Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 23-24 / 01.06.2004
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Über die Anwendung neu nachdenken

Christa Randzio-Plath zum EU-Stabilitätspakt
Finanzen. Im Europäischen Parlament gibt es derzeit keine Bewegung, den Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt abzuschaffen. Dies betonte die Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Währung des Europaparlaments, Christa Randzio-Plath (SPD), am 26. Mai im Finanzausschuss. Der Ausschuss hatte die Europapolitikerin eingeladen, um mit ihr über Finanzmarktthemen in der EU zu sprechen. Es gibt nach den Worten Randzio-Plaths jedoch eine Debatte darüber, wie der Stabilitäts- und Wachstumspakt künftig angewendet werden soll.

Ausgeglichene Haushalte nützten nichts, wenn die Arbeitslosenzahl in der EU noch höher wären als jetzt mit 19 Millionen. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt müsse als ein Instrument neben anderen in der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion gesehen werden, und es müsse um seine praktische Handhabung gehen, sagte die Politikerin. Die EU befinde sich in einer Phase der Schwäche im Vergleich mit anderen Weltregionen. Es gehe darum, Wachstum zu erzeugen, auch über die Binnennachfrage, und Investitionen zu finanzieren, und zwar nicht nur öffentliche, sondern auch private Investitionen. Ins-trumente wie die Europäische Investitionsbank müssten genutzt werden für öffentlich-private Partnerschaften bei der Finanzierung von Investitionen.

Sie betonte, es komme nicht nur auf das Haushaltsdefizit an, sondern auch der Stand der Verschuldung insgesamt müsse in die Überlegungen einbezogen werden. Das Verhältnis von Investitionen und Haushaltsdefiziten müsse zusammen gesehen werden, so die Europaparlamentarierin. Sechs Staaten hätten inzwischen ein Problem mit den Vorgaben des Stabilitätspakts. Die Mehrheit im Europaparlament sei dafür, den Pakt strikt einzuhalten. Eine stattliche Minderheit dringe jedoch auf eine andere Handhabung dieses Paktes. Die Debatte sei derzeit wegen der anstehenden Wahlen unterbrochen und werde wohl erst im kommenden Jahr wieder aufgenommen. Beunruhigt zeigte sie sich über Hinterziehung von Mehrwertsteuern in der EU, die eine Größenordnung von 130 bis 150 Millionen Euro jährlich erreicht hätte. Die Bekämpfung von Steuerhinterziehung sei in der EU bislang nicht koordiniert worden, bedauerte sie. Große Betrugsentwicklungen bei Verbrauchssteuern auf Autos, Auto-Ersatzteile, Zigaretten oder Medikamente würden mit der EU-Erweiterung noch zunehmen. Von einer Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung rede inzwischen niemand mehr in der EU, vielmehr gehe es nur noch um Koordinierung.

Randzio-Plath verwies darauf, dass die Spanne bei der Mehrwertsteuer zwischen 15 und 25 Prozent in den letzten 15 Jahren unverändert geblieben sei. Der Versuch, wenigstens beim ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu Annäherungen zu kommen, sei komplett gescheitert. Realistisch sei, sich über gleiche Definitionen zu einigen. Auch die Debatte über eine Mindestbesteuerung sei unterentwickelt, weil niemand dieses Thema gerne aufgreife. Auf EU-Ebene gebe es kein politisch gewolltes, gestaltetes Steuerrecht, sondern nur ein Richterrecht. Der Europäische Gerichtshof fordere die Politik auf, hier selber gestaltend tätig zu werden und dies nicht den Richtern zu überlassen. vom


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