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14. Wahlperiode
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"Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen
der Globalisierung und der Liberalisierung"

Antrag
der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.

Einsetzung einer Enquete-Kommission "Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung"

Der Bundestag wolle beschliessen:

Der Deutsche Bundestag setzt eine Enquete-Kommission "Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung" ein.

I. Ausgangslage

Die Energieversorgung steht an der Schwelle des 21. Jahrhunderts vor neuen gravierenden Herausforderungen, nämlich

Durch die Arbeiten der früheren Enquete-Kommissionen des Deutschen Bundestages sowie durch vielfältige andere Untersuchungen ist der Bereich der Energiepolitik ebenso wie die notwendigen Anpassungserfordernisse bereits stark erforscht worden. Durch neuere Entwicklungen im Zuge von Globalisierung und Liberalisierung haben sich die Rahmenbedingungen teilweise verändert. Vor diesem Hintergrund und angesichts der vor uns stehenden Herausforderungen auf mittlere und lange Sicht müssen wir uns frühzeitig über Instrumente, Rahmenbedingungen und konkrete Handlungsziele verständigen, um den in der Energiepolitik geforderten Gesetzgeber zu beraten und ihm Handlungsempfehlungen geben zu können.

Ein Politikkonzept der Zukunft muss zwingend auf die mittel- und längerfristigen Herausforderungen Antworten geben, die sich aus den globalen und regionalen Grenzen der Verfügbarkeit von Ressourcen und der Tragfähigkeit der natürlichen Lebensgrundlagen ergeben. Dies gilt insbesondere auch für die Bundesrepublik Deutschland als Kernland Europas und als Wettbewerber im globalen Markt von Wirtschaft, Arbeit und Wohlstand.

Sämtliche Ziele, Strategien, Massnahmen und Instrumente müssen sich an einer dem Prinzip der Nachhaltigkeit verpflichteten Politik orientieren. Der UNEP Bericht "GEO 2000" wie auch die Berichte des WBGU benennen die Risiken und Gefahren der weltweiten wirtschaftlichen Entwicklung: Übermässiger Ressourcenverbrauch in Industrieländern und armutsbedingter Raubbau in Entwicklungsländern gefährden mittel- und langfristig die ökonomischen, ökologischen und sozialen Grundlagen des Menschen. Eine besondere Verantwortung ergibt sich für die Industrieländer wie der Bundesrepublik Deutschland gegenüber den Entwicklungs- und Schwellenländern durch die berechtigten Ansprüche auf eine angemessene Wirtschafts- und zugleich Wohlstandsentwicklung.

Das weltweite Klimaproblem, die bindenden Reduktionsverpflichtungen der Industrieländer im Kyoto-Protokoll zur Klimarahmenkonvention und die von der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des europäischen "Burden Sharings" bereits mittelfristig übernommenen Verpflichtungen zur Reduzierung des Ausstosses klimarelevanter Spurengase verlangen eine baldige Konkretisierung der sich daraus ergebenden Massnahmen, insbesondere in den Bereichen des stationären Energieverbrauchs (Strom, Wärme, Prozessenergie) sowie Mobilität und Verkehr.

Auch wenn von einer baldigen Erschöpfung der wirtschaftlich gewinnbaren Vorräte an fossilen Energieträgern insgesamt nicht auszugehen ist, liegt die eigentliche Grenze in der beschränkten Aufnahmekapazität natürlicher Puffer für Treibhausgase. Gleichwohl sind die geopolitischen Fragen zu berücksichtigen, die sich aus der hohen Konzentration dieser Energieträger ergeben. Ausserdem sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen von Verknappungseffekten untersucht werden.

Eine nachhaltige Energiepolitik, die sich an den Zielen einer sicheren, umweltverträglichen und kostengünstigen Energieversorgung orientiert, ist von zentraler Bedeutung für die Fortentwicklung der Volkswirtschaft. Kosten im Rahmen eines solchen an Nachhaltigkeitskriterien orientierten Konzeptes sind nicht kurzfristig im einzelwirtschaftlichen Sinne, sondern langfristig und unter Einbeziehung ggf. zu verzeichnender externer Effekte zu interpretieren. Dies findet seinen Niederschlag in dem wachsenden Stellenwert, der einer umweltverträglichen Energieversorgung in breiten Teilen der Bevölkerung beigemessen wird.

