Deutscher Bundestag
English    | Français   
 |  Sitemap  |  Kontakt  |  Fragen/FAQ  |  Druckversion
 
Startseite > PARLAMENT > Ausschüsse > Petitionsausschuss > Jahresberichte 1996 bis 2004 >
Jahresbericht 2000
[ zurück ]   [ Übersicht ]   [ weiter ]

Petitionsausschuss
Jahresbericht 2000

Langfassung

Deutscher Bundestag, Drucksache 14/5882
14. Wahlperiode, 09.05.2001

Bericht des Petitionsausschusses (2. Ausschuss)

Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag

Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 2000

KURZFASSUNG

Allgemeine Bemerkungen über die Ausschussarbeit

1. Anzahl und Schwerpunkte der Eingaben

20.666 Eingaben gingen im Jahr 2000 beim Petitionsausschuss ein. Durchschnittlich 83 Eingaben pro Arbeitstag. Gegenüber 18.176 Eingaben im Vorjahr ist eine Zunahme der Neueingänge um 2.490; in Prozentzahlen ausgedrückt um 13 v. H. zu verzeichnen.

Die Gesamtzahl der abschließend behandelten Petitionen betrug im Jahre 2000 13.344 gegenüber 15.853 im Jahre 1999. 12.204 Nachträge der Bürgerinnen und Bürger, Schreiben, in denen das Anliegen präzisiert oder erweitert wird, erreichten den Petitionsausschuss im Berichtszeitraum.

Betrachtet man die Verteilung der Petitionen auf die einzelnen Bundesministerien, so ist nach wie vor das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA) mit 8.658 Petitionen das Ressort mit den bei weitem meisten Eingaben. Gemessen am Gesamtvolumen der eingegangenen Petitionen entfallen über 44 v. H. der Eingaben auf das BMA. Mit einem jeweils etwa gleich hohen prozentualen Anteil am Gesamtaufkommen der Eingänge folgen das Bundesministerium der Justiz (BMJ) mit 2.442 das Bundesministerium des Inneren (BMI) mit 2.225 und das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mit 2.207 Petitionen.

Geringfügige Zuwächse in den Eingangszahlen hatten das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi), das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) sowie das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zu verzeichnen. In absoluten Zahlen fällt dies allerdings nicht besonders ins Gewicht, da andere Ressorts Rückgänge in entsprechender Höhe zu verzeichnen hatten.

Die Zahl der Sammelpetitionen, also der Petitionen, die mit einer Unterschriftenliste eingereicht werden, beträgt im Jahr 2000 1.074 Eingaben gegenüber 1.386 im Jahr 1999. Deutlich angestiegen ist im Berichtszeitraum die Zahl der Massenpetitionen, also Eingaben in größerer Zahl mit dem selben Anliegen, deren Text ganz oder im Wesentlichen übereinstimmt (z. B. Postkartenaktionen). In der Statistik vermerkt wurden 170.532 Unterschriften zu im Berichtszeitraum abgeschlossenen Massenpetitionen gegenüber 9.062 im Vorjahr.

Bei Massen- und Sammelpetitionen dominierten die Themenbereiche Verkehr, Kindergeld, Parteiengesetz, Psychotherapeutengesetz, Menschenrechte und Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern.

Die Anzahl der Bitten zur Gesetzgebung ist im Verhältnis zu den Beschwerden, also den Eingaben, die sich gegen das konkrete Han-deln einer Behörde richten, ebenfalls deutlich angestiegen und beläuft sich auf 11.251 Legislativpetitionen im Jahre 2000 gegenüber 7.521 im Vorjahr. Die Anzahl der Beschwerden beträgt 9.415 Petitionen im Jahre 2000 gegenüber 10.529 im Jahre 1999.

Wenn man die Anzahl der Petitionen ermittelt, die auf eine Million Einwohnerinnen und Einwohner des jeweiligen Landes durch-schnittlich entfällt, so erhält man einen aussagekräftigen Vergleich der Anzahl der Petitionen, die aus den einzelnen Bundesländern kommt.

