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Ein Nachtragshaushalt ist kein nachträgliches Anhängsel an den eigentlichen Haushaltsplan eines Jahres, sondern ein selbstständiges Bundesgesetz, das alle Anforderungen erfüllen muss, die auch an die Vorlage des jährlichen Haushaltsentwurfs gestellt werden. Damit wird das Budgetrecht des Parlaments unterstrichen: Kein Euro, kein Cent darf von der Regierung ausgegeben werden, ohne dass der Bundestag zuvor entschieden hat, wofür das Geld verwendet wird. Und so muss es auch gehandhabt werden, wenn sich die tatsächliche Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben anders entwickelt, als es bei der Beschlussfassung über den ordentlichen Etat absehbar war.
Die Vorbereitungen zum Haushalt beginnen zumeist schon mit den Bedarfsmeldungen der einzelnen Ministerien im Frühjahr zuvor. Im Sommer sind die Verhandlungen zwischen dem federführenden Finanzministerium und den einzelnen Fachressorts so weit gediehen, dass ein Entwurf von der Bundesregierung beschlossen werden kann. Der geht dann zur Stellungnahme an den Bundesrat und zur Beratung an den Bundestag. Im Herbst folgt der Beschluss, so dass pünktlich zum Jahresbeginn eine detaillierte, verbindliche Übersicht über die geplanten Einnahmen und Ausgaben vorliegt.
Aber Steuereinnahmen können je nach Konjunktur anders ausfallen als geplant. Auch die Notwendigkeit von Ausgaben ist nicht in allen Bereichen auf zwölf Monate im Voraus planbar. Ein Mehrbedarf in geringerem Umfang lässt sich durch über- und außerplanmäßige Ausgaben handhaben. Ihnen muss der Finanzminister zustimmen, und sie müssen Bundestag und Bundesrat regelmäßig mitgeteilt werden – bei grundsätzlicher und erheblicher Bedeutung sogar unverzüglich.
Das gilt in der Regel für Mehrausgaben bis zu fünf Millionen Euro im Einzelfall und für die Erfüllung von Rechtsverpflichtungen. Der Ausgleich muss dann innerhalb des Gesamtetats geschehen.
Wenn es aber um unvermeidbare Mehrausgaben in größerem Umfang geht oder etwa mehr Kredite aufgenommen werden sollen, greift das Instrument des Nachtragshaushaltes. Dieser wird vom Finanzminister aufgestellt, gegliedert, abgestimmt und eingebracht wie ein normaler Haushalt und bedarf der Zustimmung des Bundestages. Legt der Bundesrat Einspruch ein, kann der Bundestag den Nachtrag dennoch mit der entsprechenden Mehrheit in Kraft treten lassen.
Eine Voraussetzung ist vorgeschrieben: Der Nachtrag muss vor dem Jahresende gesetzlich festgestellt sein. Und die übrigen Bedingungen gelten für Etat und Nachtragsetat gemeinsam: So darf die Summe der Kreditaufnahmen nicht die Höhe der Investitionsausgaben überschreiten. Andernfalls muss die Bundesregierung die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes als Grund für die Überschreitung erklären und durch den Haushaltsgesetzgeber feststellen lassen.
Text: Gregor Mayntz
Foto: picture-alliance
Erschienen am 01. November 2004