Online-Konferenz
GASP
Online-Konferenz mit Prof. Dr. Meyer zu den Themen:
"Die Institutionen der EU" und "Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)""
Name | Land | Frage | Antwort |
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Annette Klare | Sollte Joschka Fischer europäischer Außenminister werden? | Joschka Fischer wäre ohne Zweifel eine hervorragende Besetzung für diesen Posten. Es gibt ihn aber noch nicht. Im Anschluss an den Verfassungskonvent beraten darüber die Staats- und Regierungschefs, und zwar abschließend auf der Regierungskonferenz. Diese ist wahrscheinlich im Dezember 2003 in Rom. | |
Volker Schmidt | Sind Sie für einen Superpräsidenten des Europäischen Rates? | Nein. Das Gleichgewicht im Kräftedreieck Europäisches Parlament - Kommission - Rat darf nicht gestört werden. Ein künftiger Ratspräsident mit längerer Amtszeit als gegenwärtig sollte nicht zum Gegenspieler des Kommissionspräsidenten werden. Dazu gehört u.a. eine genaue Jobbeschreibung, die beiden unterschiedliche Aufgaben zuweist. | |
Igor Konovalov | Russland | Haben Sie keine Angst, dass die Einrichtung neuer Organe zur weiteren Buerokratisierung der EU fuehren wird? | Die Zahl der Organe und Gremien der EU sollte verringert und nicht vermehrt werden. Europa muss für die Bürgerinnen und Bürger verständlicher werden als derzeit. Deshalb bedarf jeder Vorschlag für die Einrichtung neuer Organe einer besonders kritischen Prüfung. |
Kerstin Weiler | Valery Giscard d`Estaing hat einen Kongress vorgeschlagen. Wird dieser kommen? | Nein, ein neues Gremium ohne klare Aufgabenstellung wird von fast allen Delegierten abgelehnt, zumal der Vorschlag von Präsident Giscard zu einer Vermischung der Ebenen der nationalen Parlamente und des EP führen würde. | |
Sonja Feldmann | Wie viele Kommissare sind sinnvoll, damit die Kommission effizient arbeiten kann? | Die Zahl sollte sich danach richten, wieviele Ressors sinnvoll sind, nach meiner Einschätzung deutlich weniger als 15. Nach dem Vertrag von Nizza wird allerdings zunächst jeder Mitgliedstaat nach der Europawahl 2004 je einen Kommissar erhalten. Nach meiner Auffassung sollte aber spätestens nach der Wahl 2009 der Kommissionspräsident über diese Frage entscheiden können. Das entspricht der guten Praxis in den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Zusammensetzung des Kabinetts durch den Regierungschef. In der Verfassung muss das nicht geregelt werden. | |
Detlef Meyer | Wie stimmen kleine und grosse Staaten bei der Institutionenreform überein? | Meinungsverschiedenheiten im Konvent verlaufen in aller Regel nicht nach dem Muster kleine gegen große Staaten. In Ausnahmefällen, so etwa in der Debatte über den "Superpräsidenten" müssen die großen Staaten auf die kleineren Staaten Rücksicht nehmen. Das gelingt im Konvent bisher ganz gut. | |
Sandra Sokocevic | Ungarn | Sollte sich EU,ihrer Meinung nach,nach einem Modell der parlamentarischen oder präsidentieller Demokratie weiter entwickeln? | Nach dem Muster der parlamentarischen Demokratie insofern, als das Europäische Parlament gestärkt werden sollte. Im Verfassungsentwurf, der dem Europäischen Rat am 20.6.03 vorgelegt werden wird, wird z.B. die grundsätzliche Mitentscheidung des EP über alle Gesetze, volles Haushaltsrecht des EP und die Wahl des Kommissionspräsidenten durch das EP vorgesehen werden. |
Detlef Meyer | Gehen Sie davon aus, dass die dritte Säule vergemeinschaftet wird? | Ja, allerdings mit bestimmten Besonderheiten für einige wenige Entscheidungsverfahren. So bedauere ich sehr, dass der Europäische Staatsanwalt wohl nur durch einstimmigen Beschluss des Rates wird eingeführt werden können. | |
