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April 03/1999
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BERICHT DER WEHRBEAUFTRAGTEN 1998

Marienfeld: Maßnahmen gegen Rechtsextremismus sind wirksam

(vt) Die Zahl der bekanntgewordenen Vorfälle mit tatsächlich oder möglicherweise rechtsextremistischem Hintergrund hat nach Angaben der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Claire Marienfeld, im Jahr 1998 nicht abgenommen. Dies teilt sie in ihrem am 16. März Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) übergebenen Jahresbericht 1998 ( 14/500) mit.

Demnach gab es im vergangenen Jahr mehr als 320 entsprechende "Besondere Vorkommnisse". Hierbei sei zu berücksichtigen, daß die Zahl einschlägiger Meldungen auch auf eine Sensibilisierung der Soldaten zurückzuführen ist. Die Bereitschaft, derartige Vorfälle zu melden, sei dadurch größer geworden. Dies stelle einen Ausweis für die Wirksamkeit der von der Bundeswehr eingeleiteten Abwehrmaßnahmen dar.

Rechtsextremistische Vorfälle in den Streitkräften stünden, so die Wehrbeauftragte weiter, in engem Zusammenhang mit erheblichen Wissenslücken der betroffenen Soldaten über historisch­politische Zusammenhänge. Es sei aber nicht Aufgabe der Bundeswehr, nachzuholen, was bei den jungen Menschen in Elternhaus und Schule versäumt worden sei.

Die Vorfälle seien durch den Verteidigungsausschuß des Bundestages als Untersuchungsausschuß in der vergangenen Wahlperiode untersucht, die Traditionspflege in der Bundeswehr dabei überprüft worden. Dies habe zu einer ausgewogenen Betrachtung dieses auch in der Öffentlichkeit diskutierten Problembereichs beigetragen, so Marienfeld. Nach ihren Beobachtungen werde in der Bundeswehr heute bewußter als zuvor mit Inhalt und Form der Vergangenheitsdarstellung umgegangen.

Drogenkonsum unterbinden

Die Zahl der Verstöße von Soldaten gegen das Betäubungsmittelgesetz ist im vergangenen Jahr "erfreulicherweise" nicht angestiegen. Laut Bericht blieb sie mit 1.671 Fällen im letzten Jahr nahezu unverändert. Marienfeld betonte, militärische Sicherheit und Fürsorge geböten es, Drogenkonsum und ­handel in den Streitkräften mit aller Konsequenz zu unterbinden.

Marienfeld warnt auch vor einer Verharmlosung des Alkoholmißbrauchs. Übermäßiger Alkoholgenuß gefährde ebenso wie Drogen Dienst und Zusammenleben der Soldaten und erfordere daher hohe Aufmerksamkeit. Laut Bericht liegen indes keine Erkenntnisse vor, welche auf dessen Anstieg in den Streitkräften hindeuten würden. Im Berichtsjahr waren weiteren Angaben zufolge etwa 7.500 Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz. Die Wehrbeauftragte betont, die Verpflichtung zum "treuen Dienen" verlange in solchen Fällen ein besonders hohes Maß an Einsatzwillen und persönlichen Opfern ab.

Soldaten informieren

Dauer und Häufigkeit der Einsätze bei personeller Unterbesetzung seien von den Soldaten ebenso beklagt worden wie die unbefriedigende Anpassung der Ausrüstung an klimatische Verhältnisse. Fünf Jahre nach dem ersten Auslandseinsatz sollte der Dienstherr in der Lage sein, die Soldaten mit entsprechender Bekleidung auszustatten, so Marienfeld. Zudem sei es erforderlich, die Soldaten aller Dienstgradgruppen über Ziele und Sinn ihres Einsatzes umfassend zu informieren.

Angesichts der sich abzeichnenden Novelle des Staatsbürgerschaftsrechts wird es zukünftig vermehrt Bundeswehrsoldaten ausländischer Herkunft geben, führt die Wehrbeauftragte weiter aus. Sie regt in ihrem Bericht an, Vorkehrungen im Hinblick auf diese Herausforderung zu treffen. Bewußtseinsbildende Maßnahmen wie politischer und lebenskundlicher Unterricht seien ebenso erforderlich wie organisatorische Veränderungen, beispielsweise hinsichtlich der Verpflegung. Zudem sollten die Truppenführer im Rahmen ihrer Ausbildung auf den Umgang und auf mögliche Konflikte mit Soldaten ausländischer Herkunft vorbereitet werden.

Die Wehrbeauftragte sieht den Dienst in der Bundeswehr als Chance für eine beschleunigte Eingliederung in die deutsche Gesellschaft an. Bei sorgfältiger und vorurteilsfreier Herangehensweise könne sich die Dienstzeit als ein "Katalysator" erweisen. Marienfeld äußert sich in ihrem Jahresbericht auch zu der Problematik der jährlich etwa 5.000 wehrpflichtigen Spätaussiedler. Hinsichtlich der Sprachbeherrschung und Eignung würden Aussiedler unter den Soldaten oft größere Defizite aufweisen als Dienstleistende ausländischer Herkunft. Bedingt durch die Sprachschwierigkeiten grenzten sie sich von den übrigen Kameraden ab. Mißtrauen und Argwohn unter den Soldaten seien die Folge. Zudem sei die Konzentration der wehrdienstleistenden Spätaussiedler in bestimmten Einheiten problematisch. Laut Bericht entwickeln diese Soldaten eigene Strukturen und Hierarchien, welche den militärischen Strukturen zuwiderliefen.

Eine Verbesserung dieser Situation soll eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den psychologischen und ärztlichen Diensten in den Kreiswehrersatzämtern bewirken. Die Wehrbeauftragte hält das frühzeitige Befassen mit sprachlichen Defiziten für dringend erforderlich. Sie begrüßt die von ihr angeregte Maßnahme, wichtige Unterrichtungen zweisprachig durchzuführen und durch entsprechende Broschüren zu unterstützen.

Dienst attraktiver machen

Die Wehrbeauftragte fordert zudem Maßnahmen, um den Grundwehrdienst attraktiver zu machen. Im Hinblick auf die gestiegene Zahl der Kriegsdienstverweigerer von 155.239 im Jahr 1997 auf 171.657 im vergangenen Jahr, sei es notwendig, bereits in den Schulen auf Formen und Inhalte der Wehrpflicht hinzuweisen. Der Dienst an der Waffe sei längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Nach wie vor gingen viele Wehrpflichtige von einer faktischen Wahlfreiheit zwischen Wehrdienst und zivilem Ersatzdienst aus.

Ein bereits bestehendes Programm soll den Dienst in der Bundeswehr transparenter und attraktiver machen. Die Wehrbeauftragte begrüßt in diesem Zusammenhang ausdrücklich finanzielle Verbesserungen für Wehrdienstleistende ebenso wie die festgestellte Beratung in "freundlicher Atmosphäre" in den Kreiswehrersatzämtern.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9903/9903026
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