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Dezember 11/1999
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Herr der Daten

Drei Bände mit 4.392 Seiten krönen Peter Schindlers Lebenswerk

Dies ist nun sozusagen die Krönung - sowohl für die Sache als auch für die Person, die hinter ihr steht: drei Bände mit zusammen 4.392 Seiten, ein Werk, dick wie ein Meilenstein. In diesen Tagen wird das neue "Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages" ausgeliefert, wie immer bei der Nomos Verlagsgesellschaft in Baden-Baden erschienen, erhältlich zum Preis von 98,00 Mark. Eine CD-ROM-Ausgabe folgt im nächsten Jahr.

Das Konvolut kommt schon zum fünften Male. Aber das ausgehende Jahr 1999, das so vielen Institutionen der 1949 gegründeten Bundesrepublik das fünfzigste Jubiläum beschert hat, bedeutet auch für das Parlament und sein Datenhandbuch eine Krönung: nun ein halbes Jahrhundert Bundestagsgeschichte, widergespiegelt in einer schier grenzenlosen Fülle von Zahlen, Daten und Fakten.

Herr der Daten

Das Unternehmen, und nichts anderes kann man sich vorstellen und wünschen, soll auch nach dieser Zäsur fortgesetzt werden. Aber für den, der es seit Ende der siebziger Jahre beharrlich betrieben und betreut hat, bringen die drei jüngsten Bände den krönenden Abschluss. Ihr Autor Peter Schindler, Ministerialrat und Leiter des Referats "Parlamentsgeschichtliche Dokumentation" im Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages, wird in absehbarer Zeit in Pension gehen. Das Datenhandbuch ist sein Werk.

Ein Meilenstein war schon der erste, 1983 herausgebrachte Band für die Jahre von 1949 bis 1982, dem dann drei sich zeitlich überlappende Fortschreibungen und Ergänzungen folgten. Seitdem ist "der Schindler" mit seinem ochsenblutfarbigen Einband ein Begriff, ein Standardwerk für die unmittelbar am Bundestag Beteiligten wie für alle, deren Augenmerk aus beruflichen, wissenschaftlichen oder auch nur ganz privaten Gründen dem Parlament als zentraler demokratischer Institution gilt. Die Handbücher schlossen eine Lücke. Endlich führten sie Daten zusammen, die an vielen Stellen verstreut waren. Ebenso bereiteten sie erst als Rohstoff vorhandenes Zahlenwissen auf. Und nicht zuletzt erhoben Schindler und seine kleine Schar von drei Mitarbeiterinnen auch neue Daten, die weiße Flecken tilgten. Oft glich die Pionierarbeit der Aufgabe, ein überaus kompliziertes Puzzle nicht nur geduldig zusammenzusetzen, sondern seine Teile überhaupt erst zu schaffen. So sind die Bände weit über ein umfassendes Nachschlagewerk hinaus zu einem entscheidenden Beitrag geworden, das Parlament insgesamt durchsichtiger und greifbarer zu machen - und seine Geschichte auch statistisch festzuhalten.

Wachsendes Echo und Lob nicht nur in der Fachwelt und auch im Parlament, sondern ebenso in der interessierten Öffentlichkeit haben die Anstrengung belohnt. Mehr noch: Sie zahlt sich auch in einem gegenseitigen Gewinn aus. Zwar können und dürfen die Handbücher als offiziöse Veröffentlichung des Bundestages nur das neutrale statistische Material liefern, die Zahlen an sich. Und wo sie nicht für sich selbst sprechen, beschränken sich die Bände penibel auf Erläuterungen und historische Rekapitulationen.

Interpretationen, Schlussfolgerungen, Analysen und Theorien über das Parlament und den Parlamentarismus hingegen müssen Sache der Wissenschaft und der Publizistik bleiben. Doch eben dafür bieten die Daten einen einzigartigen Fundus und Anregungen die Fülle, die, wenn sie in empirische Untersuchungen umgesetzt werden, wiederum für die Handbücher als Material von Nutzen sind.

Peter Schindler - Autor eines unentbehrlichen Nachschlagewerkes für Datenhungrige.
Peter Schindler - Autor eines unentbehrlichen Nachschlagewerkes für Datenhungrige.

Nun also das Datengerüst für ein halbes Jahrhundert Bundestag, zusammenfassend, die bisherigen Bände überholend und ersetzend, mindestens auf dem Stand von Herbst 1997, in vielen Abschnitten aber schon bis zum Sommer dieses Jahres fortgeführt. Dass nicht überall der jüngste Stand erreicht worden ist, erklärt sich schlicht aus der außerordentlichen Zeit- und Arbeitslast, die alle Handbücher den Beteiligten immer wieder auferlegt haben. Dennoch sind neben der Aktualisierung auch diesmal viele ganz neue Kapitel hinzugekommen oder alte wesentlich ergänzt worden. Wenn das Datenhandbuch den Rang und Ruf gewonnen hat, den es besitzt, dann nicht zuletzt auch deshalb, weil Schindler die Akribie, die das Buch ohnehin verlangt, mit Perfektion verbindet, ein Datenjäger und -sammler aus Passion - glückliche Leidenschaften für ein Unternehmen von diesem Format.

Und Kontinuität. Sie zeigt sich, die vom Zeitablauf und den Ereignissen gebotenen Verschiebungen ausgenommen, vor allem auch daran, dass sich an der Architektur des Handbuchs, an seiner ausgefeilten Konzeption, Gliederung und Abfolge im Grunde von Anfang an kaum etwas geändert hat. Auch jetzt spannt sich der thematische Bogen, nur wenige Stichworte müssen genügen, wieder von den detaillierten Daten über die Bundestagswahlen, die Mitglieder des Parlaments oder dessen Institutionen und Arbeitsweise, von den Kapiteln über die Gesetzgebung, die Kontrollinstrumente oder die parlamentarischen Reformbemühungen bis zu den Angaben über Verfassungsänderungen, den Bundestagshaushalt oder die auswärtigen Beziehungen des Parlaments. Ausführliche Kapitel über den Bundestag und die innerdeutsche Entwicklung, über seine Teilhabe an der "Wende" und über die dann demokratisch gewählte Volkskammer der DDR fehlen so wenig wie eine Kurzchronik der ganzen fünfzig Jahre. So gut wie jedes Kapitel hat zahlreiche, oft noch weiter aufgegliederte Unterabschnitte. Und die bei dieser Spannbreite unabdingbaren gründlichen Register umfassen allein rund 350 Seiten.

Selbstverständlich kann sich Peter Schindler leicht vorstellen, was zu alledem noch hinzukommen könnte oder müsste. Aber das Grundmuster und den wesentlichen Inhalt eines Kompendiums, das ohne Beispiel ist, hat er über die Jahrzehnte hinweg längst vorgegeben und ausgefüllt, nun vollends mit den drei Jubiläumsbänden. Eine Lebensleistung im Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages hat zu einem Werk aus Daten und Zahlen geführt, das auf seine ebenso umfassende wie solide Weise Parlamentsgeschichte schreibt und ganz unentbehrlich geworden ist - ein großer Wurf.

Carl-Christian Kaiser

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9911/9911066
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