Verena und Anja | Wie stellen Sie sich die Einbindung der nationalen Parlamente in das institutionelle Gefüge der EU in der Zukunft vor? | Die nationalen Parlamente werden durch die Kommission vor Einleitung des Europäischen Gesetzgebungsverfahrens über jeden Gesetzesentwurf informiert. Sie können dagegen aus dem Gesichtspunkt der Subsidiarität Bedenken geltend machen (weil die betreffende Regelung "ausreichend" auf nationaler Ebene möglich ist). Wird den Bedenken nicht Rechnung getragen, bekommen die nationalen Parlamente ein Klagerecht zum Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Dieses Verfahren heißt "Frühwarnsystem". | |
Rene | Das Amt des europäischen Aussenministers halte ich für sinnvoll, wenn kein Superpräsident eingeführt wird. Eine "Leitperson" an der man sich orientieren kann, erhöht doch die greifbarkeit von Europa. Die Frage ist, ob dann nicht nur ein anderer Name für das selbe Machtpotential gewählt würde. | Der Konvent wird das Amt des Europäischen Außenministers im Verfassungsentwurf vorsehen. Ich unterstütze das. auch ich bin der Meinung, dass dieser Vorschlag nicht durch einen Superpräsidenten konterkariert werden darf, der die EU ebenfalls nach außen vertritt. | |
Ruediger Margull | Was schlagen Sie anstelle eines Superpraesidenten des Rates vor? | Einen Vorsitzenden des Rates, der die Entscheidungen des Europäischen Rates vorbereitet und leitet. Er erhält aber keinen eigenen Apparat, der sich zur Gegenmacht gegen die Kommission entwickeln könnte. Vielmehr wird er vom bereits bestehenden Generalsekretariat des Rates unterstützt. Außerdem sollte er entsprechend dem Vorschlag des Präsidiums von einem Kollegium beraten und kontrolliert werden, in dem im rotierenden System innerhalb von etwa 8 Jahren jeder Staats- oder Regierungschef Sitz und Stimme erhält. | |
Detlef Meyer | Gehen Sie von einer Einigung im Bereich der GASP bis zum Europäischen Rat am 20. Juni aus? | Ja. Das Präsidium des Konvents hat dazu Formulierungsvorschläge vorgelegt, die in der vergangenen Woche im Plenum des Konvents ganz überwiegende Zustimmung gefunden haben. Ganz wichtig ist aus meiner Sicht, dass strategische Grundentscheidungen über die gemeinsame Außenpolitik künftig mit Mehrheit getroffen werden können. Die Entscheidung wird nach außen vom Europäischen Außenminister vertreten, so dass die Union nach den bitteren Erfahrungen während der Irak-Krise künftig mit einer Stimme sprechen kann. | |
Hanni Schmidt | Was für Chancen sehen Sie in der europäischen Verfassung. | Der Verfassungsentwurf, auf den sich der Konvent bis zum 20. Juni verständigen wird, hat beste Chancen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass den notwendigen Kompromissen auch die 28 Regierungsvertreter zustimmen dürften. Entscheidend ist aber natürlich die Qualität des Entwurfes. | |
Sandra Sokocevic | Ungarn | Sind Sie für die Verfassung der EU oder sind Sie der Meinung die zwischenstaatliche Verträge reichen aus? | Ich bin ganz entschieden für die Verfassung, u.a. weil die Union nach der Erweiterung auf 25 Mitgliedstaaten sonst nicht handlungsfähig ist. Die Erweiterung ohne die Vertiefung durch die Verfassung würde die zentrifugalen Kräfte zu sehr verstärken. |
Detlef Meyer | Erwarten Sie eine Verlängerung des Konvents nach dem Gipfel und wann wären dann die Beratungen endgültig abgeschlossen? | Eine Verlängerung dürfte schon deshalb nicht sinnvoll sein, weil zwischen Konvent und Regierungskonferenz genügend Zeit für die Beratung durch die nationalen Parlamente und das EP sein muss. Deshalb muss der Konvent in den letzten Wochen notfalls im "Konklave-Verfahren" arbeiten, bis der "weiße Rauch" aufsteigt. In Europa passiert kaum etwas ohne Zeitdruck. | |
Sandra Sokocevic | Ungarn | Was sind, Ihrer Meinung nach, positive und negative Seiten des Eur.Parl.? | Positiv ist, dass das Europäische Parlament als Gemeinschaftsorgan für das weitere Zusammenwachsen Europas steht. Negativ ist bisher, dass es nicht genug zu sagen hat. Das muss durch die Verfassung geändert werden. |
