Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 19 / 03.05.2004
Zur Druckversion .
Hartmut Hausmann

Zyperngriechen täuschten die EU

Erweiterungskommissar Verheugen

Die Hoffnung, die Erweiterung der EU am 1. Mai um zehn Staaten mit einem wiedervereinigten Zypern vollziehen zu können, ist durch die Ablehnung des UN-Friedensplans durch die griechisch-zypriotische Bevölkerung zerstört worden. Während die türkischsprachige Bevölkerung im Norden mit 65 Prozent der Stimmen den Plan unterstützte, gab es im Süden eine Dreiviertelmehrheit dagegen. Trotz des großen Bedauerns in Brüssel und der dadurch entstandenen Nachteile für beide Volksgruppen, erklärten Erweiterungskommissar Verheugen und der außenpolitische Beauftragte der EU, Solana, dass sich die EU weiter mit aller Kraft für eine Wiedervereinigung der Insel einsetzen werde. Auch werde die wirtschaftliche EU-Hilfe für den Norden fortgesetzt.

Die EU-Kommission hatte sich noch drei Tage vor den Volksabstimmungen auf Zypern am 24. April genötigt gesehen, in diplomatisch vollkommen unüblicher Weise eine kritische Stellungnahme zum Verhalten der Regierung in Nikosia abzugeben. Zugleich riefen das Europäische Parlament und die Kommission die Wähler ganz Zyperns auf, dem Friedensplan von UN-Generalsekretär Kofi Annan und damit der Wiedervereinigung der Mittelmeerinsel entgegen der Ablehnung durch den Präsidenten Zyperns zuzustimmen.

Der für die EU-Erweiterung zuständige EU-Kommissar Günter Verheugen sagte in einer offiziellen Erklärung der Kommission vor den Europaabgeordneten, der zyprische Präsident Tassos Papadopoulos habe völlig überraschend eine fundamentale Blockade gegen eine Friedenslösung aufgebaut. Als die EU 1999 in Helsinki beschlossen habe, Zypern notfalls auch ohne vorherige Einigung aufzunehmen, sei dies im Einklang mit der ausdrücklichen Selbstverpflichtung von Regierung und Präsident der Republik Zypern geschehen, dass die zyprische Regierung alles für eine Friedenslösung tun werde und eine Lösung zumindest nicht blockieren wolle. Nachdem die türkische Seite - nicht zuletzt auf Druck der EU - auf den Friedensplan eingeschwenkt sei, fühle er, Verheugen, sich durch die Regierung in Nikosia getäuscht. Im Namen der Kommission forderte er die Regierung Papadopoulos auf, wenigstens eine faire Informationsfreiheit zu gewährleisten und in den Medien auch die Befürworter der Friedenslösung gleichberechtigt zu Wort kommen zu lassen. Das Parlament vertritt die Auffassung, dass die schrittweise Entmilitarisierung der Insel die Versöhnung der griechischen und türkischen Volksgruppe erleichtern würde. Schwierigkeiten, wie die Rückgabe von Vermögen und die Wiederansiedlung der Flüchtlinge von 1974, könnten mit Unterstützung der EU überwunden werden. H. H.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.