GROSSE MEHRHEIT IM EUROPAAUSSCHUSS "Neues Amt für Betrugsbekämpfung bedarf vollständiger Unabhängigkeit"(eu) Gegen die Stimmen der F.D.P. hat der Europaausschuß am 4. Mai mit der Mehrheit aller anderen Fraktionen die Einrichtung eines europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung begrüßt. Diese Behörde müsse für alle Organe, Institutionen und Agenturen der EU zuständig sein und habe ihre Untersuchungen in vollständiger Unabhängigkeit auszuüben, erklärten die Abgeordneten. Gegenstand solcher Untersuchungen müßten zudem neben Betrug auch alle anderen Arten von Unregelmäßigkeiten sein. Der Direktor dieses neuen Amtes soll nach Auffassung der Fachpolitiker weisungsunabhängig sein. Ihm sei ferner ein eigenes Initiativ und Klagerecht vor dem Europäischen Gerichtshof einzuräumen, sofern ein EUOrgan oder nationale Institutionen versuchen sollten, seine Arbeit und Unabhängigkeit zu beeinträchtigen. Bei entsprechendem strafrechtlichen Verdacht, so die große Mehrheit des Europaausschusses weiter, müsse der Direktor dieses BetrugbekämpfungsAmtes grundsätzlich die jeweils zuständigen nationalen Behörden einschalten. Schließlich dürfe seine Ernennung nur in Abstimmung mit dem Rat der EU und dem Europäischem Parlament erfolgen. SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen hatten zur Ausschußsitzung eine gemeinsame Beschlußempfehlung vorgelegt und verwiesen in diesem Zusammenhang auf die Ergebnisse einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses zum Thema Betrugsbekämpfung am 21. April. Die F.D.P. begründete ihr abweichendes Abstimmungsverhalten vor allem damit, das Hearing des Ausschusses habe gezeigt, daß eine Ausgliederung der neuen Betrugsbekämpfungsbehörde aus der Europäischen Kommission zwingend erforderlich sei. Ansonsten könne die Unabhängigkeit des Amtes nicht gewährleistet werden. SPD und CDU/CSU wiesen diese Auffassung zurück. So machten die Sozialdemokraten darauf aufmerksam, die von den Liberalen geforderte Lösung hätte zur Folge, daß ein neues Betrugsbekämpfungsamt keinerlei Ermittlungskompetenz bei externen Kontrollen, also etwa bei der zweckwidrigen Verwendung von EUMitteln in Mitgliedstaaten, hätte. Dies sei nicht sinnvoll. Die Union verwies darauf, das jetzt vorliegende Konzept hätte den Vorteil, die Kommission als Kollegialorgan, aber auch einzelne Kommissare weiter in die Verantwortung nehmen zu können. Im übrigen gebe es "nicht die Spur einer Chance", den F.D.P.Vorschlag einer völlig unabhängigen Behörde zu verwirklichen. Ein solcher, ursprünglich von der Kommission bereits selbst entwickelter Plan sei sowohl im Ministerrat als auch im Europaparlament auf deutliche Ablehnung gestoßen. Der Europaausschuß plädierte zudem dafür, die Europäische Kommission mit dem Ziel neu zu strukturieren, jeden Kommissar für den von ihm geleiteten Geschäftsbereich auch politisch voll verantwortlich zu machen. Von der neuen Kommission unter ihrem designierten Präsidenten Romano Prodi habe dazu sobald wie möglich entsprechende Vorschläge vorzulegen. Die Grundsätze der Offenheit, Transparenz und Rechenschaftspflicht müßten oberste Prinzipien der täglichen Arbeit in der Kommission sein, so die Fachpolitiker weiter. Keine Mehrheit fand eine zusätzliche Forderung der F.D.P., die Kommissare hätten auch vor dem Europaparlament Rechenschaft abzulegen. |