Detlef Meyer | Erwarten Sie eine gemeinsame Asylpolitik in der EU? | Diese Aufgabe wird durch den Konvent nicht abschließend erledigt werden können. Nach meiner Überzeugung sollte es aber eine Annäherung der nationalen Asylrechte nicht zuletzt deshalb geben, weil das die Voraussetzung für die nicht zuletzt von Großbritannien und Deutschland immer wieder eingeforderte Lastenverteilung ist. | |
Dr. Günter Schmidt | An welcher Stelle sollte die Grundrechte-Charta integriert werden und sollte sie dabei noch einmal inhaltlich verändert werden ? | Die Grundrechtecharta gehört nach meiner Auffassung an die Spitze der Verfassung, weil so deutlich wird, dass die EU nicht zuletzt eine Wertegemeinschaft ist. Die Aufnahme der Charta in Teil II ist ein gerade noch hinnehmbarer Kompromiss. Inhaltliche Veränderungen sind abzulehnen, weil der zweite Konvent andere Aufgaben hat und die Qualität der Charta inzwischen in Europa und darüber hinaus anerkannt ist. | |
Corinna Mutter | Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass die EU Grundrechte-Charta rechtsverbindlich wird? | Das ist inzwischen gesichert. Es gibt nur noch eine sehr kleine Gruppe von Delegierten, welche die Charta in einem der Verfassung beigefügten Protokoll "verstecken" wollen. Das ist abzulehnen und würde außerdem an der Rechtsverbindlichkeit der Charta nichts ändern. | |
Reyhan Vogelmann | Baden-Württem- berg | Halten Sie eine europäische Armee für notwendig und wie wird sich das Verhältnis zu den USA dann verändern? | Es gibt gute Gründe für eine Europäische Eingreiftruppe, damit nicht in jedem Fall, in dem militärisches Eingreifen als ultima ratio erforderlich ist, die Hilfe z.B. der NATO in Anspruch genommen werden muss. In der Verfassung wird aber deutlich zu machen sein, dass der zivilen Konfliktvermeidung absoluter Vorrang gebührt. |
Henning vom Stein | Belgien | Hallo, this is HvS aus
Brüssel. Frage: Was ist vom Vorschlag der griechischen Präsidentschaft zu halten? Kriegen wir einen direkt gewählten Präsidenten der Europäischen Union? |
Nein. Der Vorschlag hat in der vergangenen Woche im Konventsplenum keine ausreichende Unterstützung gefunden. In fernerer Zukunft könnte man aber durchaus daran denken, die beiden Ämter des Ratsvorsitzenden und des Kommissionspräsidenten in einer Person zu vereinigen. So weit ist Europa heute allerdings noch nicht. |
Damien Lambert | Was halten Sie von einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, die in einer gemeinsamen europäischen Armee seinen Höhepunkt finden könnte? | In Ergänzung meiner vorherigen Antwort will ich auf meine Initiative im Verfassungskonvent hinweisen, dass in Zukunft Entscheidungen über eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit "superqualifizierter" Mehrheit getroffen werden sollten, also mit 75% der Mitgliedstaaten und der vertretenen Bevölkerung. Die vom Präsidium vorgeschlagene Einstimmigkeit bedeutet aus meiner Sicht Handlungsunfähigkeit. | |
Daniel Allnoch | Wird es ein gemeinsames Beschaffungswesen im Rahmen der ESVP geben.? | Es wird eine Rüstungsagentur geben, die dafür sorgt, dass größere Ausgaben, z.B. für die Anschaffung von Transportflugzeugen, möglichst nur einmal und nicht von jedem Mitgliedsland getätigt werden. | |
HvS | Belgien | Welche Alternativen zur Rotation der Präsidentschaften und dem Präsidenten auf Zeit gibt es denn eigentlich? | Die Alternative ist der auf 2 1/2 Jahre gewählte und einmal erneut wählbare Vorsitzende des Rates, der aber durch das vorhin erläuterte Gremium einer rotierenden Troika in der Spitze kontrolliert wird. Nur so ist nach meiner Auffassung ein Kompromiss mit den Anhängern der bisherigen Rotation erreichbar. |
