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Nr. 28 / 05.07.2004
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Bundeskartellamt prüft neues Vertriebsmodell der Lufthansa

Präsident Böge im Tourismusausschuss

Tourismus. Das Bundeskartellamt prüft zur Zeit, ob die Änderung des Vertriebsmodells der Deutschen Lufthansa AG gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen verstößt. Dies berichtete der Präsident der Behörde, Ulf Böge, am 30. Juni im Ausschuss für Tourismus. Der Ausschuss hatte Böge geladen, um mit ihm über die wettbewerbliche Entwicklung in der Tourismusbranche und im Luftverkehrsmarkt zu sprechen.

Die Lufthansa habe den Reisebüros den Status als Handelsvertreter gekündigt mit der Folge, dass diese von der Lufthansa keine Provisionen mehr für die Vermittlung von Flugscheinen fordern können. Statt dessen könnten sie ihren Kunden ein Serviceentgelt berechnen. Mit dem Wegfall der Provisionen würden die Reisebüros ohne Vergütung arbeiten, sagte Böge.

Die Lufthansa habe geltend gemacht, ihre Gegenleistung bestehe darin, dass den Reisebüros mit der Vermittlung von Flugscheinen Geschäftschancen eröffnet würden. Die von der Lufthansa vorgeschlagenen Servicegebühren auf Flugscheine in Höhe von 30 Euro für Kontinental- und 45 Euro für Interkontinentalflüge würden de facto zu einer Preiserhöhung führen, so der Präsident. Für die Reisebüros werde es schwer sein, eine eigene Beratungsgebühr bei den Kunden durchzusetzen.

Dem Kartellamt habe die Lufthansa mitgeteilt, sie werde an ihrem "Nettopreismodell" festhalten. Seine Behörde werde auch prüfen, so Böge weiter, ob Vergünstigungen der Lufthansa an Reisebüroketten wegen Ungleichbehandlung kartellrechtlich relevant sind.

Böge begrüßte im Übrigen Billigpreisangebote im Luftverkehr, die allerdings nicht zur Verdrängung von Wettbewerbern führen dürften. Nur marktbeherrschende Unternehmen unterlägen kartellrechtlichen Einschränkungen, so genannte Low-Cost-Carrier seien in ihrer Preisgestaltung frei. Billigflüge über den Atlantik seien Zeichen für mehr Wettbewerber auch auf diesen Strecken.

Während in den Fragen der Abgeordneten an den Kartellamtspräsidenten das Engagement für die Interessen der kleinen und mittelständischen Reisebüros zum Ausdruck kam, unterstrich Böge, dass es keine Bestandsgarantie für ein Unternehmen im System der Vertragsfreiheit geben könne. Es sei nicht auszuschließen, dass aufgrund der Lufthansa-Strategie Unternehmen, auch in abhängiger Position, aus dem Markt ausscheiden. Die Umstellung des Provisionssystems allein stelle noch keinen kartellrechtlichen Tatbestand dar.

Der Ausschussvorsitzende Ernst Hinsken (CDU/CSU) fasste die Diskussion so zusammen, dass "der Größere den Kleineren am Leben lassen sollte". Beide Seiten sollten sich aufeinander zu bewegen, und es sollte wie früher ein "vernünftiges Nebeneinander" geben.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
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