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Februar 01/1999
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Wirtschaft bezeichnet Pläne für eine Ökosteuer als Irrweg

(fi) Grundsätzliche Bedenken gegenüber dem von SPD und Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform (14/40) haben Sachverständige am 18. Januar in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses vorgetragen.

Der Entwurf sieht vor, eine Stromsteuer von zwei Pfennigen je Kilowattstunde und einen ermäßigten Steuersatz für das produzierende Gewerbe von einem halben Pfennig je Kilowattstunde, bei Heizöl von einem Pfennig je Liter und bei Erdgas von 0,08 Pfennigen je Kilowattstunde einzuführen und die Mineralölsteuer auf Kraftstoffe um sechs Pfennige je Liter, auf Heizöl um vier Pfennige je Liter und auf Gas um 0,32 Pfennige je Kilowattstunde anzuheben.

"Entwurf zurückziehen"

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hält das mit dem Entwurf verfolgte Ziel, Energie einzusparen und gleichzeitig eine Senkung der Lohnnebenkosten zu finanzieren, für richtig, den eingeschlagenen Weg aber für einen "Irrweg". Nach Ansicht des BDI kann von einem "Einstieg" in die ökologische Steuerreform nicht die Rede sein, weil Deutschland bereits heute einen Spitzenwert bei den Energiesteuern in Europa einnehme. Die Koalition verkenne, daß der heutige Wettbewerbsnachteil für die gewerbliche Produktion weiter zunähme, wenn die nationale Ener giebesteuerung angehoben würde. Die Folge wäre, daß die Produktion aus Deutschland verlagert würde. Der BDI empfahl, den Gesetzentwurf zurückzuziehen und einen "europäischen Weg" zu beschreiten.

Der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) ergänzte, die deutsche Wirtschaft sei darauf angewiesen, im Zuge des Wettbewerbs auch den Anteil der Energiekosten zu senken. Dieses Gesetz störe und schädige deutsche Wirtschaft. Der Verband der Chemischen Industrie hielt den Entwurf für "nicht administrierbar und widersinnig". Es handele sich dabei um die Kombination einer Endverbrauchs- und einer Produktionsmittelsteuer mit unterschiedlichen Wirkungen. Die Produktionsmittelbesteuerung sei ökonomisch und ökologisch nicht rational und wettbewerbsschädlich, weil sie nicht auf den Endver- braucher angelegt sei.

Der Verfassungsrechtler Professor Wolfgang Arndt bezweifelte, daß es sich bei der geplanten Stromsteuer um eine Verbrauchsteuer handelt. Verbrauchsteuern seien auf Überwälzung angelegt, was bei dieser Steuer ersichtlich nicht der Fall sei.

Dagegen plädierte der Naturschutzbund Deutschland für eine dramatische Senkung des Energieverbrauchs. Energiepreise sollten möglichst frühzeitig erhöht werden, um den Strukturwandel kontinuierlich begleiten zu können. Die Naturschützer hielten die Aufregung der Wirtschaft für nicht verständlich, weil die geplante Anhebung der Mineralölsteuer um sechs Pfennige pro Liter keinerlei Lenkungswirkung haben werde. Erforderlich wären Steuererhöhungsschritte von 30 Pfennigen pro Jahr einschließlich Mehrwertsteuer über einen längeren Zeitraum hinweg. Auch seien höhere Steuersätze unabhängig vom Preisniveau auf dem Weltmarkt nötig. Ausnahmen sollten für besonders energieintensive Branchen möglich sein. Weitere Ausnahmetatbestände seien aber abzulehnen.

Positiver Effekt möglich

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erwartet nach eigenen Angaben keine wesentliche reale Veränderung der Energiepreise durch das Gesetz. Das Institut hält einen positiven Effekt der Steuer auf den Arbeitsmarkt für möglich.

Professor Dieter Ewringmann (Köln) erinnerte an den bis Ende 1995 erhobenen Kohlepfennig, den die deutsche Wirtschaft 21 Jahre lang verkraftet habe. Mit dem Gesetz würde lediglich ein steuerliches Belastungsniveau wie vor 1996 wiederhergestellt. Der Bundesverband Junger Unternehmer meinte, eine frühere Ökosteuerreform hätte dazu beitragen können, daß die deutsche Industrie ihr Innovationspotential besser einsetzt. Industrie und Verbraucher müßten aber erkennen können, daß es sich dabei um eine langfristig angelegte Initiative handelt.

Das Handwerk gehört nach Einschätzung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks zu den Hauptverlierern dieser Reform. Die Betriebe würden in der ersten Stufe der geplanten Reform durch die Energieverteuerung um sechs bis acht Prozent mehr belastet, während die Entlastung durch die Senkung der Lohnnebenkosten 1,9 Prozent betrüge. Einschließlich der handwerksähnlichen Unternehmen wären davon rund 800.000 Betriebe betroffen. Besonders belastet würden die kleinen Betriebe. Der Ener giekostenanteil sei umso größer, je kleiner der Betrieb sei. Bei kleinen Betrieben falle die Entlastung bei den Lohnnebenkosten geringer aus, hieß es zur Begründung.

Befreiung verlangt

Der Zentralverband Gartenbau mit seinen nach eigenen Angaben rund 20.000 kleineren Familienbetrieben und 400.000 Beschäftigten verwies auf den harten Wettbewerb mit Holland, wo die Energiekosten um rund 50 Prozent niedriger lägen. Der Verband verlangte, den Gartenbau von der Ökosteuer zu befreien. Die Wirtschaftsvereinigung Metalle erinnerte daran, daß der Energiekostenanteil an den Erzeugungskosten in der Metallbranche im Durchschnitt bei 25 Prozent liegt. Damit hänge das Überleben im internationalen Preiswettbewerb von den Energiekosten ab, so die Vereinigung.

Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels machte darauf aufmerksam, daß es im Einzelhandel Produzenten gebe, die ihre Produkte gleichzeitig vertreiben. Diese würden als Auch-Produzenten von der Steuerermäßigung profitieren, während reine Dienstleistungsunternehmen keine Ermäßigung in Anspruch nehmen könnten.

Der Finanzausschuß hat den Entwurf am 21. Januar beraten. Dabei monierten CDU/CSU und F.D.P., daß der aktuelle Beratungsstand in der Regierung nicht vorliege. Die Regierung berichtete daraufhin, daß die Abgrenzung zwischen energieintensiven und nicht energieintensiven Branchen aufgegeben werde und das produzierende Gewerbe einheitlich mit einer auf 20 Prozent ermäßigten Stromsteuer belastet werden soll. Steuerbefreiungen und die zunächst vorgesehene Ermäßigung auf 25 Prozent sollen entfallen.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9901/9901038
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