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Die Bundesversammlungen waren stets nicht nur Bundespräsidentenwahlen, in ihnen kamen auch aktuelle und sich abzeichnende Machtkonstellationen zum Ausdruck, wie folgende Kurzchronik zeigt:
1949 Theodor Heuss (FDP) Im zweiten Wahlgang setzt die Koalition aus CDU/CSU und FDP ihre Absprache durch: Die einen stellen den Bundeskanzler, die anderen den Bundespräsidenten. Auf Heuss entfallen 416 Stimmen, auf den SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher 312.
1954 Theodor Heuss (FDP) CDU/CSU und FDP verfügen mit zwei weiteren Parteien über eine klare Mehrheit. Heuss hat sich aber auch Ansehen über die Koalition hi-naus erworben. Die Wiederwahl erfolgt mit 871 von 987 Stimmen. Alfred Weber, von der KPD ohne dessen Zustimmung nominiert, erhält 12 Stimmen.
1959 Heinrich Lübke (CDU) Drei Wochen vor der Bundesversammlung tritt Bundeskanzler Konrad Adenauer von seiner Präsidentenkandidatur zurück. Stattdessen wird Ernährungsminister Heinrich Lübke nominiert. Die CDU/CSU liegt mit ihren Stimmen knapp unter der absoluten Mehrheit, hat aber die Unterstützung der Deutschen Partei (DP). Im zweiten Wahlgang entfallen auf Lübke 526 Stimmen, auf den SPD-Kandidaten Carlo Schmid 386, auf den FDP-Kandidaten Max Becker 99 Stimmen.
1964 Heinrich Lübke (CDU) Die Große Koalition wirft ihre Schatten voraus. Noch bevor die CDU/CSU Lübke nominiert hat, spricht sich die SPD für eine Wiederwahl aus. Im ersten Wahlgang erhält Lübke 710 Stimmen, FDP-Kandidat Ewald Bucher 123.
1969 Gustav Heinemann (SPD) Die sozialliberale Koalition kündigt sich an. Erstmals schlägt sich die FDP auf die Seite der SPD und macht eine knappe Mehrheit im dritten Wahlgang möglich: 512 Stimmen für Heinemann, 506 für den CDU/CSU-Kandidaten Gerhard Schröder.
1974 Walter Scheel (FDP) Die Mehrheit für die SPD-FDP-Koalition ist sicher. Der FDP-Vorsitzende und Außenminister Walter Scheel erhält 530 Stimmen im ersten Wahlgang, der CDU/CSU-Kandidat Richard von Weizsäcker 498.
1979 Karl Carstens (CDU) Die oppositionelle CDU/CSU hat in der Bundesversammlung die klare Mehrheit. Ihr Kandidat, Bundestagspräsident Karl Carstens, wird im ersten Wahlgang mit 528 Stimmen gewählt, auf die SPD-Kandidatin, Bundestagsvizepräsidentin Annemarie Renger, entfallen 431 Stimmen.
1984 Richard von Weizsäcker (CDU) Es bleibt bei der absoluten Mehrheit für CDU und CSU. Die FDP unterstützt die Kandidatur des Berliner Regierenden Bürgermeisters Richard von Weizsäcker, und auch die SPD stellt keinen eigenen Kandidaten auf. Der erste Wahlgang ergibt 832 von 1.028 Stimmen für von Weizsäcker, die Schriftstellerin Luise Rinser erhält als Kandidatin der Grünen 68 Stimmen.
1989 Richard von Weizsäcker (CDU) Es fehlt eine absolute Mehrheit für die Union. Doch sie verständigt sich mit SPD und FDP auf eine Wiederwahl. Die geschieht mit 881 von 1.019 Stimmen im ersten Wahlgang.
1994 Roman Herzog (CDU) Die Koalition aus CDU/CSU und FDP verfügt zwar über die Mehrheit, kann sich aber zunächst nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen. Nach dem ersten Wahlgang verzichtet der Kandidat von Bündnis 90/Die Grünen, Jens Reich, nach dem zweiten Wahlgang die FDP-Kandidatin Hildegard Hamm-Brücher. Im dritten Wahlgang entfallen auf den CDU/CSU-Kandidaten Roman Herzog 696, auf den SPD-Kandidaten Johannes Rau 605 und auf den Kandidaten der Republikaner, Hans Hirzel, 11 Stimmen.
1999 Johannes Rau (SPD) SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben nicht die absolute Mehrheit in der Bundesversammlung. Nach dem ersten Wahlgang nimmt die FDP die Empfehlung an ihre Wahlleute zurück, gegen den SPD-Kandidaten Johannes Rau zu stimmen. Damit erhält er im zweiten Wahlgang 690 Stimmen, die CDU/CSU-Kandidatin Dagmar Schipanski 572, die PDS-Kandidatin Uta Ranke-Heinemann 62.
Text: Gregor Mayntz
Fotos: studio kohlmeier