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April 04/2000
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PLENARDEBATTE ZUR SITUATION IN SÜDOSTEUROPA

Antrag der CDU/CSU löst Kontroverse über künftige Politik im Kosovo aus

(aw) Ein Antrag der CDU/CSU ( 14/3093), die bisherige Kosovo-Politik zu überprüfen und weiterzuentwickeln, hat am 5. April im Plenum des Bundestages eine Kontroverse ausgelöst. Die Union schreibt in ihrer Initiative, die Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen für das Kosovo (UNMIK) und die in der Region stationierte internationale Friedenstruppe (KFOR) stießen zunehmend an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Der Zeithorizont für ihren Verbleib werde inzwischen eher nach Jahrzehnten denn nach Jahren veranschlagt.

Die Regierung müsse deshalb die Vorstellungen von den Grundlagen einer politischen Ordnung im Kosovo, wie sie in der Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999 niedergelegt seien, auf den Prüfstand stellen. Gefordert sei ein Konzept "einer nachhaltigen selbsttragenden Stabilisierung" mit dem Ziel, bestehende Probleme in einem begrenzten Zeithorizont zu lösen.

Karl Lamers (CDU/CSU) erläuterte dazu, der Westen könne den Menschen auf dem Balkan nicht die Art und Weise ihres Nebeneinanders oder Miteinanders diktieren. Dazu werde man auch langfristig nicht in der Lage sein. Es gebe in der Region eine "weitgehende ethnische Entflechtung" und Hass zwischen den Volksgruppen. Faktische Grenzen hätten sich ohnehin entwickelt. Eine "Separierung" scheine deshalb die Voraussetzung für Versöhnung zu sein.

Fischer: fataler Fehler

Bundesaußenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) betonte demgegenüber, es wäre ein "fataler Fehler", bereits heute einem multiethnischen Kosovo eine Absage zu erteilen oder gar einer schnellen Entscheidung über den künftigen Status dieser Region das Wort zu reden. Der Minister bezeichnete es als "in jeder Hinsicht gefährlich und von sehr großem politischen Risiko", über eine Teilung des Kosovo entlang ethnischer Linien nachzudenken oder die Aufgabe der Grundaussagen der UNO-Sicherheitsratsresolution anzuregen.

Zum einen würde dies dem jugoslawischen Diktator Slobodan Milosevic politisch in die Hände spielen, zum anderen stünde Deutschland mit solchen Vorstellungen international isoliert da. Zudem wäre ein geteiltes Kosovo ein nicht lebensfähiges staatliches Gebilde von chronischer Instabilität. Die Folge wäre eine drohende neue Spirale der Gewalt zur Lösung der ethnischen Frage auf dem Balkan.

Der Minister regte stattdessen an, auf der Grundlage der UNO-Resolution baldmöglichst einen ernsthaften Dialog zwischen Kosovo-Albanern, Serben, Roma und anderen Minderheiten über die Kernelemente einer substanziellen inneren Autonomie zu beginnen. Eine friedliche politische Lösung für den zukünftigen Status des Kosovo könne im Übrigen nur im Einvernehmen mit allen Nachbarstaaten erfolgen.

Provokateuren entgegentreten

Auch Gernot Erler (SPD) bezeichnete die UNO-Resolution als "Basis des Friedens im Kosovo". Es sei eine Illusion, so Erler in Richtung CDU/CSU, die Probleme dieser Region durch Separation lösen zu wollen. Im Kosovo bestünde die Gefahr, dass der Krieg erneut aufflamme. Der Sozialdemokrat verwies dabei einerseits auf radikale Serben, die Unruhe stifteten mit dem Ziel, die KFOR zu entnerven. Das Ergebnis der internationalen Intervention solle damit nachträglich revidiert werden. Auf der anderen Seite gebe es auch genügend extremistische Kräfte bei den Albanern. Diese verfolgten das Ziel, das Kosovo vom jugoslawischen Staatsverband rechtlich abzutrennen.

Ziel der internationalen Bemühungen müsse es deshalb sein, weder den einen noch den anderen Provokateuren zum Erfolg zu verhelfen: "Nicht Separation darf prämiert werden, sondern allein Kooperation", so Erler. Sonst gebe es für Südosteuropa keine Zukunft. Der Stabilitätspakt sei und bleibe deshalb die wichtigste politische Antwort "auf das, was wir im letzten Jahr erlebt haben".

Werner Hoyer (F.D.P.) erklärte dazu, wer den Erfolg des Stabilitätspakts wolle, müsse sich dafür einsetzen, die regionale Zusammenarbeit in der Region voranzutreiben. Dabei komme es wesentlich auf die Bereitschaft der wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Eliten der beteiligten Länder an, Verantwortung zu übernehmen. Dieses Thema regionaler Zusammenarbeit allerdings mit der Frage der Unabhängigkeit des Kosovo zu verbinden, sei "sehr gefährlich", da es in der Konsequenz ein Groß-Albanien auf die Tagesordnung zurückbringen könnte.

Für die PDS betonte Heidi Lippmann, einen Stabilitätspakt für den Balkan hätte es schon vor zehn Jahren geben müssen. Dies hätte viel Leid ersparen können. Friede auf dem Balkan bedeute im Übrigen auch, Jugoslawien als Ganzes in den Stabilitätspakt einzubeziehen und die nicht militärischen Embargomaßnahmen fallen zu lassen.

Der Bundestag votierte mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der gesamten Opposition für einen Antrag ( 14/2569) und einen Entschließungsantrag ( 14/2575) der Regierungskoalition. Darin wird bekräftigt, der Erfolg des Stabilitätspaktes hänge nicht nur von dem Handeln internationaler Organisationen und beteiligter Geberländer ab, sondern auch von dem Engagement der Länder der Region selbst. Die Bundesregierung müsse zudem dabei mithelfen, substanzielle Regelungen für eine regionale Selbstverwaltung in Jugoslawien zu erarbeiten.

Serbische Opposition stärken

Das Parlament billigte zudem mit den Stimmen von CDU/CSU und F.D.P. bei Enthaltung der Koalitionsfraktionen Anträge der Union ( 14/2768) und der Liberalen ( 14/2584). Die CDU/CSU plädiert dafür, die serbische Opposition insgesamt zu stärken. Eine demokratische Wende werde es nur dann geben, wenn die Isolierung des Landes durchbrochen werde. Die F.D.P. spricht sich dafür aus, Jugoslawien in einen integrativen Ansatz des Stabilitätspaktes für Südosteuropa mit einzubeziehen. Umfassende Wiederaufbauhilfe dort müsse von einem demokratischen Wandel abhängig gemacht werden.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0004/0004027
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