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März 02/2000
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"Frauen an vielen Schaltstellen, aber ..."

Interview mit Bundestagsvizepräsidentin Dr. Antje Vollmer zum Internationalen FrauentagFrau Dr. Vollmer, wann und wodurch haben Sie zum ersten Mal bewusst den 8. März als Internationalen Frauentag wahrgenommen?

Vollmer: Wann habe ich bewusst wahrgenommen, dass die Frauen in Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhunderts kein Wahlrecht hatten? Wann notiert das Gedächtnis zum ersten Mal den 8. Mai 1945?

Antje Vollmer (B'90/Die Grünen).
Antje Vollmer (B'90/Die Grünen).

In der Erinnerung an mein politisches Erwachsenwerden sind zahlreiche Essentials mit Daten fest verknüpft, deren Ursprung ich beim besten Willen nicht benennen kann.

Heute wird der einstige Anlass für diesen Tag, die Internationale Frauenkonferenz in Kopenhagen im Jahre 1910 und die Forderung nach dem Wahlrecht für Frauen, kaum noch erinnert. Es gab seit dieser Zeit viele heiße und kalte Kriege, Fortschritte sind gemacht worden und Umwälzungen geschehen. Welches sind aus Ihrer Sicht heute gesellschaftliche und politische Forderungen, die Frauen stellen sollten und stellen müssen?

Der größte Erfolg der Frauen besteht für mich darin, dass sie heute an so vielen Schaltstellen präsent und einflussreich sind: Als Unternehmerinnen und Managerinnen, als Politikerinnen, Schriftstellerinnen, Wissenschaftlerinnen. Ihre Basis im öffentlichen Leben ist noch lange nicht breit genug, um übermütig zu werden – da denke ich nur an die Chefredakteure und Rundfunk­Intendanten. Aber die Präsenz von Frauen in wichtigen Ämtern ist endlich auch stark genug dafür, dass Frauen und Männer sich auf den Diskurs über unterschiedliche Auffassungen und Interessen einlassen und konzentrieren können.

Wenn Sie heute Frauenministerin wären, welche Prioritäten setzten Sie in Ihrer Arbeit?

Mein Ziel wäre, dass innerhalb kurzer Zeit so viele Frauen mit einschlägiger Kompetenz in allen Ministerien mitzuentscheiden haben, dass meine Aufgabe als hauptamtliche Anti­Diskriminierungs­Ministerin bald erledigt wäre und ich mich ebenfalls wieder anderen Politikfeldern zuwenden könnte.

Ich bin davon überzeugt, dass Frauenpolitik in das Arbeits­ und Wirtschaftsministerium gehört, in das Außen­ und das Umweltministerium, ebenso zu Raumordnung und Städtebau wie in die Gesundheitspolitik.

Soll der 8. März ein Feiertag sein, oder soll man ihn abschaffen?

Diese Frage stellt sich mir so nicht: Weder möchte ich die Erinnerung an ein aus frauenhistorischer Sicht bedeutsames Datum "abschaffen", noch glaube ich, dass es zur Weitergabe dieses Wissens eines arbeitsfreien Tages bedarf. Da, wo der 8. März groß zelebriert wurde, gab es nie ein Paradies für Frauen.

Internationaler Frauentag zur Einführung des Frauenwahlrechts, Berlin 1911.
Internationaler Frauentag zur Einführung des Frauenwahlrechts, Berlin 1911.

Ist in Ihren Augen die Besetzung des Bundestagspräsidiums ein Beispiel dafür, dass die Frauen erkämpft haben, was sie erkämpfen wollten?

Die Vizepräsidentinnen, die dem jetzigen Präsidium angehören, sind meines Wissens erst innerhalb ihrer Fraktionen und dann durch den Deutschen Bundestag gewählt worden. Von einem "siegreichen Kampf" ist mir nichts bekannt. Aber im Ernst: Dass heute ganz selbstverständlich über die Eignung der Personen für dieses Amt beraten und abgestimmt wird, dass aus den Reihen der Fraktionen die hierfür als geeignet empfundenen Kandidaten entsandt werden, ist ein Ausdruck unaufgeregter Normalität, die in der Demokratie eingekehrt ist, wenn es gilt, aus einer Generation von Politikerinnen und Politikern aller Richtungen Repräsentanten für herausgehobene Ämter auszuwählen. Von denen wiederum sitzen die mächtigsten nicht im Präsidium.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0002/0002086
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