Das Land mit den wenigsten Eingaben, nämlich mit 102, ist das Saarland. Hessen weist in den alten Bundesländern mit 178 Eingaben pro eine Million der Bevölkerung die zahlreichsten auf.

Demgegenüber fallen die Zahlen in den neuen Bundesländern erheblich höher aus. Brandenburg ist mit 797 Petitionen, gerechnet auf eine Million Bürgerinnen und Bürger, das Land mit den vergleichsweise zahlreichsten Eingaben. Sachsen-Anhalt war mit 332 Petitionen, gerechnet auf eine Million Bürgerinnen und Bürger, 1999 noch das Land mit den vergleichsweise wenigsten Eingaben in den neuen Bundesländern. Im Jahr 2000 gab es in diesem Bundesland einen sehr starken Zuwachs an Eingaben, so dass Sachsen-Anhalt mit 795 Petitionen, gerechnet auf eine Million Bürgerinnen und Bürger, im Jahr 2000 das zweitstärkste Eingabenaufkommen in den neuen Bundesländern hat.

Aufgegliedert nach Geschlechtern kann der Statistik entnommen werden, dass über 58 v.H. der Eingaben von Männern eingereicht werden. Über 32 v.H. der Eingaben stammen von Frauen, der Rest von Organisationen und Verbänden.

2. Sitzungen des Petitionsausschusses

Im Jahr 2000 fanden 19 Sitzungen des Peti-tionsausschusses statt. Der Bericht des Ausschusses über seine Tätigkeit im Jahr 1999 (BT-Drs. 14/3456) erschien am 10. Mai 2000. Er wurde am 6. Juni 2000 von der Vorsitzenden des Petitionsausschusses im Beisein der Obleute der Fraktionen im Petitionsausschuss an Bundestagspräsident Thierse übergeben und am 9. Juni 2000 im Plenum des Deutschen Bundestages beraten (Plenarprotokoll 14/109).

Der Ausschuss legte im Jahre 2000 dem Deutschen Bundestag 122 Sammelübersichten mit Beschlussempfehlungen zur Erledigung der Petitionen vor. Davon wurden zu fünf Sammelübersichten von Seiten der Fraktion der PDS Änderungsanträge gestellt.

3. Ausübung der Befugnisse

Im Berichtszeitraum machte der Ausschuss insgesamt zwölf mal von den ihm aufgrund des Gesetzes nach Art 45c des Grundgesetzes eingeräumten Befugnissen Gebrauch, indem er zwölf Befragungen von Regierungsvertreterinnen und -vertretern durchführte.

Darüber hinaus fand eine erweiterte außerordentliche Obleutebesprechung des Petitionsausschusses mit Vertretern des BMI und der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung unter Beteiligung von Mitgliedern des Innenausschusses des Deutschen Bundestages statt, die sich erneut näher mit der Altfallregelung für Flüchtlinge mit langjährigem Aufenthalt in Deutschland befasste und dabei die im November 1999 in Görlitz getroffene Vereinbarung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder näher erörterte.

Im Februar 2000 informierte sich eine vierköpfige Delegation des Petitionsausschusses unter Leitung der Vorsitzenden vor Ort in Nürnberg über die Arbeit des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge. Dem Besuch hatte sich die Parlamentarische Staatssekretärin im BMI, Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast, MdB, angeschlossen, die auch der ausführlichen Diskussion über die Praxis der Entscheidungen über die Schicksale der Flüchtlinge beiwohnte und ebenso wie der anwesende Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten die von der Delegation geäußerte Kritik an der Stellung des Bundesbeauftragten zur Kenntnis nahm.

Hervorzuheben ist ferner ein Ortstermin, den Berichterstatter des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages gemeinsam mit Berichterstattern im Petitionsausschuss des sächsischen Landtags durchführten, um sich zu Petitionen, die sich auf den Bau der Bundesautobahn 72 bezogen und sowohl Landes- als auch Bundesrecht berührten, vor Ort zu informieren und mit den Beteiligten zu sprechen.

