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April 03/1999
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BREITE MEHRHEIT FÜR MILITÄRAKTION GEGEN JUGOSLAWIEN

Thierse: Morden im Kosovo schnell beenden ­ Grundgesetz deckt Einsatz

(aw) Als einen "ernsten Einschnitt" auch in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hat Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) am 25. März die Luftschläge der NATO gegen jugoslawische militärische Ziele bezeichnet. "Aber wir Europäer können und dürfen nicht weiter zusehen, wie im Kosovo eine Mehrheit der Bürger vertrieben, wie dort gemordet wird", so Thierse weiter. Der Bundestag stehe zu den Soldaten, die sich in einem Einsatz befänden, der durch das Grundgesetz und die Beschlüsse des Parlaments gedeckt sei.

Im Plenum zeigte sich am gleichen Tag ebenso wie bei der Debatte zu einer Regierungserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am 26. März, daß die große Mehrheit des Parlaments diesen Einsatz deutscher Streitkräfte unterstützt. Eine Minderheit aus PDS und einigen weiteren Abgeordneten lehnt hingegen das militärische Vorgehen gegen Jugoslawien ab.

Schröder betonte, die NATO sei zu den militärischen Maßnahmen gezwungen worden, um weitere schwere und systematische Verletzungen der Menschenrechte im Kosovo zu unterbinden und eine humanitäre Katastrophe dort zu verhindern. Man habe nichts unversucht gelassen, eine friedliche Lösung des Konfliktes zu erzielen. Der jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic habe aber sein eigenes Volk, die albanische Bevölkerungsmehrheit im Kosovo und die Staatengemeinschaft "ein ums andere Mal hintergangen".

Kanzler dankte Soldaten

Der Kanzler unterstrich, dies sei der erste Kampfeinsatz deutscher Soldaten seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Bundesregierung habe sich ihre Entscheidung nicht leicht gemacht. Schröder sprach den beteiligten Soldaten ein Wort des "aufrichtig empfundenen Dankes" aus. Milosevic sei aufgefordert, die Kämpfe im Kosovo sofort zu beenden und das Friedensabkommen zu unterzeichnen.

Im italienischen Piacenza stationierte ECR-Tornados der Bundeswehr.
Im italienischen Piacenza stationierte ECR-Tornados der Bundeswehr. Maschinen dieses Typs, die über eine spezielle Vorrichtung zum Aufspüren und Bekämpfen gegnerischer Radareinrichtungen verfügen, sind an den militärischen Aktionen gegen Jugoslawien beteiligt.

Für die CDU/CSU erklärte Wolfgang Schäuble, die Bundesregierung könne sich auf die Unterstützung der Union verlassen. Das Parlament habe bereits im Oktober vergangenen Jahres eine Entscheidung "von ungewöhnlich großer Verantwortung und Tragweite" getroffen, als es einen Einsatz bewaffneter NATO­Streitkräfte legitimiert habe, um eine humanitäre Katastrophe in der Krisenregion abzuwenden. Diese Entscheidung, so Schäuble, sei auf sicherer verfassungs­ und völkerrechtlicher Grundlage getroffen worden. Es gehe darum, Morden zu verhindern und zu helfen, den Frieden so rasch wie möglich wieder herzustellen. Der geschlossene Appell an den Aggressor müsse lauten: "Das Morden in Europa muß aufhören."

Außenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) wies den Vorwurf zurück, es werde von deutschem Boden aus eine Politik des Krieges betrieben. Zu verhindern sei vielmehr, so der Minister, daß sich in Europa eine Politik durchsetze, die bereit sei, über Leichen zu gehen. Angelika Beer (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte, sie wolle "eine gewisse Hilflosigkeit" nicht verhehlen. Die Mehrheit ihrer Fraktion gewähre der Bundesregierung volle Unterstützung. Für die F.D.P. unterstrich Wolfgang Gerhardt, im Kosovo gehe es um die Frage an freiheitlich verfaßte Gesellschaften, ob sie wegschauen wollten, wenn Menschen vertrieben oder umgebracht würden. An die Adresse der Minderheit, die auch unter Hinweis auf das Gewaltmonopol der Vereinten Nationen den Einsatz ablehnt, erklärte der Liberale, Weltordnungen, die nicht mehr in der Lage seien, Gewaltanwendung gegen Menschen zurückzudrängen, verlören an Legitimität. Dem Rechtsbrecher Milosevic jetzt nicht militärisch entgegenzutreten, hieße, nie mehr in der Lage zu sein, Rechtsbrechern entgegenzutreten. Demgegenüber bekräftigte für die PDS deren Fraktionsvorsitzender Gregor Gysi, es sei der falsche Weg, Rechtsbrechern seinerseits mit Rechtsbruch zu antworten. Die NATO habe sich mit ihrer Entscheidung von der Charta der Vereinten Nationen abgekoppelt. Der Bundestag lehnte allerdings mit überwältigender Mehrheit einen Antrag der PDS ( 14/669) ab, die Beteiligung der Bundeswehr an den NATO­Militäraktionen gegen Jugoslawien "unverzüglich zu unterbinden".

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9903/9903021
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