Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 10 / 01.03.2004
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Hermann Horstkotte

Die Wünsche der Forscher könnten bald in Erfüllung gehen

Die EU soll die Grundlagenforschung stärker fördern

Die Förderung der Grundlagenforschung muss gestärkt werden, einschließlich der Gründung eines Europäischen Forschungsrates." Das unterstrichen Bundeskanzler Schröder, Premier Blair und Staatspräsident Chirac nach ihrem Berliner Treffen Mitte Februar in einem Brief an den EU-Kommissionschef Romano Prodi. Erstmals ist damit von höchster Stelle ein Wunsch der großen europäischen Forschungsorganisationen aufgegriffen worden, die Bildung eines gemeinsamen European Research Council (ERC) mit eigenen Fördermitteln für Basisforschungen.

Dabei handelt es sich um die Suche nach Erkenntnissen, die nicht gleich patentreif oder Betriebsgeheimnisse sind. Grundlagenerkenntnisse sind vielmehr solche, die in Fachzeitschriften veröffentlicht werden und allenfalls in einem weiteren Schritt zu praktischem, anwendungsorientierterem Wissen führen. Dieses Forschungsfeld, in dem neues Wissen sprunghaft und nicht durch lineare Weiterentwicklung aus Altwissen entsteht, ist bislang aber die Domäne der Amerikaner. "Das sieht jeder, der sich die Herausgeber, Verlage und Autoren der am häufigsten zitierten Fachjournale anschaut", sagte Bertil Andersson von der Dachorganisation der europäischen Forschungsförderer (ESF) auf eine gemeinsame Tagung von Vertretern der Wissenschaften und der EU-Kommission beim Europäischen Parlament am 23./24. Februar in Brüssel.

Die EU-Förderung in den "Rahmenprogrammen für Forschung und technologische Entwicklung" konzentriert sich auf direkt wettbewerbs- und wachstumsfördernde Vorhaben mit Schwerpunkten beispielsweise in der Raumfahrt oder Genetik. Die Kommission hat Fristen gesetzt, um die Zukunft der Grundlagenforschung auf europäischer Ebene zu klären. Bis Juni müssen die Gelehrten ihre Vorstellungen vorlegen, damit in der zweiten Jahreshälfte der Zusammenhang mit dem "7. Rahmenprogramm (2007-13)" politisch entschieden werden kann: Sollen die Grundlagenwissenschaften stärker im Rahmenprogramm untergebracht oder wirklich von einem eigenen Forschungsrat gesteuert werden? Tatsächlich wird bislang schon im Rahmenprogramm zum Beispiel mit Marie-Curie-Stipendien Basisforschung unterstützt.

Das aber war unter den Teilnehmern des Brüsseler Symposiums sonnenklar: Die Grundlagenforschung braucht ein autonomes, von Wissenschaftlern beherrschtes ERC, weil sie keinen politik-, sondern sinnvollerweise rein neugiergetriebenen Fragen nachgeht. Dazu riet nicht auch der deutsche EU-Parlamentarier und Forschungspolitiker Rolf Linkohr. Das einzige Kriterium für die Mittelvergabe, darin waren sich alle weiterhin einig, kann nur die fachliche Exzellenz sein - das heißt, kein einzahlendes Land kann ein "juste retour", einen angemessenen Rückfluss erwarten, wenn es sich mit wissenschaftlichen Spitzenleistungen schwer tut. Besonders bemerkenswert: Das eindringliche Plädoyer der Präsidenten der polnischen Akademie der Wissenschaften, Jerzy Langer, für ein ERC, auch im Namen seiner tschechischen und ungarischen Amtskollegen. "Im technologieorientierten Rahmenplan haben wir weniger Wettbewerbschancen, weil uns vielfach noch die technisch-apparative Infrastruktur etwa für die Luftfahrtforschung fehlt. Aber in den reinen Grundlagenfächern, wo man je nachdem schon mit Bleistift und Papier weit kommt, fühlen wir uns doch ziemlich gleichwertig. Das ERC ist die Chance für die Beitrittsländer!"

Allerdings sind noch viele Detailfragen zu klären. Vor allem, wie verhindert werden kann, dass der neue ERC-Topf nicht zu Lasten der nationalen Förderungen geht. Viele Forscher fürchten schon den Hinweis: "Holt Euch doch Euer Geld aus Brüssel!" Doch soll das Brüsseler Geld nach Meinung der Gelehrten "additiv" fließen. So einfach geht das aber nicht, bemerkte ein Schweizer: "Erst einmal muss geklärt werden, was einzelstaatliche Aufgaben sind, und dann, was subsidiär von der Union getragen werden kann!" Gewiss aber wird die Politik auf das grundlegende Prinzip der Subsidiarität pochen.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
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