4. Überweisung an die Bundesregierung zur Berücksichtigung oder Erwägung

Im Rahmen der Möglichkeiten, die nach den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zur Erledigung einer Petition in Betracht kom-men, sind die Berücksichtigungs- und Erwägungsbeschlüsse von besonderer Bedeutung. Ein Beschluss, die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, ist ein Ersuchen des Deutschen Bundestages an die Bundesregierung, dem Anliegen des Petenten zu entsprechen. Lautet der Beschluss, die Petition der Bundesregierung zur Erwägung zu überweisen, so handelt es sich hierbei um ein Ersuchen des Deutschen Bundestages an die Bundesregierung, das Anliegen des Petenten noch einmal zu überprüfen und nach Möglichkeiten der Abhilfe zu suchen. Auch wenn der Bundesregierung eine vergleichsweise kurz Frist gesetzt wird, in der der Petitionsausschuss eine Antwort auf die Berücksichtigungs- und Erwägungsbeschlüsse erwartet, bedeutet dies nicht, dass die Petitionen nach der Beschlussfassung auch zügig erledigt und abgeschlossen werden können. In vielen Petitionsverfahren gibt sich der Petitionsausschuss mit der Antwort der Bundesregierung nicht zufrieden und sieht sich zu weiterem Nachfragen beziehungsweise zum Gespräch mit einem Regierungsvertreter veranlasst. Derartige Ladungen von Regierungsvertretern fanden im Berichtszeitraum, wie unter Ziffer 1.3 berichtet, zwölf mal statt.

Im Jahr 2000 überwies der Deutsche Bundes-tag der Bundesregierung 10 Petitionen zur Berücksichtigung und 93 zur Erwägung.

Von diesen zur Berücksichtigung beziehungsweise zur Erwägung überwiesenen Petitionen wurden im Berichtsjahr positiv erledigt 5 Berücksichtigungsfälle und 75 Erwägungsfälle. In 4 Erwägungsfällen wurde dem Anliegen nicht entsprochen. Nicht erledigt, insofern noch offen sind am Ende des Berichtsjahres 5 Berücksichtigungs- und 14 Erwägungsfälle.

Von Interesse ist allerdings auch eine Betrachtung, die zumindest noch das Jahr vor dem Berichtszeitraum mit einbezieht. Sieht man sich demnach die Petitionen aus dem Jahr 1999 näher an, in denen das Votum "Überweisung zur Berücksichtigung" und "zur Erwägung" lautete und die zum Jahresbeginn 2000 noch nicht erledigt waren, so ist festzustellen, dass in 6 der zu diesem Zeitpunkt noch offenen 12 Berücksichtigungsfälle dem Anliegen im Berichtszeitraum nicht entsprochen wurde und 6 Berücksichtigungsfälle weiterhin offen blieben. Von den 38 zum Jahresbeginn 2000 noch offenen Erwägungsfällen konnten im Berichtszeitraum 7 Petitionen positiv erledigt werden; zu 7 Petitionen lautete die Antwort der Bundesregierung, dass dem Anliegen nicht entsprochen werden könne, mithin negativer Abschluss und zu 24 Erwägungsbeschlüssen aus dem Jahr 1999 stehen die Antworten auch zum Jahresende 2000 weiterhin aus.