Mit der Liberalisierung der Energiemärkte in Europa und Deutschland hat sich der Ordnungsrahmen der leitungsgebundenen Energiewirtschaft grundlegend geändert. Wettbewerb und die Lenkung von Angebot und Nachfrage über den Markt sollen dazu beitragen, die Effizienz der Energieversorgung zu verbessern. Eine wichtige Frage ist in diesem Zusammenhang, welche Rahmenbedingungen und Instrumente notwendig sind, um dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung gerecht zu werden. Der dafür notwendige Strukturwandel wird umso leichter und schneller gelingen, wenn er in Parlament und Bevölkerung eine breite Akzeptanz findet und somit einen neuen Konsens ermöglicht. Die Überlegungen zur Anpassung und Neuausrichtung der nationalen Politik müssen die europäischen Rahmenbedingungen berücksichtigen.

II. Aufgaben

Der Deutsche Bundestag setzt dazu eine Enquete-Kommission "Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und Liberalisierung" ein. Ihr gehören 13 Mitglieder des Deutschen Bundestages und 13 Sachverständige an. Die Fraktion der SPD benennt 6 Abgeordnete und 6 Sachverständige, die Fraktion der CDU/CSU benennt 4 Abgeordnete und 4 Sachverständige, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Fraktion der F.D.P. und die Fraktion der PDS benennen je 1 Abgeordneten und 1 Sachverständigen. Für jedes Mitglied des Deutschen Bundestages kann je 1 Stellvertreter benannt werden.

Die Enquete-Kommission hat das Ziel, mit Blick auf die Commission on Sustainable Development (CSD) IX im Jahr 2001 (Verabschiedung einer UN-Strategie zu "Energie und nachhaltige Entwicklung") und auf die Konferenz "Rio+10" (im Jahr 2002) für den Energiebereich den Beitrag Deutschlands zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele von Rio (Agenda 21) zu entwickeln. Im Zentrum sollen die kurz-, mittel- und langfristigen Klimaschutzziele, also das nationale CO 2 -Minderungsziel von 25 % sowie die völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands im Rahmen des Kyoto-Prozesses und dessen Konkretisierung im EU-Kontext bis zum Jahr 2010 und die bis zum Jahr 2050 erforderliche Reduktion der Emissionen der Industriestaaten um bis zu 80 % stehen. Dabei sind Trends, Ziele und Gestaltungsspielräume national, europäisch und im globalen Rahmen aufzuzeigen. Insbesondere geht es darum, Handlungsmöglichkeiten unter den veränderten Rahmenbedingungen von Globalisierung und Liberalisierung aufzuzeigen.

Auf dieser Grundlage ergeben sich u. a. neben den oben angeführten allgemeinen Aufgaben folgende Gegenstände der Untersuchung:

Thematisch sollen die Herausforderungen der Liberalisierung der Energiemärkte für eine effiziente und umweltfreundliche Versorgung bzw. gegebenenfalls Massnahmen zur Korrektur unerwünschter Entwicklungen und Aufgaben der ökologischen Zukunftsmärkte im Zentrum eines entsprechenden Zwischenberichtes stehen.

Unter Einbeziehung der vielfältig vorhandenen Untersuchungen sollen im Endbericht langfristige Szenarien der zukünftigen Energieversorgung in Deutschland und Europa erarbeitet werden. Hierbei ist der globale Kontext ebenso zu berücksichtigen wie europäische Entwicklungen (Globalisierung, Liberalisierung, Ungleichheit). Ziel soll es sein, dem politischen Willensbildungsprozess zur künftigen Energiepolitik eine belastbare, an wissenschaftlich-systematisch Kriterien orientierte Beratungsgrundlage zu schaffen. Um diese Optionen abzubilden, empfiehlt sich eine Vorgehensweise anhand von Szenarien, die aufzeigen, ob und wie die formulierten mittel- und langfristigen Ziele (2005, 2010, 2020, 2050) erreicht werden können.

Berlin, den 15. Februar 2000

Dr. Peter Struck und Fraktion
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Quelle: http://www.bundestag.de/parlament/gremien/kommissionen/archiv14/ener/ener_auf
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