Ersten
Parlamentarischen Geschäftsführern der
Bundestagsfraktionen zur Kenntnisnahme zugeleitet.
Mit freundlichem Gruß
Wolfgang Thierse
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