Darüber hinaus sind zum Ende des Berichtszeitraums noch 4 Berücksichtigungsfälle und 11 Erwägungsfälle aus der Zeit vor dem 1. Januar 1999 offen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass im Berichtszeitraum die Antworten zu 5 Berücksichtigungsbeschlüssen positiv waren, zu 6 Berücksichtigungsbeschlüssen negativ und 15 Petitionsverfahren noch nicht abgeschlossen sind, in denen das Votum "Überweisung an die Bundesregierung zur Berücksichtigung" lautete. Die Antworten der Bundesregierung zu Erwägungsbeschlüssen fallen so aus, dass 82 positiv lauteten, 11 negativ und 49 Petitionsverfahren noch nicht abgeschlossen sind, in denen das Votum "Überweisung an die Bundesregierung zur Erwägung" lautete. In Auswertung der vorgenannten Zahlenbilanz kann festgestellt werden, dass die Bundesregierung nach wie vor bemüht ist, alle ihr gebotenen Mittel und Möglichkeiten auszuschöpfen, um ihr zur Berücksichtigung oder Erwägung überwiesenen Petitionen nachzukommen. Von insgesamt 26 Petitionen, in denen das Votum "Überweisung an die Bundesregierung zur Berücksichtigung" lautete, trug die Bundesregierung im Berichtszeitraum in einem Fünftel der Fälle zu einer positiven Lösung bei, ebenso zahlreich waren die Fälle, in denen dem Votum nicht Rechnung getragen wurde und drei Fünftel der Berücksichtigungsfälle sind weiter in Bearbeitung. In den 141 Petitionen, in denen das Votum "Überweisung an die Bundesregierung zur Erwägung" lautete, konnte in nahezu zwei Drittel der Fälle eine positive Erledigung erreicht werden.

Auch wenn das Resümee vor diesem Hintergrund im Berichtsjahr positiv ausfällt, ist der Petitionsausschuss weiterhin darauf bedacht, den Antworten der Bundesregierung auf Berücksichtigungs- und Erwägungsbeschlüsse besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

5. Zusammenarbeit auf internationaler Ebene

Auch auf internationaler Ebene trifft die Arbeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages auf reges Interesse.

Im Februar 2000 nahm die stellvertretende Vorsitzende des Petitionsausschusses an der Festveranstaltung des Ombudsmanns des finnischen Reichstags teil, dessen Amt seit 80 Jahren besteht. Frau Müller überbrachte nicht nur die guten Wünsche des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages, sondern konnte die Gelegenheit nutzen, um in einem Land, das der Tradition der Ombudsmann-Einrichtung sehr verhaftet ist, das Petitionswesen in Deutschland vorzustellen und über die aktuelle Arbeit zu berichten.

Im März 2000 traf die Vorsitzende des Petitionsausschusses mit Herrn José Antonio Lobo, Minister im Präsidialamt der Nationalversammlung von Costa Rica, zusammen, erläuterte ihm die Aufgabenstellung und Arbeitsweise des Petitionsausschusses und informierte sich über das Beschwerdewesen in Costa Rica. In diesem Land ist eine den Ombudsmännern in Skandinavien vergleichbare Einrichtung eingesetzt, die "Defensoria de los Habitantes de la Republica de Costa Rica" heißt und dem Parlament zugeordnet ist.

Im April 2000 besuchte eine Delegation des Petitonsausschusses des Europäischen Parlaments den Deutschen Bundestag und wohnte der 31. Sitzung des Petitionsausschusses in der laufenden Wahlperiode bei. Es fand ein Meinungsaustausch über die unterschiedlichen Arbeitsweisen der Petitionsausschüsse und ihre Effektivität statt und es wurde über den ersten Entwurf einer Grundrechtecharta der Europäischen Union diskutiert. Im Rahmen des Besuchs konnte den Gästen auch die Gelegenheit geboten werden, sich bei den Petitionsausschüssen des Abgeordnetenhauses von Berlin und des Landtags von Brandenburg über das Petitionswesen zu informieren.

Im Einzelnen konnte die Delegation des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages hinsichtlich der unterschiedlichen Arbeitsweisen der Petitionsausschüsse feststellen, dass die Europäische Union dem einzelnen Bürger zwar administrative und juristische Rechtsmittel gegen die in ihrem Bereich erlassenen Beschlüsse garantiert, als außergerichtliche Beschwerdemöglichkeit das in den Verträgen von Maastricht bzw. Amsterdam und der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments verankerte Petitionsrecht allerdings mehr denn je seine Berechtigung hat und auch entsprechend in die Grundrechtecharta aufgenommen werden sollte.

