Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 19 / 03.05.2004
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Hartmut Hausmann

Europarat sieht in Belarus einen Polizeistaat und will Sanktionen

Scharfe Absage an Beitrittswunsch von Weißrussland

Dem Wunsch Weißrusslands (Belarus) auf Aufnahme in den Europarat oder zumindest auf Wiederherstellung des dem Land 1997 aberkannten Gaststatus´ hat die Parlamentarische Versammlung des Europarats am 28. April in Straßburg eine eindeutige Absage erteilt. In zwei Berichten über vier bekannte Personen, die 1999 und 2000 in Minsk verschwunden sind, und über die Unterdrückung der Medien wird scharfe Kritik an dem Regime des Präsidenten Lukaschenko geübt. Zugleich werden ranghohe Vertreter der Regierung von Weißrussland belastet. In den Entschließungen werden von den 45 Europaratsstaaten deshalb Sanktionen gegen Weißrussland gefordert.

Begleitet von Demonstrationen von Regimegegnern aus Belarus fand die Debatte im Beisein der Ehefrauen der verschwundenen Personen statt, wobei es sich um den früheren Innenminister, den ehemaligen Vizepräsidenten des Parlaments, einen Geschäftsmann und einen Kameramann eines russischen Fernsehsenders handelt. Es wurde berichtet, dass sich die Behörden in Minsk der Arbeit eines vom Europarat eingesetzten Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Vorwürfe, dass die Verschwundenen Opfer von politischen Hinrichtungen geworden sind, systematisch widersetzt haben. Als bezeichnend wird in dem Bericht von Christos Pourgourides (Zypern) darauf verwiesen, dass mit der eigenen Untersuchung in Weißrussland ausgerechnet der Generalstaatsanwalt beauftragt wurde, der selbst "der Urheberschaft schwerwiegender Verbrechen beschuldigt werde". Als Bestandsaufnahme heißt es deshalb in der Entschließung, die Grundrechte und Grundfreiheiten würden in Belarus systematisch mit dem einzigen Ziel verletzt, ein nicht-demokratisches Regime an der Macht zu halten. Das Regime von Präsident Lukaschenko gründe seine Existenz auf Repression, Einschüchterung und Angst.

Nicht weniger deutlich wird die Versammlung in ihrer zweiten Entschließung zur Verfolgung der Presse. Sie beklagt die systematische Belästigung und Einschüchterung von Journalisten, Redakteuren und Medien, die dem Präsidenten der Republik oder der Regierung von Belarus kritisch gegenüberstehen. Als rechtliche Grundlage dafür diene meist die Erteilung oder Widerrufung einer staatlichen Lizenz für die Printmedien. Diese dürfe es nach der Europäischen Menschenrechtskonvention gar nicht geben. Kaum geringer ist das Ausmaß der Kontrolle über die elektronischen Medien, insbesondere das öffentliche Fernsehen und den Rundfunk, die unter einem Präsidialerlass arbeiten. Insgesamt bleibe Belarus auch im Jahr 2004 ein Polizeistaat mit Bedingungen, die denen des Landes während der Sowjetära ähnelten. Alle Mitglied- und Beobachterstaaten des Europarates hätten die Pflicht, sich dafür einzusetzen, dass Belarus aufhöre, die letzte Diktatur in Europa zu sein. H. H.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.