Online-Konferenz
Ausschuss für Familie
Transkripte der Online-Konferenz zum Thema "Ganztagsbetreuung – Familie und Arbeitswelt" von Ekin Deligöz, B90/GRÜNE
Name | Frage | Antwort |
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Martin | Wie wollen Sie den Betreuungsausbau für Kinder unter drei Jahren realisieren? | Hallo Martin, herzlichen Dank für Ihre Frage. Wir wollen eine Änderung im Kinder und Jugendhilfegesetz und damit die Kommunen, also Städte und Gemeinden damit beauftragen ein bedarfsgerechtes Angebot an Betreuungsplätzen zu schaffen. Finanziert wird das Ganze aus den Einsparungen der Zusammenlegung der Arbeitlosen- und Sozialhilfe. Der Bund übernimmt die bisherigen Kosten der erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger/innen und entlastet damit die Kommunen. Von diesen Einsparungen von 2,2 Mrd sollen die Kommunen 1,5 Mrd jährlich für die Verbesserung der Betreuungsinfrastruktur für "Unter Dreijährige" einsetzen. |
Peter | Warum befürworten die GRÜNEN die höhere Beschäftigung von erziehenden Müttern? | Für uns Grüne gilt: Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich Mütter frei entscheiden können, ob sie arbeiten wollen oder nicht. Deshalb investieren wir in die Betreuungsinfrastruktur. Viele Frauen wollen beides, Familie und Beruf. |
Jutta | Wie will Ihre Partei erreichen, dass der Koalitionspartner größere Anstrengungen unternimmt, die Betreuung von Kindern unter 3 Jahren annehmbar zu regeln | Bündnis 90/Die Grünen haben bereits beim Koalitionsvertrag genau das durchgesetzt. Jetzt setzen wir uns im Rahmen der konkreten Verhandlungen für einen individuellen Anspruch auf Kinderbetreuung in besonderen Lebenslagen für unter Dreijährige ein. Wir wollen eine Festschreibung im Kinder- und Jugendhilfegesetz. Zum 1.1.2005 ist es soweit!(hoffe ich) |
Joachim | Könnte das Beispiel Frankreich nicht Schule machen? Hier gibt es meines Wissens für die Kinder aller Frauen einen Platz in der KITA. Egal welche Einkommensverhältnisse vorliegen. | Frankreich ist ein sehr gutes Beispiel. Allerdings wird es sich bei uns nicht durchsetzen, da sich viele Frauen auch ganz bewußt für das "zu Hause bleiben" in der Erziehungszeit entscheiden. Wichtig ist die Rahmenbedingungen sowohl für das eine als auch das andere zu schaffen. Erziehungsgeld aber auch Investitionen in die Kinderbetreuung. |
Beate | Haben Sie einen Ganztagsbetreuungsplatz für Ihr Kind gefunden? | In den ersten beiden Jahren war ausschliesslich mein Mann zu Hause, inzwischen haben wir ein 3/4 Betreuungsplatz. Aber auch wir haben lange darauf gewartet und setzen darüber hinaus auf ein Betreuungsnetzwerk, bestehend aus Omas, Tante und Babysitterin. |
Hanna | Wie kann Ihre Partei mehr Einfluss auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nehmen? Dazu fehlt doch momentan das Geld | Wir investieren aber dennoch:
4 Mrd in die Ganztagsschulen, 1,5 Mrd/Jährlich ab 2005 in die
Krippen und durch mehrere Programme wie Soziale Stadt und
Entwicklung und Chancen in die Jugendhilfe. Darüber hinaus haben wir eine ganze Reihe an Rahmenbedingungen geändert wie z.B. Teilzeitarbeit bis zu 30 Wochenstunden während der Erziehungszeit ohne Kürzung des Erziehunggeldes, Recht auf Teilzeitarbeit, bessere Anrechnung der Erziehung in den Rentenansprüchen. Aber auch die Wirtschaft binden wir stark in unsere Diskussionen ein. Ratiopharm in Ulm ist da ein Musterbeispiel an familienfreundlichen Maßnahmen im Betrieb. |
Frank | Selbst mit ausgebauter KITA-Betreuung kann ich mir nicht gut vorstellen, wie z.B. verschiedene und teilweise wechselnde Schichtdienste der Eltern mit Kindern vereinbar sein könnten. Haben Sie hierzu Ideen? | Die Antwort darauf ist das
worauf die meisten Eltern setzten: Ein Netzwerk an Betreuung. Omas,
Opas, Tanten, Onkel, Babysitter, Nachbarn, Freunde.... Aber 24-Stunden Betreuung für Kinder kann nicht staatlich geboten werden. Es gibt übrigens Familienservice-Agenturen, die genau das anbieten, wie zum Beispiel "die Insel" in Berlin-Mitte |