An das Europäische Parlament gerichtete Petitionen können einerseits den Zuständigkeitsbereich des Petitionsausschusses betreffen, andererseits vom Europäischen Bürgerbeauftragten aufgegriffen werden, der befugt ist, Beschwerden über Missstände bei der Tätigkeit der Organe oder Institutionen der Gemeinschaft entgegenzunehmen. Sowohl der Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments als auch der Europäische Bürgerbeauftragte sind dem Europäischen Parlament gegenüber berichtspflichtig. Der Bericht des Bürgerbeauftragten wird durch den Petitionsausschuss beraten, bevor er im Plenum behandelt wird. Der Zusammenarbeit zwischen dem Bürgerbeauftragten und dem Petitionsausschuss kommt eine besondere Bedeutung zu, weil beide Institutionen zahlreiche Ähnlichkeiten und Parallelen aufweisen, zumal beide integrierter Bestandteil der Unionsbürgerschaft sind.

Im September 2000 unternahm eine fünfköpfigen Delegation des Petitionsausschusses eine Reise nach Stockholm/Schweden. Dabei traf die Delegation mit den schwedischen Ombudsleuten des Reichstags und weiteren staatlichen Einrichtungen zusammen, um sich umfassend über das Ombudsmann-Wesen in Schweden zu informieren und Fragen des Petitionswesens zu besprechen. Die Delegation wurde geleitet von der Vorsitzenden, Frau Heidemarie Lüth (PDS); weitere Teilnehmer waren: die stellvertretende Vorsitzende Jutta Müller, (SPD), Heidi Wright (SPD), Anton Pfeifer (CDU/CSU) und Helmut Wilhelm (Bündnis 90/GRÜNE).

Das Programm sah im einzelnen Begegnungen und Gespräche vor mit dem Chef-Justiz-Ombudsmann, dem Gleichberechtigungsombudsmann, dem Justizkanzler sowie dem Verbraucherombudsmann und dem Presseombudsmann.

Ein Besuch im schwedischen Reichstag wurde verbunden mit einem Zusammentreffen mit dem Vorsitzenden und weiteren Mitgliedern des konstitutionellen Ausschusses des schwedischen Reichstags.

Besonderen Raum nahm im Berichtszeitraum die Teilnahme einer siebenköpfigen Delegation des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages unter Leitung der Vorsitzenden an der VII. Internationalen Ombudsmann-Konferenz ein, die vom 30. Oktober bis 2. November 2000 in Durban/Südafrika stattfand. Weitere Mitglieder der Delegation waren: Christel Deichmann, Reinhold Hiller, Bernd Reuter (SPD), Axel Fischer, Klaus Holetschek (CDU/CSU) sowie Annelie Buntenbach (Bündnis 90/Grüne).

Zum ersten Mal fand diese alle vier Jahre vom Internationalen Ombudsmann-Institut mit Sitz Edmonton/Canada einberufene Ombudsmann-Konferenz in Afrika statt. Ombudsleute und Mitglieder von Petitionsausschüssen aus mehr als 70 Staaten aus aller Welt nahmen an der Tagung teil. Das Hauptthema der Konferenz war "Das Gleichgewicht von Regierungsgewalt und Rechenschaftspflicht - die Rolle des Ombudsmanns".

Die Konferenz wurde am Montag, dem 30. Oktober 2000 unter anderem mit einer Festansprache des südafrikanischen Staatspräsidenten Thabo Mbeki eröffnet. Es fanden 4 Plenarsitzungen und 7 Workshops statt. Am Mittwoch, dem 1. November 2000 sprach auch der frühere südafrikanische Staatspräsident und Nobelpreisträger Nelson Mandela zu den Teilnehmern der Tagung und sorgte mit seinen Ausführungen zur Rolle von Menschenrechtsstrukturen und Ombudsleuten in demokratischen Staatswesen und Demokratien im Aufbau für großes Interesse. Die Tagung endete am Donnerstag, dem 2. November 2000 mit der Abschlussveranstaltung im Konferenzzentrum, nachdem die Tagungsteilnehmer am Abend zuvor der feierlichen Gründung des Lehrstuhls für Menschenrechte der juristischen Fakultät an der Universität von Natal/Durban beigewohnt hatten.

