6.2.2
Spezifische Gefährdungen von Frauen und Verstöße
gegen Menschenrechte
6.2.2.1 Gewalt gegen
Frauen14
Ein großer Teil der
Menschenrechtsverletzungen gegenüber Frauen subsumiert sich
unter dem Begriff der sexuellen Gewalt. Diese erfahren Frauen in
der privaten Sphäre ebenso wie in Form von sexueller
Belästigung im Beruf und/oder auf der Straße sowie als
Opfer in Kriegen (UN 2000: 152–161). Nach dem Weltbe
völ ke rungsbericht von 2000 hat jede dritte Frau
sexuelle Gewalt oder andere Formen von Gewalt erlebt. Vier
Millionen Frauen werden jährlich in die Ehe, Prostitution oder
Sklaverei verkauft – häufig auf globalen
„Handelswegen“ vom Osten in den Westen, vom Süden
in den Norden (Süddeutsche Zeitung 19.10.2000, s. Bales 2001).
Schätzungen von UN und Weltbank gehen davon aus, dass durch
Unterdrückung, Verfolgung und andere Formen tödlicher
Gewalt gegen Frauen in der Familie weltweit ca. 60 bis 100Millionen
weniger Frauen am Leben sind als auf der Basis von
Bevölkerungsstatistiken zu erwarten gewesen wäre (UNFPA:
2000: 34, UNICEF: 2000: 6). Dem Weltbevölkerungsbericht 2000
zufolge nimmt die Zahl der Vergewaltigungen und anderer sexueller
Miss handlungen weltweit zu (UNFPA 2000: 35). Bestimmte
weibliche Bevölkerungsgruppen sind besonders verwundbar. Dazu
gehören vor allem Frauen aus Minderheitengruppen, indigene
Frauen, Migrantinnen, Flüchtlingsfrauen, Frauen in
Kriegs gebieten und Frauen mit Behinderungen (s. UNICEF 2000:
2).
Studien der
Weltbank belegen auch, dass ein Großteil der Gewalt bereits
innerhalb des Haushalts beginnt und sich dann außerhalb der
Privatsphäre und auf den Straßen fortsetzt. Inner- und
außerhäusliche Gewalt können deshalb nicht als
voneinander getrennte Themen behandelt werden. Hier bestehen
vielmehr auffallende Wechselwirkungen. Die Verteilung insbesondere
von finanziellen Ressourcen innerhalb eines Haushaltes sind ein
Aspekt, der bei der Analyse der Ursachen des großen
Ausmaßes an häuslicher Gewalt einbezogen werden muss.
Dabei tritt häusliche Gewalt nicht nur zwischen Männern
und Frauen auf, sondern zeigt sich auch in Form von
Kindesmisshandlungen sowie Generationskonflikten zwischen
Vätern und Söhnen. Die Zusammenhänge zwischen den
Vorgängen innnerhalb von Haushalten und der breiteren
Ökonomie wären hier zu analysieren (s. Moser 2002).
Alle
schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen (z.B. Folter,
Verschleppung, Vertreibung) führen bei den Opfern in der Regel
zu physischen und psychischen Trau mata. In diesem Zusammenhang stellen sexuelle
Übergriffe auf Frauen keine Ausnahme dar. Menschen
rechts verstöße behindern Frauen zudem in ihrer
Partizipation im gesellschaftlichen Leben und in der Politik und
– wie im Fall der sexuellen Belästigung – auch an
der Ausübung des Berufs. Die 4. UN-Weltfrauenkonferenz
in Peking hat in ihrer Ab schlusserklärung im
internationalen Konsens festgehalten, dass Gewalt gegen Frauen von
den Regierungen der Staaten durch Prävention und Sanktionen
bekämpft werden muss.
14 Dieses Kapitel basiert auf einem Gutachten von
Ruppert (2002).
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