Petra | Sehr geehrte Frau
Deligöz, wie kann ich Sie erreichen, wenn der Chat zu Ende ist, um Ihnen mal zu schreiben? |
Liebe Petra, auf meiner Homepage unter www.ekin.de finden Sie alle meine Kontaktadressen und noch viel mehr zu Kinder- und Familienpolitik |
kerstin | Die "Vereinbarkeit von Familie
und Beruf" hört sich prima an, geht häufig an den
Realitäten unserer Welt vorbei. Als verwitwete Mutter einer
kleinen Tochtert (3 Jahre) habe ich - um eine halbwegs sichere
Ganztagsstellung anzunehmen - für die Tagesmutter 700 Euro im
Monat gezahlt. Wissen Sie, was man verdienen muss, um das zu
finanzieren? Absetzen kann ich diese Kosten natürlich nicht,
sondern lediglich einen kleinen Teil davon. Wie kann man von jungen Frauen erwarten, der Gesellschaft nicht durch Sozialhilfe etc. zur Last zu fallen, gleichzeitig Kinder aufzuziehen und diese Leistung, die sowieso zu einem 15-Stunden-Tag führt, nicht unterstützen? Eine Frage, die ich heute allen Abgeordneten stellen möchte und auf deren Antwort ich gespannt bin. |
Wir sind uns dieser Lage durchaus bewusst. Deshalb arbeiten wir mit Hochtouren daran, den Betreungsausbau für Kinder auszubauen. Dazu gehört das 1,5 Mrd- Programm zur Ausbau der Krippenplätze. Wir möchten auch Ausdrücklich die Tagesmütter mit in diesen Ausbau einbeziehen. In Zukunft sollen die vom Jugendamt gestellten Tagesmütter für die Eltern genauso viel kosten wie Kita-Plätze. Die Kinderbetreuung kann schon heute ab 774 ? abgesetzt werden. Außerdem gibt es einen Freibetrag für "echte" Alleinerziehende zur stärkeren Entlastung. |
Gisela | Bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht es meistens um Frauen (z.B. bei der Kinderbetreuung). Wo bleiben die Männer bei dem Thema? | Bei der Reform des Erziehunggeldes haben wir darauf gedrungen, dass auch Männer stärker mit einbezogen werden können. Eltern können abwechseld, gleichzeitig oder auch mit einiger Pause nacheinander Erziehungszeit nehmen. Aber Sie haben Recht, es gibt noch viel zu wenige Männer, die diese Möglichkeit nutzen. Haben Sie einen Vorschlag, was wir tun könnten? |
kerstin | Also, soweit ich weiß, kann ich Betreuungskosten nur bis 1.500 Euro absetzen (real im vergangenen Jahr: 8.400 Euro). Kann ich die komplette Summe absetzen? Das wäre mir neu, fände ich aber gut. | Leider nein. Auch wenn die Grünen genau das seit längerem fordern. Wir werden uns auch weiterhin dafür einsetzen. |
Peter | Wie wollen Sie sicherstellen, dass die 1,5 Mrd. ? für Kinderbetreuung den Kommunen zur Verfügung stehen? | Hallo Peter, die Kosten der Sozialhilfezahlungen an erwerbsfähige Sozialhilfeemfänger werden in Zukunft von der Bundeskasse bezahlt. Damit entlastet der Bund ab 1.1.2005 die Kommunen aus diesen Zahlungen. Die dadurch entstehenden Ersparnisse verbleiben den Kommunen. Die Summe wird derzeit auf 2,2 Mrd. berechnet. Daraus sollen 1,5 Mrd zum Ausbau der Betreuungsinfrastruktur verwendet werden. |
Helge Hansson | wieso werden langfristig familienfreundliche betriebe die nase vorn haben? und was bringts wenn das unternehmen mittelfristig oder gar kurzfristig ueberleben muß? sind nur die großbetriebe gemeint? | Gerade kleinere Betriebe sind Vorreiter in Sachen Familienfreundlichkeit, da die persönliche Ebene eine sehr große Rolle spielt. Aber auch in den größeren Unternehmen wird über Familienfreundlichkeit zunehmend nachgedacht. Zum einen können Betriebe sich überhaupt nicht leisten auf hoch qualifizierte Mitarbeiterinnen zu verzichten, zum anderen zahlt sich die Investition auch volkswirtschaftlich aus: laut Prognos Institut kommt 1 ? Investition in die familienfreundlichen Arbeitsverhältnisse 4-Fach zurück. Zudem steigt die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter und damit auch die Leistungsfähigkeit. |
Quelle:
http://www.bundestag.de/live/forum_archiv/konferenzen/2004/familien/03_gruene_trans