Erklärung von Berlin
Die Mitglieder der Konferenz der parlamentarischen Ausschüsse für die Chancengleichheit von Frauen und Männern der Europäischen Union und des Europäischen Parlamentes erklären im Rahmen ihrer vierten Jahreskonferenz am 17. und 18. November in Berlin folgendes:
I. Weiterführung des Netzwerks
Das Netzwerk der parlamentarischen Ausschüsse für die Chancengleichheit von Frauen und Männern der Europäischen Union und des Europäischen Parlamentes hat sich in den vergangenen 4 Jahren unter dem Dach des vierten EU-Aktionsprogramms bewährt. Die weitere Arbeit des Netzwerkes ist nicht nur notwendig, sondern soll innerhalb der Rahmenstrategie der Gemeinschaft (Dokument: Für eine Rahmenstrategie der Gemeinschaft zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern (2001 - 2005) - Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über das Programm zur Unterstützung der Rahmenstrategie der Gemeinschaft für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2001 - 2005) KOM.-Nr. (00) 335 endg. (RD-Nr.08638/00) - intensiviert und institutionalisiert werden.
Dabei wird über die bisherigen Teilnehmer hinaus die Gleichstellungskommission des Europarates und des EWR mit Beobachterstatus teilnehmen.
II. Ziele und Arbeitsweise
1. Ziele
Die Ausschüsse bekräftigen die in ihrer Geschäftsordnung vom 30.10.1998 festgelegten Ziele.
Das Netzwerk wird darüber hinaus das Forum der Gleichstellungsausschüsse der Parlamente der EU-Mitgliedsstaaten und des Europäischen Parlaments bilden und Motor für die Gleichstellungsimplementierung durch aktive Integrationspolitik und positive Aktionen zugunsten der Gleichstellung von Frauen und Männern sein.
Im Einzelnen wird das Netzwerk insbesondere folgende weiteren Ziele verfolgen:
- Förderung der Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Parlamentsausschüssen aus allen EU-Ländern, dem Europäischen Parlament, den EU-Beitrittsländern und dem EWR
- Verfolgen der Arbeitsprogramme von Kommission und Rat und Einflussnahme auf politische Entscheidungen von gleichstellungspolitischer Relevanz;
- Entwicklung eigener Institutionen zur Frauenförderung, wenn dieses mehrheitlich beschlossen wird;
- Entwicklung gemeinsamer Strategien zur Umsetzung einer Politik von Gender Mainstreaming und Frauenförderung sowie Einflussnahme auf Entscheidungen z.B. Regierungskonferenzen;
- Kommunikation und Informationsaustausch zwischen den Parlamentsausschüssen;
- Förderung einer gemeinsamen Kommunikationsstrategie und Arbeitsstrategie;
- Beratungen über Themen von gemeinsamem und europäischem Interesse;
- Genaue Verfolgung der Politik auf dem Gebiet der Chancengleichheit innerhalb der Europäischen Union;
- Förderung der Entwicklung der Gleichstellungspolitik in den Parlamenten, so dass die europäische Dimension in die Politik der nationalen Ausschüsse integriert und die Rolle der nationalen Ausschüsse auf europäischer Ebene gewürdigt wird;
- Durchführung quantitativer und qualitativer Forschungsarbeiten über die Rolle und Aktivitäten der für Gleichstellungsfragen zuständigen Parlamentsausschüsse, um auf wissenschaftlicher Grundlage die Aufgabe dieser Organe und die Auswirkung ihrer Arbeit zu bewerten;
- Aktivitäten in den einzelnen Mitgliedsstaaten anzustoßen, um die tatsächliche Umsetzung von gender-mainstreaming in den Politiken der einzelnen Mitgliedsstaaten zu beschleunigen;
- Auswertung der Umsetzung des Amsterdamer Vertrages, besonders in den gleichstellungspolitisch relevanten Bereichen Art. 2, 3.2, 12, 13, 137.1, 141 in den Mitgliedsstaaten;
- Gegenseitige Unterstützung, vor allem in den EU-Beitrittsländern, gender-mainstreaming als politische Praxis einzuführen; und das Prinzip der Gleichstellung von Frauen und Männer durch paritätische Besetzung der Entscheidungsgremien zu befördern;
- Entwicklung und Evaluierung der für ein wirkungsvolles Gender Mainstreaming erforderlichen Kriterien, darunter vor allem Mindeststandards von zur Verfügung zu stellenden Infrastrukturen und Mindesterfordernisse an Qualifikationen von GenderexpertInnen
- Ergreifen geeigneter vorbeugender Maßnahmen zur Vermeidung besonderer Gefahren durch Doppelbelastung entstehend aus Arbeit und Familie
2. Arbeitsweise
Die bisherige Arbeitsweise soll grundsätzlich beibehalten werden.