Verena und Anja | Wie wird die zukünftige europäische Verfassung einen Kompetenzkatalog enthalten? | Ja. Es wird zwischen ausschließlichen Kompetenzen der EU, geteilten und unterstützenden Kompetenzen unterschieden werden. Wie insbesondere die geteilten Kompetenzen wahrgenommen werden können, wird in dem ganz wichtigen künftigen Teil III der Verfassung über die Politiken der Union geregelt werden. | |
HvS | Belgien | Werden die exekutiven Befugnisse der Kommission gestärkt. Werden die Komitees, in denen ja wohl auch nach Ratsschlüssel abgestimmt wurde, der Vergangenheit angehören? | Das alte Komitologieverfahren wird es nicht mehr geben. Die Kontrolle über die Ausführung der EU-Gesetze wird zwar ganz wesentlich bei der Kommission liegen. Allerdings muss ebenso anerkannt werden, dass die Ausführung in aller Regel Sache der Mitgliedstaaten ist. |
Cornelius Brökel- mann | Das Demokratiedefizit der EU ist weithin bekannt. Die Irakkrise hat gezeigt, daß auch in der Außenpolitik die Bürger "weiter sind" als ihre nationalen Vertreter in Brüssel. Sie fordern die Übernahme von globaler Verantwortung durch Europa statt nationalstaatlicher Egoismen. Wann wird die EU ihre erste "außenpolitische Doktrin" haben? | Der in der Frage enthaltenen Feststellung stimme ich im Wesentlichen zu, ohne dass es gleich zu "Doktrinen" kommen muss. | |
Corinna Mutter | Von vielen Seiten wird die Stärkung des EP gefordert - u.a. dadurch, dass das EP ein Initiativrecht erhalten soll. Aus welchen Gründen lehnt das EP für sich die Einführung eines Initiativrechts bisher ab? | Die für nationale Parlamentarier auf den ersten Blick überraschende Ablehnung eines Initiativrechts für das EP wird zweifach begründet: Erstens lehnen die Europaabgeordneten verständlicherweise die logische Konsequenz eines generellen Initiativrechtes des Rates ab, und zweitens haben die Europaabgeordneten offenbar gute Erfahrungen mit der Praxis gemacht, die Kommission zur Ergreifung bestimmter Initiativen aufzufordern. | |
Daniel Allnoch | Hallo Herr Meyer! Denken Sie,dass die Regionen in der Präambel genannt werden und ein Klagerecht erhalten? |
Ich erwarte, dass es ein Klagerecht des Ausschusses der Regionen zur Kontrolle der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips geben wird. In der Präambel der Grundrechtecharta wird bereits die nationale Regelung von "Regierung" auf "regionaler und lokaler Ebene" anerkannt, die es in etlichen Mitgliedstaaten gibt. | |
Dr. Günter Schmidt | Welche Zukunft sehen Sie für die WEU im Rahmen der Einigung über die GASP ? | Entscheidend ist aus meiner Sicht, dass die parlamentarische Kontrolle im Rahmen der EU nicht ersatzlos entfallen darf. Sie wird nach meiner Überzeugung zumindest mittelfristig durch das Europäische Parlament als Nachfolger der Parlamentarischen Versammlung der WEU wahrgenommen werden. | |
Hanni | Wird Integration durch die neue Sicherehitspolitk nicht eher verhindert? Es ist immer wieder zu lesen, dass sich Polen und die anderen Beitrittsländer übegangen fühlen. | Polen und die anderen Beitrittsländer arbeiten durch ihre Delegierten im Konvent sehr konstruktiv an den sich abzeichnenden Kompromissen mit. Die Erfahrungen während der Irak-Krise müssen nach der Auffassung des Konvents genutzt werden. Dem wird die künftige Verfassung nach meiner Überzeugung gerecht werden. | |
Henning vom Stein | Belgien | Was erwarten sie für die Parteilenlandschaft im Europäischen Parlament. Heute sind ca. 150 verschiedene politische Familien in 8 Fraktionen zusammengefasst. Entsprechen schwierig sind Abstimmungsprozesse und -linien. Wie wird das nach der Erweiterung aussehen? | Wie im Konvent werden nach meiner Einschätzung auch im künftigen EP die beiden großen politischen Familien der Sozialdemokraten und der Konservativen bzw. Christdemokraten das Sagen haben und die notwendigen Kompromisse aushandeln. |
