Khalid Salman ist ein beliebter Geschäftspartner vieler arabischer Verleger auf der Buchmesse, an der in diesem Jahr 610 Verlage aus 25 Länder teilnahmen. Er kauft jedesmal dort ein und zahlt pünktlich seine Rechnungen. Ein weiterer gern gesehener Geschäftpartner ist der Vertreter der Buchhandlung Diwan. Die vor zwei Jahren eröffnete internationale Buchhandlung liegt im Stadtteil Zamalik. Sie beherbergt auch ein kleines Café, eine Musik- und ein Filmabteilung. Auch Vertreter von europäischen und amerikanischen Bibliotheken und Buchhandlungen kaufen auf der Buchmesse in Kairo ein.
Alle arabischen Buchmessen sind Verkaufsmessen. Da es kein funktionierendes Vertriebssystem für Bücher gibt, sind die Messen die einzige Möglichkeit, sich ein umfassendes Bild über Neuerscheinungen zu verschaffen, sich über lieferbare Titel zu informieren und Bestellungen aufzugeben. Der Verkauf von Lizenzen spielt immer noch eine untergeordnete Rolle. Raubdrucke und Raubübersetzungen sind auch bei renommierten Verlagen weit verbreitet.
Für das normale Publikum ist die Buchmesse eine Gelegenheit, Bücher zu ermäßigten Preisen einzukaufen. Die am meisten verkauften Titel sind religiöse Literatur: klassische Koraninterpretationen, Sammlungen der Aussprüche des Propheten Muhammad, Publikationen von Mode-Predigern, Bücher über Traumdeutung oder Ratgeber über gottgefälliges Eheleben und islamische Kindererziehung.
Auf allen arabischen Buchmessen wird Zensur ausgeübt. Sie hängt von der ideologischen Ausrichtung der Machthaber ab und von Rücksichten auf verschiedene politische und religiöse Kräfte. Manchmal ist die Zensur auch ganz willkürlich, wie jetzt in Kairo: Die offiziellen Vertreter der Messe verkündeten zwar, dass es dieses Mal keinen Eingriff in die Bücherauswahl der Verlage geben werde. Aber viele Verleger mussten feststellen, dass bei der Auslieferung ihrer Ware etliche Titel fehlten. Darunter fast alle Veröffentlichungen von Nasr Hamid Abu Zaid, "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" von Milan Kundera, "Die prophetische Persönlichkeit" von Maruf ar-Rasafi, ein Gedichtband von Mahmud Darwisch und Adonis.
Es handelt sich dabei teilweise um Titel, die auf dem ägyptischen Markt erhältlich sind. Die offiziellen Stellen leugnen nach wie vor, dass es sich um Zensur handelt. Der Arabische Verlegerverband fühlt sich nicht zuständig und setzt sich zum Ärger vieler Verleger nicht für die Interessen seiner Mitglieder ein. Er beteuert lediglich, dass er keine schriftlichen Beschwerden bekommen habe. Die staatliche Literaturzeitschrift "Akhabar al-Adab" vermutet eine Bücher-Mafia hinter den verschwundenen Titeln und macht sich Sorgen um das Bild Ägyptens im Ausland.
Das Problem ist - nach Meinung von Sayyid Mahmud, Feuilletonist bei der Wochenzeitschrift "al-Ahram al-Arabi" und bei "al-Hayat" -, dass niemand sagen kann, wer hinter den Zensurmaßnahmen steckt. Sind es Sicherheitsbehörden oder das Informationsministerium? Die Verleger bekommen keine Bescheinigung über ihre beschlagnahmten Bücher und haben somit nichts in den Händen, um rechtliche Schritte einzuleiten. Nun hoffen sie, dass ihre beschlagnahmten Bücher zurückgeschickt werden.
Bereits vor dem Start der diesjährigen Buchmesse in Kairo kursierte die Nachricht, dass es einen deutschen Schwerpunkt geben werde. Diese Ankündigung entpuppte sich als Falschmeldung, aber die Idee ist trotzdem nicht vom Tisch. Auf dem deutsch-arabischen Symposium "Erkenntnisse und Ausblick nach dem Gastauftritt der Arabischen Welt auf der Frankfurter Buchmesse", zu dem die Deutsche Welle und das Goethe-Institut eingeladen hatten, empfand Volker Neumann, Präsident der Frankfurter Buchmesse, die Idee als eine große Ehre. Um sie zu verwirklichen, brauche man allerdings viel Zeit und die Zusammenarbeit der verschiedenen in der Auswärtigen Kulturpolitik tätigen Institutionen. In den nächsten Monaten soll es zu einer endgültigen Klärung kommen.
