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Januar 01/2001
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HOLOCAUST-GEDENKTAG IM PARLAMENT

Bundestagspräsident Thierse: Politik kommt an Auschwitz nicht vorbei

(bn) "Wir sind uns bewusst: Auschwitz ist und bleibt die furchtbarste Antithese zur Demokratie. An dieser menschengemachten Tragödie kommen Vernunft und Politik auch im 21. Jahrhundert nicht vorbei. Auschwitz nimmt alle Demokraten in die Pflicht – auf immer." Dies erklärte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse am 26. Januar im Plenum des Deutschen Bundestages anlässlich des Holocaust-Gedenktages, an dem die Abgeordneten des Bundestages zum sechsten Mal der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau durch Soldaten der sowjetischen Roten Armee im Jahre 1945 gedachten.

Wegen Auschwitz müsse auch das historische Bewusstsein für das grausame Geschehen wachgehalten werden, so Thierse weiter. In diesem Prozess sei besonders wichtig, dass sich die Nachkommen der Opfer und die Nachkommen der Täter gemeinsam mit der Vergangenheit auseinander setzen würden

"Wir sollten noch sehr viel mehr als bisher Begegnungsprojekte fördern: zwischen jungen Deutschen und Israelis, zwischen jungen Deutschen und Sinti und Roma, zwischen deutschen Schülern und ihren Altersgenossen aus Osteuropa, insbesondere aus Polen", regte der Bundestagspräsident an. Fremdheit zu überwinden, heiße immer auch, Vorurteile abzubauen. Es sei eine "drängende Pflicht" für alle, junge Menschen immer wieder neu für aktuelle Gefährdungen der Demokratie zu sensibilisieren. Dazu müsse es allerdings zu einem Gespräch mit den jungen Menschen kommen. Ein politischer Appell allein verhalle, werde er nicht auch diskutiert.

Thierse erläuterte, dass Intoleranz, Fremdenhass, Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus sich "in immer mehr und immer brutaleren Gewalttaten" niederschlagen würde. So sei die Zahl der Gewalttaten von rund 10.000 im Jahr 1999 auf knapp 14.000 im vergangenen Jahr gestiegen.

Er betonte, es gebe keine Mordopfer erster und zweiter Klasse. Deshalb sei in der Stiftung "Denkmal für die ermordeten Juden Europas" ein Beirat gebildet worden, in dem die meisten Opfergruppen durch ihre Verbände vertreten seien. Dort finde eine intensive Debatte darüber statt, in welchen Formen dieses Gedenken künftig angemessen zum Ausdruck gebracht werden solle.

"Die Erinnerung kann uns helfen zu verstehen", sagte Bundespräsident Johannes Rau in seiner Ansprache. Sie könne zeigen, was geschehe, wenn die Würde des Menschen von Staats wegen außer Kraft gesetzt werde, wenn die Vernichtung der Würde des Menschen Ziel und Inhalt der Politik sei.

"Ethische Überzeugungen sind nie ein für alle Mal gesichert. Sie müssen gelernt, und vor allem müssen sie vorgelebt werden", erläuterte Rau. Die Menschenwürde sei nicht erst dann in Gefahr, wenn Häuser angezündet und Menschen durch Straßen gehetzt würden.

 

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2001/bp0101/0101064a
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