Felicitas u. Lothar Limmer | D | Sind Sie der Überzeugung, dass die Staaten der Union in Bezug auf eine gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik in nächster Zukunft auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen sind? | Die Verfassung kann dafür nur die erforderlichen Instrumente (Europäischer Außenminister!) und Abstimmungsverfahren (Mehrheitsentscheidungen!) zur Verfügung stellen. Was daraus gemacht wird, fällt in die Verantwortung der Parlamente und der Regierungen auf nationaler und europäischer Ebene. Ich bin gedämpft optimistisch. |
Ruediger Margull | Ein Auslaufen des Euratom-Vertrages und die Schaffung eines Energie-Kapitels in der neuen Verfassung wird von Umweltverbaenden und von Wirtschaftsverbaenden der Erneuerbaren Energien gefordert. Wie stehen Sie dazu und fuer wie wahrscheinlich halten Sie eine Umsetzung dieser Forderung? | Ich halte persönlich diese Forderungen für berechtigt, nicht zuletzt, weil es eine parlamentarische Kontrolle der EURATOM-Gelder durch das EP geben sollte. Auch hier sollte mehr Demokratie gewagt werden. Bisher ist es allerdings nicht gelungen, die Delegierten aus Frankreich und Großbritannien zu überzeugen. | |
Frank Hillwig | Deutsch- land | Meinen Sie, der Konvent wird bis Sommer diesen Jahres fertig? Wenn nein, sollte er vertagt werden oder die Sommerpause zur Weiterarbeit genutzt werden? | Der Konvent muss und wird bis zum 20. Juni 03 fertig werden. |
HvS | Belgien | Die Kommissionspräsidenten haben doch eigentlich viel Zeit gehabt, dem Bürger näher zu kommen. Warum haben sie das nie so geschafft, wie das nationale Regierungschefs "aushalten" müssen??? | Das wird in Zukunft besser werden. Denn nach der künftigen Verfassung wird der Kommissionspräsident durch das EP gewählt. Er erhält konsequenterweise mehr Macht bei der Zusammenstellung der Kommission und durch eine Richtlinienkomptenez gegenüber den Kommissaren. Die beiden großen politischen Familien können durch Spitzenkandidaten bei der Europawahl der EU mehr als bisher Gesicht und Stimme geben. |
Frank Hillwig | Deutsch- land | Wie kann man Ihrer Meinung nach die EU und die Beteiligung am Konvent bürgernaher machen? | Der Konvent ist ein wichtiger Versuch, die EU demokratischer zu machen. Er tagt öffentlich und sucht den öffentlichen Diskurs nicht zuletzt durch Onlinechats. Künftige Verfassungsänderungen sollte es nur über einen neuen Konvent geben. |
Frank Hillwig | Deutsch- land | Halten Sie einen Religionsbezug in einer europäischen Verfassung für sinnvoll oder nicht? | Er ist in der Form sinnvoll, wie er durch die Präambel der Grundrechtecharta und das Kapitel "Demokratisches Leben" im Vorschlag des Präsidiums vorgesehen ist. Eine invocatio dei gibt es nur in drei von 15 Verfassungen der Mitgliedstaaten und in einer von 10 Verfassungen der Beitrittstaaten. Sie ist deshalb keine "gemeinsame Verfassungsüberlieferung", wie sie der Konvent zu beachten und zu respektieren hat. |
Katharina und Verena | Gab es im Konvent Diskussionen zum Konzept der nachhaltigen Entwicklung und zu welchen Ergebnissen führten sie? | Diese ist in der Präambel und im Text der Grundrechtecharta (Art. 37) ausdrücklich anerkannt und wird mit der Charta als Verfassungsbestandteil verbindlich werden. | |
Cornelius Brökel- mann | Sie sagen "Soweit ist Europa noch nicht". Was braucht es, das Europa einmal so weit ist? Einfach nur Zeit, wenn ja: wieviel? Oder ein einschneidendes Ereignes, welches keine andere Wahl läßt? | Einschneidende Ereignisse können gewiss notwendige Entwicklungen beschleunigen. So hat die Irak-Krise gezeigt, dass Europa ein politischer Zwerg ist, wenn es nicht mit einer Stimme spricht. Welches Ereignis die Überzeugung durchsetzen helfen kann, dass es eine durch Volkswahl gewählten Präsidenten der EU geben muss, lässt sich schwer vorhersagen. Langfristig wäre es wichtig, dass die Mitgliedsländer tatsächlich immer mehr zusammenwachsen. Ein "Europäisches Volk" gibt es nach Auffassung des Konvents bisher noch nicht. | |
