Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 05-06 / 31.01.2005
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"Interpretation der Kriterien ist zulässig"

Kanzler Schröder zum Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt

Europa. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat am 26. Januar im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union die Zulässigkeit einer Interpretation der Kriterien des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes betont. Auf Fragen der Abgeordneten zur "Finanziellen Vorausschau" bis 2013 sagte Schröder, die "Ein-Prozent-Grenze" - der Anteil des deutschen Bruttoinlandsproduktes zur Finanzierung des EU-Haushalts - "ist sehr stabil". In Bezug auf die Lissabon-Strategie mit der Vorstellung, Europa weltweit zum stärksten wissensbasierten Wirtschaftsraum zu machen, sei zu klären, wofür Ressourcen eingesetzt werden sollten. Schröder nannte dabei Forschung, Entwicklung und Beschäftigung.

Beim Stabilitätspakt müssten die Ursachen einer Entwicklung berücksichtigt werden. Es sei ein Unterschied, ob ein Staatshaushalt eine rezessive oder stagnative Entwicklung verzeichne oder ob massive finanzielle Anstrengungen zur Beschäftigung negativ beurteilt würden. Eine "mechanistische Anwendung ist falsch und das darf nicht so bleiben", erklärte der Bundeskanzler. Bei dem Pakt gehe es um Stabilität und Wachstum, die Betonung liege auf Wachstum. Die Beschäftigungskomponente dürfe nicht zu kurz kommen. Die Diskussion bloßer Zahlen werde diesen Sachverhalten nicht gerecht. Auch müsse berücksichtigt werden, dass Deutschland der größte Nettoeinzahler in die EU sei. Damit werde es anderen Ländern, die mehr von der EU bekommen als sie einzahlen, leicht gemacht, ihre Quote zu erfüllen.

Auf die bereits erfolgte Entscheidung Litauens, Polens und Italiens für eine Europäische Verfassung angesprochen sagte der Kanzler, für Deutschland gehe es darum, die parlamentarische Debatte im Bundestag und Bundesrat möglichst zügig zu führen. Eine rasche deutsche Ratifizierung werde zweifellos ein positives Signal für andere Mitgliedstaaten sein, die dazu auch plebiszitäre Verfahren einsetzen wollen.

Zu den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei betonte Schröder, bei allem Respekt vor anderen Meinungen gehe es um ein gegebenes Wort gegenüber einem seit 1963 assoziierten Mitglied. Wenn Beitrittsgegner über große Schwierigkeiten wegen kultureller Unterschiede klagten, könne dem nicht zuletzt die Tatsache eines historisch gewachsenen Anteils griechischer Kultur in der Türkei gegenüber gestellt werden. Zudem biete die 15-jährige Verfahrensdauer ausreichend Raum, das Zusammenspiel mit einem nicht fundamentalistischen Islam, die gesellschaftliche Stellung der Frau oder die Frage der Religionsfreiheit zu prüfen. Den Vorwurf der Union, die Regierung habe das Parlament nicht ausreichend einbezogen, hatten zuvor Koalitionsabgeordnete als unzutreffend bezeichnet.

Zur außenpolitischen Haltung Deutschlands und Europas befragt, erläuterte der Kanzler unter anderem die Position Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands gegen eine Kernkraftnutzung durch den Iran. Angesichts der Situation in der gesamten Region habe für die drei EU-Mitgliedstaaten ein Moratorium (ein befristetes Aussetzen) zum Bau von Kernkraftwerken keinen Sinn. Entsprechend der eigenen Energiepolitik plädiere man für einen dauerhaften Verzicht auf Kernkraftwerke.

Zum Verhältnis von Israel und Palästina äußerte Schröder, hier könne es nicht um Einmischung gehen, sondern nur um Befriedung. "Einen Konflikt oder gar eine militärische Intervention können wir nun wirklich nicht brauchen", ergänzte er.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
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