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Parteipolitisches Engagement und "kollektive" Leitung

Im Unterschied zum englischen "Speaker" bleiben die Parlamentspräsidenten und mehr noch deren Stellvertreter als Partei - und Fraktionsmitglieder aktiv, teilweise in herausragenden Ämtern. Sie gehören als (beratende) Mitglieder des (geschäftsführenden) Fraktionsvorstandes zur engeren Führungsspitze der Fraktion und nehmen auch in anderen Fraktionsgremien Stellung. Die Vizepräsidenten sind zum Teil auch Mitglieder von Ausschüssen und den entsprechenden Fraktionsgremien. Präsident und Vizepräsidenten betreuen "politisch" ihren Wahlkreis, beteiligen sich an Wahlkämpfen und können an Abstimmungen des Bundestages teilnehmen. Nach dem Statut der CDU gehören der von ihr gestellte Präsident oder Vizepräsident des Bundestages dem Parteipräsidium - also dem engsten Führungskreis der Partei - an. Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, die das Amt von 1988 bis 1998 innehatte, war zudem Bundesvorsitzende der Frauenunion der CDU, ihr Amtsnachfolger Wolfgang Thierse ist stellvertretender Vorsitzender der SPD. Gleichwohl ist im Hinblick auf die Frage der parteipolitischen Profilierung bedeutsamer, ob sich die Präsidenten in dieser Eigenschaft mit Bemerkungen zum Debattenverlauf äußern oder Erklärungen für das Haus abgeben oder ob sie sich als Abgeordnete bzw. Sprecher ihrer Fraktion zu Wort melden. Im Unterschied zu den Vizepräsidenten sprachen Bundestagspräsidenten seit den 1960er Jahren allerdings im Plenum nur noch selten zu Fragen, die keinen klaren Bezug zu ihrem Amt hatten. Eine Ausnahme bildete Rita Süssmuth, die häufiger als Abgeordnete sprach.
Alle bisherigen Amtsinhaber haben diese "Doppelfunktion" ausdrücklich akzeptiert und gerechtfertigt. Seine Stellung stärkt der Präsident, indem er seine politische Energie darauf verwendet, Ansehen und Glaubwürdigkeit der Volksvertretung in der Öffentlichkeit zu fördern, die zentrale Stellung des Bundestages gegenüber anderen Verfassungsorganen zu behaupten, sich für die Rechte der Opposition und der einzelnen Abgeordneten einzusetzen sowie entsprechende Parlaments- und Verfassungsreformen zu fördern und zu initiieren. Engagiert wahrgenommen, beanspruchen diese Aufgaben die politische Kraft des Präsidenten in hohem Maße. So gesehen, hängt das Gewicht des Präsidenten bei der Erfüllung dieser Aufgaben wesentlich von dessen Bereitschaft ab, sich in "parteilichen" Äußerungen zurückzuhalten. Dies schließt nicht aus, dass er in politisch engagierten öffentlichen Reden etwa auf Problemlagen ethnischer, sozialer und politischer Minderheiten (auch in der eigenen Partei) aufmerksam macht.

Quelle: http://www.bundestag.de/parlament/praesidium/praes/praes11
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