Die Mitglieder des Netzwerkes wollen darüber hinaus Strukturen schaffen, die eine größere Kontinuität der Arbeit des Netzwerkes ermöglichen.
Zur Klärung der Frage, wie solche Strukturen beschaffen sein sollten - ob zum Beispiel und mit welchen konkreten Aufgaben ein ständiges Sekretariat geschaffen werden soll und wie dies zu finanzieren wäre - wird eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die aus folgenden Mitgliedern bestehen soll:
- Eine Vertreterin der ehemaligen Präsidentschaft (Spanien)
- Eine Vertreterin der aktuellen Präsidentschaft (Deutschland)
- Eine Vertreterin der künftigen Präsidentschaft
- Eine Vertreterin des Europäischen Parlaments
Die Arbeitsgruppe wird beauftragt, hierzu bis Ende des ersten Quartals 2001 einen Vorschlag zu entwickeln und den anderen Mitgliedsländern zur Zustimmung vorzulegen.
III. Forderungen
- Die Regierungen der Mitgliedstaaten der EU werden aufgefordert, die o.g. Rahmenstrategie zu verwirklichen und dafür zu sorgen, dass die notwendigen Finanzmittel - auch für die Schaffung eines permanenten Sekretariats - bereitgestellt werden.
- Ferner werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, sich dafür
einzusetzen, die im Rahmen der Sondergeneralversammlung der
Vereinten Nationen "Peking+5" vereinbarten Ziele zu verwirklichen,
insbesondere die folgenden Ziele:
- Verstärkte Repräsentation von Frauen in Entscheidungsprozessen
- Verstärkte Teilnahme von Frauen in den Bereichen Konfliktlösung und Friedensschaffung
- Praktische Umsetzung des Prinzips "Gleicher Lohn für Gleiche Arbeit" und finanzielle Aufwertung der Frauenberufe
- Beendigung der Gewalt gegen Frauen und Kinder
- Beendigung des Frauenhandels
- Gleiche Beteiligung von Frauen in den Bereichen Neue Technologien und Information
- Verringerung des Abstands zwischen den Geschlechtern in den
Bereichen Arbeitsmarkt, Arbeitslosigkeit, Löhne und
Segregation um 50 % bis 2004
- Den Empfehlungen der vorgelegten Expertise
"Berufsfindungsprozesse weiblicher Jugendlicher und Junger Frauen"
folgend, erklären die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
folgendes:
- Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fordern die Parlamente und Regierungen ihrer Länder auf, Maßnahmen zu ergreifen, die den Zugang zu zukunftsträchtigen Berufen für junge Frauen - nicht nur im technischen Bereich - fördern
- Im Sinne von Gender Mainstreaming müssen Programme und Maßnahmen zur Verbesserung der Chancen von Mädchen und Frauen in Ausbildung und Beruf zur Selbstverständlichkeit werden und nicht als Sonderprogramm zum Defizitausgleich gesehen werden
- In den Ländern der EU muß mehr gezielte Forschung über die Entscheidungsgründe von Mädchen und jungen Frauen betrieben werden, um eine gesicherte Grundlage für politische Entscheidungen zu erhalten. Notwendig sind Evaluation und breite Umsetzung der Maßnahmen und Modellprogramme
Berlin, den 18.November 2000