Zu Beginn der insgesamt 4 Plenarsitzungen und 7 Workshops entwickelten die Vortragenden zunächst ihre Gedanken zu den jeweiligen Themen. Daran schlossen sich mehrere Runden mit Statements und Fragen an, die weltweit unterschiedliche gesellschaftspolitische Umfelder für die Tätigkeiten der Ombudsleute deutlich werden ließen.

Sowohl in den Plenarsitzungen als auch in den einzelnen Workshops wurde deutlich, welche besondere Rolle Ombudsleute und Einrichtungen wie Petitionsausschüsse zur Durchsetzung von Menschenrechten in Staatswesen einnehmen und auf welch unterschiedliche Art und Weise sie zur Entwicklung der Demokratie und Zivilgesellschaft beitragen. In diesem Zusammenhang konnte sich der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages einerseits mit seiner langjährigen Erfahrung in der Entwicklung des Petitionswesens in der Bundesrepublik Deutschland einbringen, andererseits wurde deutlich, dass er zur Weiterentwicklung seiner Arbeit Erfahrungen anderer im Umgang mit den Bürgerinnen und Bürgern, staatlichen Stellen und den Medien einbeziehen kann.

Die Konferenz verabschiedete zum Abschluss einvernehmlich eine Erklärung. In dieser Schlusserklärung wird das aus der Sicht der Tagungsteilnehmer grundlegende Menschenrecht betont, in einer Gesellschaft leben zu können, die von guter Staatsführung geprägt ist und in der die Bürger ein Anrecht auf Rechen-schaftslegung der verantwortlichen Regierungen und ihrer Verwaltungen haben. Es wird zudem unterstrichen, dass in diesem Gefüge der Ombudsmann und vergleichbare Einrichtungen eine wichtige ausgleichende Funktion wahrnehmen.

Am Mittwoch, dem 1. November 2000 fanden die getrennten Sitzungen der 6 Regionen mit den Wahlen für den künftigen Vorstand des Internationalen Ombudsmann-Instituts statt.

Gewählt wurden für Region Europa:

Frau Kerstin André (Schweden)
Herr Hermann Wuyts (Belgien)
Herr Bernard Stasi (Frankreich) und
Frau Katalin Gönczöl (Ungarn)

Als regionaler Vizepräsident der Region Europa wurde unter den vier Mitgliedern des Vorstandes Herr Hermann Wuyts (Belgien) gewählt, der sich gegen Herrn Bernard Stasi (Frankreich) durchsetzen konnte.

Am Donnerstag, den 2. November 2000 fand die Hauptversammlung der stimmberechtigten Mitglieder des Internationalen Ombudsmann-Instituts statt. Der Präsident des IOI Sir Brian Elwood (Ombudsmann von Neuseeland) erstattete Bericht über die Arbeit der letzten 4 Jahre und die Entwicklung der Mitgliederzahl. Vor 1992 hätten dem IOI 60 stimmberechtigte Mitglieder angehört. 1996 waren es 132, nunmehr im Jahr 2000 sind es 240 Mitglieder. Dabei machte Sir Elwood darauf aufmerksam, dass viele und auch große Länder dennoch bisher keinen Ombudsmann oder eine vergleichbare Einrichtung wie Petitionsausschüsse in der Bundesrepublik Deutschland zur Wahrung der Bürgerrechte eingesetzt haben. Es folgten Berichte zur Rechnungsprüfung, Haushaltslage und den verschiedenen Veröffentlichungen des Instituts. Der Präsident des IOI sprach ferner über die möglichen Beziehungen des IOI zu den Vereinten Nationen und erläuterte insbesondere den Sachstand der Bemühungen des IOI zur Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen in Menschenrechtsfragen. In der Diskussion wurden die Schwierigkeiten des IOI deutlich, als unabhängige Organisation mit einem Zusammenschluss von Regierungen, die die Vereinten Nationen darstellen, zu kooperieren. Allen Mitgliedern, die - wie der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages - dabei dem IOI Hilfestellung zugesagt haben, wurde gedankt.

