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Juni 06/2000
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DELEGATIONSREISE DES AUSSCHUSSES

"Politik der Sanktionen gegenüber Afghanistan muss auf den Prüfstand"

(mr) Die Politik der Isolation und der Sanktionen gegenüber Afghanistan sollte nach Ansicht der Vorsitzenden des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen), überprüft werden.

Besuch bei einer mit Minenräumprojekten beschäftigten Nichtregierungsorganisation (Dritte von rechts Claudia Roth, ganz rechts Angelika Graf)
Besuch bei einer mit Minenräumprojekten beschäftigten Nichtregierungsorganisation (Dritte von rechts Claudia Roth, ganz rechts Angelika Graf)

Dies sei im Interesse der von großer Not und Armut betroffenen Bevölkerung des westasiatischen Landes dringend erforderlich, so Roth am 6. Juni nach Rückkehr von einer zehntägigen Delegationsreise nach Afghanistan und Pakistan.

Die Delegation, die außerdem aus den Abgeordneten Angelika Graf (SPD) und Erika Schuchardt (CDU/CSU) bestand, war den Angaben zufolge die erste Abordnung des Bundestages, die nach Afghanistan gereist ist. Die regierenden Taliban-Milizen, so die Auffassung der Parlamentarierinnen, würden durch die internationalen Sanktionen am wenigsten getroffen, zumal es kein Waffenembargo gegen das Regime gebe. Dies sei auch die Auffassung von im Land tätigen Nichtregierungsorganisationen. Demgegenüber sei die Situation der Menschen in Afghanistan "dramatisch schlecht". Neben den Folgen von 20 Jahren Krieg und Vertreibung habe das Land nunmehr auch noch die größte Dürrekatastrophe seit fast 30 Jahren zu verkraften.

Karte Afghanistan

Roth betonte, eine Abkehr von der Sanktionspolitik beinhalte keineswegs die Forderung nach einer völkerrechtlichen Anerkennung des Taliban-Regimes. Auf die Machthaber müsse vielmehr der politische Druck erhöht werden, um eine Änderung der Situation in Afghanistan zu bewirken. Die Abgeordneten berichteten von insgesamt fünfeinhalbstündigen Gesprächen mit hochrangigen Vertretern der Taliban. Roth zufolge sind die Taliban erstmals gezwungen gewesen, sich mit Frauen an einen Tisch zu setzen und ein Mittagessen zu geben. "Dies war für beide Seiten ein Kulturschock", so die Politikerin. Die Abgeordneten waren sich im Übrigen darin einig, es sei richtig gewesen, durch einen Dialog mit den Machthabern auf Beachtung der Menschenrechte sowie auf verbesserte Bedingungen für Erziehung, Arbeit und Gesundheit in Afghanistan zu dringen. So sei der Wunsch der Taliban nach einem Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen und Investitionen von deutschen Unternehmen damit beantwortet worden, es gelte zunächst den Krieg zwischen den verfeindeten Parteien im Land zu beenden und rechtsstaatliche Strukturen zu schaffen. Die systematischen Menschenrechtsverletzungen, besonders gegenüber Frauen, müssten ein Ende haben.

Die Abgeordneten plädierten außerdem dafür, die Kriterien für humanitäre Hilfe gegenüber Afghanistan zu überprüfen. So begrüßenswert die von der Bundesregierung angesichts der Dürrekatastrophe dem Land zur Verfügung gestellten 1,5 Millionen DM seien, bedürfe es doch weiterer Maßnahmen. Dies gelte vor allem für Projekte im Erziehungssektor.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0006/0006021
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