AUSSCHUSS FÜR KULTUR UND MEDIEN Sprecher der Gedenkstätten gegen ein HolocaustMuseum(ku) Die Bundestagsdebatte über ein Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin sollte genutzt werden, um ein grundsätzliches Zeichen im Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit zu setzen. Dazu riefen Professor Reinhard Rürup von der Stiftung "Topographie des Terrors" und Johannes Tuchel von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand den Ausschuß für Kultur und Medien am 20. April auf. In der ersten öffentlichen Ausschußsitzung im umgebauten Reichstagsgebäude in Berlin hörten die Abgeordneten die Vertreter von Gedenkstätten, Vereinigungen und Institutionen. Für Rürup muß die Frage geklärt werden, ob in Berlin ein Denkmal für die Opfer des Holocaust oder ein Mahnort, der an die Verbrechen der Deutschen erinnert, entstehen soll. Er plädierte für ein HolocaustMahnmal, das an die Verbrechen erinnert. Den Vorschlag, das Denkmal mit einem "Museumskomplex" zu verbinden, lehnte er dagegen ab. Die Entscheidung für ein Museum wäre eine Entscheidung gegen die gewachsene Museumskultur in Deutschland und gegen die bisherige Politik, an den konkreten Orten zu gedenken. Nicht nur Erinnerungsorte Tuchel sagte, die bestehenden Gedenkstätten seien nicht mehr nur Erinnerungsorte. Dies verlange, die Erinnerungsarbeit stärker mit politischer Bildung und Forschungsaufgaben zu verknüpfen. Die Entscheidung des Bundestages für ein zentrales Mahnmal mache die Unterstützung der vorhandenen Gedenkstätten erforderlich. Über bestehende Erinnerungsorte in Berlin sollte informiert werden, so Tuchel. Peter Jahn vom DeutschRussischen Museum äußerte sich gegen ein Museum mit Dokumentation und Bibliothek, befürwortete jedoch ein damit verbundenes Gebäude, um den Besuchern "einiges über unsere Zweifel und Bauchschmerzen" mitzuteilen. Auch Günter Morsch von der Gedenkstätte und dem Museum in Sachsenhausen wandte sich dagegen, eine Art "Haus der Geschichte" beim Denkmal entstehen zu lassen. Volkhard Knigge von der Arbeitsgemeinschaft der KZGedenkstätten betonte, der Bau des HolocaustDenkmals müsse sich von der bisherigen Tradition im Umgang mit historischen Gedenkstätten unterscheiden. Aus der lebendigen Erinnerung müsse so etwas wie ein kulturelles Gedächtnis werden. Dies beziehe auch Wissensvermittlung mit ein. Denkmale sind nach Aussage Knigges politische Symbole, in denen formuliert wird, was Teil des kollektiven Gedächtnisses sein soll. Ein solches Symbol würde die Arbeit der Gedenkstätten unterstützen. Nach Einschätzung Knigges würde es keinen Sinn machen, "künstliche authentische Orte" zu bauen. Es läge nahe, ein Denkmal zu errichten, das ästhetisch vor allem die Tat in Erinnerung halten soll. Ein weiteres "Friedhofsdenkmal" könne es nicht sein. Der frühere SPDBundestagsabgeordnete Siegfried Vergin sprach sich für eine Parlamentsentscheidung zugunsten des EisenmanIIEntwurfs (Stelenfeld) aus. Am vorgeschlagenen Standort zwischen Regierungsviertel und Potsdamer Platz werde eine "symbolische Leere" sichtbar, so Vergin. Der Entwurf sei nicht von Monumentalität geprägt und ermögliche stilles Gedenken. "Überzogene Ansprüche" Rainer Klemke von der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur äußerte Bedenken gegen das Vorhaben, das Denkmal mit einem HolocaustMuseum zu verbinden. Die "Hinterlassenschaften des NSRegimes" brauchten in Berlin nicht "musealisiert" zu werden. Für Professor Bernd Faulenbach von der historischen Kommission des SPDVorstands hat die Anhörung gezeigt, daß die Frage des Denkmals mit der Gedenkstättenkultur verknüpft werden sollte. Die vorhandenen Gedenkstätten sollten stärker gefördert werden. Zum Teil würden überzogene Ansprüche an das Denkmal erhoben, sagte Faulenbach. Nach seiner Meinung sollte es ein unübersehbares Zeichen sein, daß sich "unsere Demokratie" an den Judenmord und die NSTaten erinnern will. Nicht zwingend sei ein neues großes "Haus der Erinnerung". Es würde mit vorhandenen Gedenkstätten sowohl um Besucher als auch um Mittel konkurrieren. |