Die Mitgliederversammlung befasste sich ausführlich mit dem Entwurf einer Überarbeitung der Satzung des IOI und begrüßte grundsätzlich die darin vorgeschlagenen Änderungen am Profil des Vereins, der innerhalb weniger Jahre seine Mitgliederzahl mehr als vervierfachen konnte. Aus Sicht der Delegation des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages wäre es zu begrüßen, wenn die erfolgreiche Arbeit des IOI auch in Deutschland stärker wahrgenommen würde und weitere Petitionsausschüsse, Bürgerbeauftragte sowie interessierte Privatpersonen Mitglieder im IOI werden würden, um Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich des deutschen Petitionswesens und der Menschenrechtsarbeit in das IOI einzubringen.

Die Mitgliederversammlung stimmte dem Vorschlag zu, künftig die Berichte des Präsidenten und der regionalen Vizepräsidenten als offizielle Dokumente des IOI anzuerkennen und in die offiziellen Arbeitssprachen des IOI (Englisch, Französisch, Spanisch) übersetzen zu lassen und hierfür die erforderlichen Finanzmittel bereitzustellen.

Ebenso wurden die Vorschläge angenommen, dass sich das Sekretariat verstärkt um die Aktivitäten des IOI im Bereich Inhaftierter kümmert und ein neuer Ausschuss des Vorstands geschaffen wird, der sich konstitutioneller und institutioneller Probleme einzelner Mitglieder annehmen soll.

Nach Ansicht der Teilnehmer des Petitionsausschusses war es wichtig, dass gerade auch Vertreter eines etablierten parlamentarischen Systems, das die Wahrung von Bürgerrechten zum Ziel hat, mit der Teilnahme an einer solchen Konferenz Funktionsträgern weltweit, die zum Schutz von Menschen- und Bürgerrechten tätig sind, die Zusammenarbeit anboten und vorhandene Kontakte vertieften.

Der ausführliche Reisebericht ist zusammen mit Bildern der Tagung und der Schlusserklärung auf der Internet-Seite des Deutschen Bundestages www.bundestag.de/ftp/9000500.html#petition abrufbar.

Im November 2000 empfing der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages eine dreiköpfige Delegation der Schlichtungskommission Indonesiens, die die Aufgaben einer Ombudsmann-Einrichtung wahrnimmt. Die Delegation wurde geleitet vom Vorsitzenden der Schlichtungskommission und Chefombudsmann, Herrn Antonius Sujata. Die Delegation ließ sich ausführlich die Arbeit und Organisation des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages erläutern. Besonderes Interesse zeigte die Delegation darüber hinaus für die Maßnahmen zur Vorsorge gegen Korruption in der Verwaltung des Deutschen Bundestages. Daneben stand auch der Meinungsaustausch über die Arbeit der indonesischen Schlichtungskommission im Vordergrund.

Die Delegation berichtete, dass die indonesische Schlichtungskommission im März 2000 durch den indonesischen Präsidenten Wahid mittels Präsidialdekret geschaffen wurde. Vor dem Hintergrund weitverbreiteter Korruption bei der Rechtsprechung in Indonesien solle ihre Tätigkeit dazu beitragen, zu mehr Rechtsfrieden und Vertrauen der Bevölkerung in das politische Staatswesen Indonesiens zu führen. Unter anderem bildeten aus der Bevölkerung vorgebrachte Fälle von Korruption im Justizwesen und Fälle von Amtsmissbrauch durch Angehörige des öffentlichen Dienstes einen Aufgabenschwerpunkt. Derartige Fälle sollen öffentlich gemacht und durch Transparenz Druck auf die kritisierten Stellen ausgeübt werden. Die Kompetenzen der Schlichtungskommission seien bisher begrenzt. Gemäß dem Dekret könne die Kommission, die von zirka 15 Mitarbeitern unterstützt werde, dem Staatspräsidenten nur Empfehlungen aussprechen und solle ansonsten Koordinierungsfunktionen zwischen der Regierung, gesellschaftlichen Gruppen, Nicht-Regierungs-Organisationen, Universitäten usw. herstellen.

