Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 03-04 / 19.01.2004
Zur Druckversion .
Ines Gollnick

Der Westfale: Karl-Josef Laumann

Parlamentarisches Profil

Er ist Westfale durch und durch: gradlinig, kantig, bodenständig, zupackend, unverfälscht, ein Mann von echtem Schrot und Korn eben, wie es eine Redensart so treffend beschreibt. Der Unionsabgeordnete Karl-Josef Laumann, von Beruf Maschinenschlosser, wuchs in einem bäuerlichen, katholischen Elternhaus auf. Das hat ihn geprägt und unter anderem zu seinem Engagement in der Katholischen Arbeitnehmerbewegung und der CDA, der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft geführt. Dass er auch heute noch mit seiner Frau und seinen drei Töchtern ländlich lebt, gemeinsam mit Hühnern, Enten und Kaninchen, und das Gemüse selber züchtet, vervollständigt das Bild eines Mannes, der so ist, wie er sich gibt. Unter "Wissenswertes" vermerkt er auf der Internetseite des Deutschen Bundestages, dass seine Beiratsvergütungen der Allianz-Lebensversicherungs-AG gespendet werden. Das passt zu ihm - nur nicht ganz zum in der Regel veröffentlichten Medienbild der Abgeordneten.

"Auf jeden Fall", lautet Laumanns minimalistische Antwort auf die Frage, ob er gerne Bundestagsabgeordneter sei. Seit 1990 gehört er dem Bundestag an. Aktuell ist er federführend an der Gestaltung der Arbeits- und Wirtschaftspolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion beteiligt. Von 2000 bis 2002 war er sozialpolitischer Sprecher seiner Fraktion. "Laumann? Kenn' ich nicht", mögen Fernsehzuschauer festhalten. Es lauert eben niemand auf Laumann, der sich medial nicht inszeniert und dem das auch mehr als fremd ist. Inhalt ist ihm wichtiger als Verpackung. Das "Vermittlungsergebnis", das vor Weihnachten erzielt wurde, kommentiert er gegenüber "Das Parlament" zwiespältig: "Zunächst einmal freue ich mich, dass es mit der Bundesregierung überhaupt möglich gewesen ist, zu einigen gemeinsamen Lösungen zu gelangen. Wir sind einen Schritt vorangekommen. Insbesondere durch die deutlich eingegrenzte Neuverschuldung, die Option einer kommunalen Zuständigkeit beim Arbeitslosengeld II und die Änderung der Schwellenwerte beim Kündigungsschutz hat die Union wesentliche Forderungen durchgesetzt. Dennoch befürchte ich, dass der Kompromiss vom Dezember keine spürbare Verbesserung der Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt bringen wird. Dafür sind die strukturellen Probleme, die sich in den vergangenen 30 Jahren angehäuft haben, einfach zu groß und der Bewegungsspielraum für Reformen innerhalb der Bundesregierung einfach zu klein."

Welche Schritte sind aus seiner Sicht unerlässlich, um den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft anzukurbeln? "Dazu gehören die Entkopplung des Faktors Arbeit von den Lohnzusatzkosten, eine im globalen Sinne wettbewerbsfähige Forschungs- und Bildungslandschaft, mehr betriebliche Flexibilität und ein aktivierender Sozialstaat, der Menschen belohnt, die arbeiten. Dabei meine ich beim Niedriglohnsektor nicht nur die Frage der besseren monetären Anreize, sprich ein Gehalt, von dem man auch leben kann. Natürlich muss jemand, der arbeitet, auch mehr in der Tasche haben, als wenn er nichts tun würde. Wir brauchen daneben aber auch andere ?weiche' Verbesserungen. Ich denke da an Ganztagsschulen, Kindergärten und Ähnliches mehr, die es beispielsweise Alleinerziehenden wieder leichter machen, Kinder und Arbeit vernünftig miteinander zu verbinden."

Laumann zählt zu den erfahrenen Bundestagsabgeordneten. Er arbeitete an den Grundlagen der Pflegeversicherung mit, war Berichterstatter für das damals beschlossene Arbeitszeitgesetz, das heute noch gilt und seiner Ansicht nach viele Arbeitsplätze gerade in kapitalintensiven Betrieben, wo es sehr auf Maschinenlaufzeiten ankommt, gesichert hat. Er pflegt nicht nur einen engen Kontakt zur Wirtschaft, sondern nach wie vor zu den Menschen in seinem Wahlkreis, um mit ihnen über die Praxisnähe der Vorhaben zu diskutieren.

Laumann kritisiert, dass Gesetze der Bundesregierung heute mehr von Kommissionen als von Ausschüssen des Bundestages erarbeitet würden. Hier stellt er insbesondere seit 1998 einen Wandel fest. Die konkrete Gesetzgebungsarbeit liege ja eigentlich bei den Ausschüssen und dem Parlament. Deshalb sollte jeder Wähler von seinem Bundestagsabgeordneten auch verlangen, dass dieser sich engagiert in seinen Fachausschüssen einbringt. "Politische Arbeit sollte, so glaube ich, weniger auf Medienglanz, sondern auf solide sachbezogene Gesetzesarbeit bezogen sein. Dass die handwerkliche Qualität von Gesetzen abgenommen hat, kann man nicht zuletzt an Maut und Dosenpfand festmachen", findet der Abgeordnete.

Das Kontrastprogramm zu Berlin ist für Karl-Josef Laumann das Münsterland, wo er seit einem Jahr CDU-Vorsitzender ist. Die Münsterraner wollen Vorreiter für die größte Verwaltungsreform in Deutschland sein. Kommune und Region sollen wieder handlungsfähiger werden. Laumann unterstreicht: "Nordrhein-Westfalen leidet unter einer Überwaltung." Eine Verschlankung auf den Kernbereich staatlicher Administration sei das Ziel. "Das bedeutet konkret unter dem Stichwort Subsidiarität, dass alle Aufgaben künftig auf der untersten staatlichen Ebene erledigt werden, auf der dies möglich ist. Das bedeutet die Delegation vieler jetzt durch die Bezirksregierungen und Landschaftsverbände erledigten Aufgaben auf die Kreise und Kommunen, die dann für diese Angelegenheiten aber auch finanziell hinreichend ausgestattet sein müssen."

Der Arbeitsaufwand, um unter anderem staatlichem Handeln wieder mehr Schwung und Effizienz zu verschaffen, beschert Laumann einen vollen Terminkalender. Dennoch bleibe Zeit für Privat- und Familienleben. Mit seinen Kindern geht er schwimmen oder im Sommer zelten. Eine politikfreie Zone ist die Familie nicht. Seine älteste Tochter ist mittlerweile Schriftführerin der Jungen Union in seiner Heimatgemeinde Riesenbeck. "Da bleibt es gar nicht aus, dass ich auch mit meinen Kindern über Politik diskutiere."


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.