Auf dem Symposium überboten sich deutsche und arabische Teilnehmer über den Auftritt der Arabischen Liga in Frankfurt mit Selbstlob; Kritiker kamen nicht zu Wort. So wurde auch nicht die Frage aufgeworfen nach dem Grund für das schwache Interesse der deutschen Verleger an der diesjährigen Kairoer Messe, wenn der arabische Schwerpunkt auf der Frankfurter Buchmesse tatsächlich ein Riesenerfolg war.
Die Antwort konnte man auf der Gesprächsrunde hören, zu der das Goethe-Institut, die Frankfurter Buchmesse und der ägyptische Verlegerverband eingeladen hatten. Die mangelnde Professionalität der arabischen Verleger ist das größte Problem. Was ist zum Beispiel der Sinn von 10.000 ausgestellten arabischen Büchern in Frankfurt, wenn die Verleger keine Informationen über die Titel in einer europäischen Sprache zur Verfügung stellen? Wie soll da Interesse bei nicht-arabischen Verlegern geweckt werden?
Ein weiteres Problem ist der arabische Buchmarkt. Die Auflagenhöhe liegt zwischen 1.000 und 2.000 Exemplaren für die gesamte arabische Welt bei einem durchschnittlichen Verkaufspreis zwischen vier und fünf US-Dollars. Aus ökonomischer Sicht ist dieser Markt für deutsche Verleger uninteressant.
Das Interesse arabischer Verlage an deutschsprachigen Titeln hält dagegen an. Erfreulich sind Neuerscheinungen aus dem Bereich der Kinderliteratur, "Der Regenbogenfisch" von Marcus Pfister oder Kästners "Konferenz der Tiere". Die arabische Übersetzung von Elfriede Jelineks "Die Klavierspielerin" wurde in Kairo vorgestellt. Auch "Simple Storys" von Ingo Schulze liegt nun auf Arabisch vor, - das Produkt einer Kooperation des Goethe Instituts mit dem staatlichen ägyptischen Supreme Council of Culture.
Vernehmbare Opposition
Das Rahmenprogramm der Buchmesse, dieses Jahr unter dem Titel "Auswirkungen der arabischen Renaissance und Chancen für Reformen", griff die laufende politische Debatte in Ägypten auf. Seit mehreren Monaten kämpfen verschiedene oppositionelle Kräfte und Nichtregierungsorganisationen dafür, die fünfte Amtszeit von Präsident Mubarak und die Vererbung des Amtes an seinen Sohn Gamal zu verhindern.
Die "Volkskampagne für Veränderung" und die "Ägyptische Bewegung für Veränderung" fordern, die Wahlmodalitäten des Präsidenten, die in der ägyptischen Verfassung festgelegt sind, zu ändern. Auf verschiedenen Podiumsdiskussionen waren durchaus kritische Stimmen zu hören. Der Politologe Gamal Zahran beispielsweise diskutierte die Argumente, die seit Jahren von den Machthabern herangezogen werden, um ernsthafte Reformen zu verhindern: Die Bewahrung der Stabilität, der israelisch-palästinensische Konflikt oder der vom Ausland praktizierte Druck.
Andererseits wurden auch die Grenzen der politischen Freiheit in Ägypten deutlich. Ayman Nur, der an einer Podiumsdiskussion über die Gründung neuer Parteien in Ägypten teilnehmen sollte, konnte nicht erscheinen. Er war Ende Januar verhaftet worden. Nur ist Präsident der neugegründeten liberalen Partei al-Ghadd (der Morgen), die sich innerhalb der Volkskampagne für Veränderung engagiert. Ihm wurde die Fälschung von Unterschriften, die zur Gründung der Partei notwendig waren, vorgeworfen.
Zwei Demonstrationen von ungefähr 150 Aktivisten der Initiativen gegen eine fünfte Amtszeit von Mubarak auf dem Gelände der Messe veranlassten die Sicherheitsbehörden, hunderte Polizisten aufmarschieren zu lassen. Der Verkauf kam an diesem Tag zum Erliegen.