Ein eigenes Gesetz mit möglicherweise erweiterten Kompetenzen sei in Vorbereitung.

Die Schlichtungskommission bestehe zur Zeit aus einem Vorsitzenden, einem Stellvertreter - beide ehemalige Mitglieder der indonesischen Generalstaatsanwaltschaft - sowie sechs weiteren Mitgliedern. Die materielle und personelle Ausstattung wurde von der Delegation selbst als leider völlig unzureichend bezeichnet.

Eine Führung durch das Reichstagsgebäude und ein Kurzbesuch im Auswärtigen Amt, bei dem über die bilateralen Beziehungen und die Rolle Indonesiens im südostasiatischen Raum konferiert wurde, rundeten den Aufenthalt ab.

Wie auch in den Vorjahren konnte der Petitionsausschuss im Rahmen von Informationsprogrammen, die von den politischen Stiftungen und der Bundestagsverwaltung durchgeführt wurden, interessierten Gästen aus Russland, Bulgarien, Mittelamerika und Südafrika ausführlich über seine Arbeit berichten.

Als Mitglied im Vorstand des Europäischen Ombudsmann-Instituts (EOI) nahm die Vorsitzende an den Vorstandssitzungen teil, die im Frühjahr 2000 in Aosta/Italien und zur Jahresmitte sowie im September 2000 in Barcelona/Spanien stattfanden. Bei diesen Sitzungen ging es unter anderem um eine Überarbeitung der Satzung des in Vereinsform geführten Instituts, das den Zweck verfolgt, Fragen des Ombudsmann- und Petitionswesens wissenschaftlich zu behandeln und Forschung auf diesem Gebiet zu betreiben, die Ombudsmann-Idee zu verbreiten und zu fördern, sowie die in diesem Zusammenhang aktiven Mitglieder mit Mandat zu unterstützen und ihre Zusammenarbeit zu fördern.

Im Übrigen arbeitete die Vorsitzende kontinuierlich und intensiv sowohl mit den im Europäischen Ombudsmann-Institut als auch im Internationalen Ombudsmann-Institut vertretenen Organen und Institutionen zusammen.

6. Öffentlichkeitsarbeit

Anlässlich der Übergabe des Tätigkeitsberichts für das Jahr 1999 fand im Juni 2000 eine Pressekonferenz statt, in der die Vorsitzende begleitet von den Obleuten der Fraktionen den Vertretern von Presse, Rundfunk und Fernsehen im Rahmen der Bundes-Pressekonferenz e.V., Berlin Rede und Antwort stand. In weiteren Pressekonferenzen im September und November des Berichtsjahres wurde über aktuelle Fragen und Entwicklungen des Petitionswesens berichtet.

Im Berichtszeitraum erschien eine CD-ROM, die unter dem Titel "Bundestag Magazin 2/2000", über die Mitglieder, die Arbeitsweise und die Organisation des Petitionsausschusses ausführlich berichtet und mit zahlreichen Bildern und Videosequenzen für jedermann veranschaulicht.

Darüber hinaus wurden die im Internet über den Petitionsausschuss eingestellten Informationen überarbeitet und der Bericht des Petitionsausschusses über seine Tätigkeit im Jahre 1999 sowie die Beratung in der 109. Sitzung des Deutschen Bundestages in die Homepage integriert.

Ein besonderes Augenmerk widmete der Petitionsausschuss der einmaligen Gelegenheit, im Rahmen der vom 23. bis 27. August 2000 vor und im Reichstag stattfindenden "Tage der Ein- und Ausblicke" seine Mitglieder, die Arbeitsweise und Organisation des Petitionsausschusses umfassend darzustellen und den interessierten Bürgerinnen und Bürgern unmittelbar und persönlich zu Informationen zur Verfügung zu stehen.


Quelle: http://www.bundestag.de/parlament/gremien15/a02/jahresberichte/jahresbericht_2000/
Seitenanfang [TOP]
Druckversion Druckversion
AKTUELLES