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Januar 01/2000
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PARLAMENT DEBATTIERTE KRIEG IN TSCHETSCHENIEN

Fischer: Russlands Krieg gegen ein ganzes Volk ist nicht akzeptabel

(aw) Nach den Worten von Bundesaußenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) hat Russland das Recht, seine Grenzen zu verteidigen und den Kampf gegen den Terrorismus zu führen. Dies müsse aber mit verhältnismäßigen, rechtsstaatlichen Mitteln geschehen. Krieg gegen ein ganzes Volk, wie derzeit in Tschetschenien, sei kein derartiges verhältnismäßiges Mittel, erklärte Fischer am 28. Januar in einer Aktuellen Stunde des Bundestages zu seinem Besuch in Moskau acht Tage zuvor. Der Minister hatte dort unter anderem Gespräche mit dem amtierenden russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinem Amtskollegen Igor Iwanow geführt.

Fischers Worten zufolge muss Russland klar gemacht werden, dass seine Vorgehensweise nicht akzeptabel sei und sich nicht mit den internationalen Vereinbarungen verträgt, die das Land eingegangen ist. Es komme jetzt darauf an, auf eine Verbesserung der humanitären Hilfe gegenüber Moskau zu insistieren, damit die Katastrophe der von den bewaffneten Auseinandersetzungen betroffenen Menschen abgewandt werden könne. Dies sei neben dem Bemühen um ein Ende des Krieges ein wesentlicher Punkt.

Bundesaußenminister Joschka Fischer (2. von rechts) bei einer Unterredung mit dem amtierenden russischen Präsidenten Wladimir Putin (links im Bild) am 21. Januar im Moskauer Kreml.
Bundesaußenminister Joschka Fischer (2. von rechts) bei einer Unterredung mit dem amtierenden russischen Präsidenten Wladimir Putin (links im Bild) am 21. Januar im Moskauer Kreml.

Zu vermeiden ist laut Fischer allerdings auch, dass Russland in die Isolation abgleitet. Ein drastisches Herunterfahren der Wirtschaftsbeziehungen mit der Europäischen Union würde dies beispielsweise zur Folge haben. Damit würde mehr verloren als gewonnen.

Der Außenminister erfuhr im Plenum grundsätzlich Unterstützung von allen Fraktionen. So erklärte Kurt Palis (SPD), die gegenwärtige militärische Eskalation im Kaukasus berge die Gefahr, sich in einen anhaltenden Guerillakrieg zu verzetteln und die gesamte Kaukasusregion zu destabilisieren. Eine dauerhafte Lösung der Probleme in dieser Region könne nur politisch herbeigeführt werden. Die Sozialdemokraten unterstützten die Bundesregierung in ihrem Bemühen, mäßigend auf die russische Politik einzuwirken und für ein Ende der Kampfhandlungen zu werben.

Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) teilte diese Auffassung. Dennoch müsse die Frage erlaubt sein, ob es sinnvoll gewesen sei, "sich für das Spiel herzugeben, das im Kreml derzeit gespielt wird", so der Unionspolitiker. Der Krieg in Tschetschenien sei eine Machtdemonstration, die sich in erster Linie an die eigene Bevölkerung und das nahe Ausland richte.

Ulrich Irmer (F.D.P.) hob ebenfalls den Wert von Kontakten zur russischen Führung als "ganz selbstverständlich" hervor. Zu kritisieren sei aber die Diskrepanz, die sich zwischen "großen Worten" und "sehr verhaltenem Tun" gegenüber Moskau aufgetan habe. Wolfgang Gehrcke (PDS) hob hervor, der Krieg Russlands in Tschetschenien sei nicht akzeptabel – weder moralisch noch politisch noch völkerrechtlich. Auch die PDS halte es aber für notwendig, gerade in Krisenzeiten den Dialog nicht abreißen zu lassen.

Nach dem Willen des Auswärtigen Ausschusses soll die Bundesregierung gegenüber Putin darauf dringen, dass dieser seine Zusage an den Europarat erfüllt, eine permanente Mission dieser Organisation zur Beobachtung der Flüchtlings- und Menschenrechtssituation im Nordkaukasus einzurichten. An dieser Mission sei auch die OSZE zu beteiligen.

Der Ausschuss traf seinen Beschluss mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und F.D.P. zu einem Entschließungsantrag (14/2279) in Abwesenheit der PDS. Die CDU/CSU beteiligte sich im Hinblick auf ihr erst kurzfristig bekannt gewordene Änderungen des Antragstextes nicht an der Abstimmung.

Sie behält sich vor, zu gegebener Zeit im Plenum ihr Votum abzugeben.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0001/0001017
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