Frank Hillwig | Deutsch- land | Wie sehen Sie das Problem, dass Deutschland als größter Nettozahler bald Polen als einen der größten zukünftigen Nehmerländer der EU unterstützt und gerade bei der GASP das Problem entsteht, dass Deutschland somit das Militär Polens finanziert? | Was Deutschland mitfinanziert, ist in erster Linie die notwendige grundlegende Umstrukturierung der polnischen Landwirtschaft. Vergessen Sie bitte nicht, dass Polen schon heute ein bedeutender Handelspartner für Deutschland ist. |
Daniel Allnoch | Hallo nochmal! Was bedeuetet das mit den größeren Anschaffungen durch eine Europäische Rüstungsbehörde für den Art. 296b? Zählen z.B. Bekleidung oder Helme künftig zu "wesentlichen Sicherheitsinteressen"? |
Mit der Frage nach Art. 296b kann ich im Sinne der Frage nichts anfangen. Zu den größeren Beschaffungen gehören nach dem bisherigen Informationsstand im Konvent nicht Helme oder Kleidungsstücke, sondern Waffengattungen oder militärische Ausrüstungen in ganz anderen finanziellen Dimensionen. Hier gibt es offenbar ein bisher nicht genutztes gewaltiges Einsparungspotential. | |
Eugen Füner | Man kann die These vertreten, dass alle Fortschritte bei der Integration Europas nur mit dem Wohlwollen der USA möglich waren. Zur Zeit scheint dieses Wohlwollen verschwunden zu sein. Die gegenwärtige Administration setzt mehr auf Unilateralismus als auf einen Partner Europa. Kann die Einigung Europas ohne die Unterstützung der USA Erfolg haben? | Nach meiner Überzeugung geht es mit den Worten von Gerhard Schröder nicht um weniger Amerika, sondern um mehr Europa, auch im Atlantischen Bündnis. Bei den Beratungen über die Europäische Verfassung gibt es keine Signale oder Einwirkungsversuche der USA. Die amerikanische Regierung ist klug genug, um zu erkennen, dass dies allein Sache der Europäer ist. | |
Ruediger Margull | Fuer wie wahrscheinlich halten Sie es, dass die Umweltintegration gemaess Art. 6 des jetzigen Vertrages in die neue Verfassung uebernommen wird? | Ich wiederhole meinen Hinweis auf die Grundrechtecharta, für deren Verbindlichkeit ich auch wegen des in der Frage genannten Anliegens gekämpft habe. Wie die Charta im Einzelnen zu verstehen ist, ergibt sich aus dem von mir herausgegebenen Kommentar (erschienen im April 2003), dem alle Einzelheiten zu entnehmen sind. | |
ador | nrw | wird die angesttebte GEMEINSAME AUSSENPOLITIK eine ethische Dimension bekommen, die institionell verankert ist? Es wäre doch eine Gelegenheit, den Modellcharakter des EU-Projekts sichtbar zu machen. Die EU steht doch für Art und Weise,wie man Feindschaften mit friedlichen und halbwegs zivilen Mittlen überwinden kann. Einheit in Vielfalt. | Ich erwarte, dass in den Art. 29 und 30 der künftigen Verfassung der Vorrang ziviler Konfliktsvermeidung zum Ausdruck kommt. Außerdem bin ich dafür, dass als Grundlage für die Ziele der Europäischen Außenpolitik die in der Charta formulierte Werteordnung betont wird. |
Daniel Allnoch | Nur zur INFO: Tschuldigung - ich meinte den Art 296 b des Vertrags von Nizza, der die Ausnahme sicherheitsrelevanter Güter von Wetteberwerbsregelungen im Ermessen des einzelnen Mitgtliedstaaten zuläßt. "jeder Mitgliedstaat kann die Maßnahmen ergreifen,die seines Erachtens für die Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich sind,soweit sie die Erzeugung von Waffen,Munition und Kriegsmaterial oder den Handel damit betreffen;diese Maßnahmen dürfen auf dem Gemeinsamen Markt die Wettbewerbsbedingungen hinsichtlich der nicht eigens für militärische Zwecke bestimmten Waren nicht beeinträchtigen." |
Diese Frage betrifft den künftigen Teil III der Verfassung (Politiken der EU). Sie ist bisher im Konvent nicht erörtert worden. Ich werde aber aus Anlass Ihrer Frage den insoweit für Ende Mai angekündigten Entwurf des Präsidiums kritisch prüfen. |
Quelle:
http://www.bundestag.de/dialog/Konferenzen/2003/eu_konvent_2_trans