*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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6.2.2       Spezifische Gefährdungen von Frauen und Verstöße gegen Menschenrechte

6.2.2.1    Gewalt gegen Frauen14

Ein großer Teil der Menschenrechtsverletzungen gegenüber Frauen subsumiert sich unter dem Begriff der sexuellen Gewalt. Diese erfahren Frauen in der privaten Sphäre ebenso wie in Form von sexueller Belästigung im Beruf und/oder auf der Straße sowie als Opfer in Kriegen (UN 2000: 152–161). Nach dem Weltbe­ völ­ ke­ rungsbericht von 2000 hat jede dritte Frau sexuelle Gewalt oder andere Formen von Gewalt erlebt. Vier Millionen Frauen werden jährlich in die Ehe, Prostitution oder Sklaverei verkauft – häufig auf globalen „Handelswegen“ vom Osten in den Westen, vom Süden in den Norden (Süddeutsche Zeitung 19.10.2000, s. Bales 2001). Schätzungen von UN und Weltbank gehen davon aus, dass durch Unterdrückung, Verfolgung und andere Formen tödlicher Gewalt gegen Frauen in der Familie weltweit ca. 60 bis 100Millionen weniger Frauen am Leben sind als auf der Basis von Bevölkerungsstatistiken zu erwarten gewesen wäre (UNFPA: 2000: 34, UNICEF: 2000: 6). Dem Weltbevölkerungsbericht 2000 zufolge nimmt die Zahl der Vergewaltigungen und anderer sexueller Miss­ handlungen weltweit zu (UNFPA 2000: 35). Bestimmte weibliche Bevölkerungsgruppen sind besonders verwundbar. Dazu gehören vor allem Frauen aus Minderheitengruppen, indigene Frauen, Migrantinnen, Flüchtlingsfrauen, Frauen in Kriegs­ gebieten und Frauen mit Behinderungen (s. UNICEF 2000: 2).

Studien der Weltbank belegen auch, dass ein Großteil der Gewalt bereits innerhalb des Haushalts beginnt und sich dann außerhalb der Privatsphäre und auf den Straßen fortsetzt. Inner- und außerhäusliche Gewalt können deshalb nicht als voneinander getrennte Themen behandelt werden. Hier bestehen vielmehr auffallende Wechselwirkungen. Die Verteilung insbesondere von finanziellen Ressourcen innerhalb eines Haushaltes sind ein Aspekt, der bei der Analyse der Ursachen des großen Ausmaßes an häuslicher Gewalt einbezogen werden muss. Dabei tritt häusliche Gewalt nicht nur zwischen Männern und Frauen auf, sondern zeigt sich auch in Form von Kindesmisshandlungen sowie Generationskonflikten zwischen Vätern und Söhnen. Die Zusammenhänge zwischen den Vorgängen innnerhalb von Haushalten und der breiteren Ökonomie wären hier zu analysieren (s. Moser 2002).

Alle schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen (z.B. Folter, Verschleppung, Vertreibung) führen bei den Opfern in der Regel zu physischen und psychischen Trau    mata. In diesem Zusammenhang stellen sexuelle Übergriffe auf Frauen keine Ausnahme dar. Menschen­ rechts­ verstöße behindern Frauen zudem in ihrer Partizipation im gesellschaftlichen Leben und in der Politik und – wie im Fall der sexuellen Belästigung – auch an der Ausübung des Berufs. Die 4. UN-Weltfrauenkonferenz in Peking hat in ihrer Ab­ schlusserklärung im internationalen Konsens festgehalten, dass Gewalt gegen Frauen von den Regierungen der Staaten durch Prävention und Sanktionen bekämpft werden muss.



14 Dieses Kapitel basiert auf einem Gutachten von Ruppert (2002).

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