Im gesamtstaatlichen Organisations- und Aufgabengefüge der Bundesrepublik spielen Städte und Gemeinden eine gewichtige Rolle. Bereits ein flüchtiger Blick auf das kommunale Aufgabenportfolio lässt erahnen, dass die Kommunen eine enorme Aufgabenbandbreite zu bewältigen haben: Sie reicht von A wie Abfallbeseitigung bis Z wie Zoo. Eine generelle Bestimmung des kommunalen Aufgabenkreises ist aber schwierig. Die Probleme ergeben sich zunächst daraus, dass in Artikel 28 Absatz 2 des Grundgesetzes konkretisiert wird, dass den Gemeinden das Recht gewährleistet sein muss, "alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln". Die Frage, was "Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" sind, beantwortet das Grundgesetz jedoch nicht.
Trotz der begrifflichen Unschärfe und der damit verbundenen Schwierigkeiten lassen sich die von den Gemeinden wahrzunehmenden Aufgaben nach unterschiedlichen Kriterien klassifizieren. So kann nach der Aufgabenbedeutung zwischen Existenzaufgaben, also Aufgaben, deren Erledigung unabdingbare organisatorische Voraussetzungen für das handlungsfähige Bestehen der Gemeinden ist, und Zweckaufgaben, das heißt Aufgaben, die die fachlichen Politikbereiche abdecken, unterschieden werden. Weiter lassen sich in räumlicher Hinsicht örtliche und überörtliche Aufgaben und unter zeitlichen Aspekten Daueraufgaben und einmalig zu erfüllende Aufgaben unterscheiden. Diese Hinweise verdeutlichen, dass kommunale Aufgaben einem ständigen Wandel unterworfen sind, je nach der Funktion der Kommunen im Staatsaufbau und den gesellschaftlich-politischen und ökonomischen Problemlagen.
Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal für kommunale Aufgaben ist jedoch das Maß der Eigenverantwortlichkeit, also die Dimension der Weisungsabhängigkeit von der unmittelbaren Staatsverwaltung bei der Aufgabenerfüllung. Nach dem Grad der Eigenverantwortlichkeit lassen sich Selbstverwaltungsaufgaben, Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung, Auftragsangelegenheiten und Organleihen unterscheiden. Selbstverwaltungsaufgaben untergliedern sich in freie und pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben. Beide werden unter eigener Verantwortung und mit eigenen Organen und Personal bearbeitet. Dabei unterliegen sie der allgemeinen Kommunalaufsicht, die gewährleistet, dass die Kommunen sich im Rahmen der Gesetze bewegen.
Der Kreis der freiwilligen Aufgaben kann sehr umfangreich sein. Letztendlich entscheidet die kommunale Finanz- und Leistungskraft über den Aufgabenkatalog. Eine finanzschwache Gemeinde wird naturgemäß immer nur das Allernotwendigste planen und ausführen können, wohingegen reichere Städte und Gemeinden in der Erfüllung der freiwilligen Aufgaben entsprechend großzügiger sein werden. Zu beachten ist aber, dass die Pflichtaufgaben in der Ausführung Priorität genießen. In der Folge bilden die freiwilligen Aufgaben sowohl in der Rangfolge der Aufgabenerledigung als auch in der Finanzierung das letzte Glied in der kommunalen Aufgabenkette. Beispiele für freiwillige Aufgaben sind unter anderen die Errichtung und Unterhaltung von Gemeindehallen, Sportanlagen, Büchereien sowie Orchestern. Zu den pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben gehören beispielsweise Schulen, die Abfallbeseitigung, Wasserver- und Wasserentsorgung sowie die Bauleitplanung.
Weiter kann der Gesetzgeber den Kommunen Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung auftragen. Sie unterscheiden sich von den Selbstverwaltungsaufgaben dadurch, dass der Kommunalaufsicht nicht nur die Rechtsaufsicht zusteht, sondern dass sie auch fachliche Direktiven erlassen kann. Zu den Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung werden das Melde- und Personenstandswesen, das Ordnungswesen sowie der Zivilschutz gezählt.
Um die Einheit der kommunalen Verwaltung zu wahren und um den öffentlichen Verwaltungsapparat nicht noch komplexer zu gestalten, obliegt den Gemeinden auch die Verwaltung staatlicher Aufgaben. Auftragsangelegenheiten sind demnach keine Selbstverwaltungsaufgaben, sondern vom Staat durch Gesetz übertragene Aufgaben. Sie werden von den Gemeinden verwaltet, sie verfügen aber über keinerlei Gestaltungsfreiheit. Die Verwaltung erfolgt insofern nach Anweisung durch den Staat. Zu differenzieren sind Auftragsangelegenheiten nach Bundes- und solche nach Landesrecht. Zu letzteren gehören die Durchführung von Landtagswahlen, Aufgaben auf dem Gebiet des Gesundheits-, Kataster- und Kassenwesens und die Flüchtlingsbetreuung. Beispiele für Auftragsangelegenheiten nach Bundesrecht sind behördlicher Luftschutz und Leistungen zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe). Schließlich ist von den Auftragsangelegenheiten die Organleihe zu unterscheiden. Hier obliegt dem Bürgermeister die Durchführung aller Aufgaben, die ihm aufgrund gesetzlicher Vorschriften übertragen sind.
Soweit die Darstellung der Aufgaben. Mit der Zuordnung ist aber noch keine Aussage über die Art und Weise der Erfüllung getroffen worden. Gerade hier hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten unter dem Stichwort Aufgabenkritik viel verändert. Vor allem die kommunale Praxis schenkte den Problemen der Steuerung und der Erfolgskontrolle zunehmend Aufmerksamkeit, wenn auch in einer meist stark an konkreten Problemen orientierten Betrachtungsweise. Damit einher gingen Versuche, die Kosten des Verwaltungshandelns besser zu erfassen und Aufgaben in Randbereichen wie Schlachthöfe, Müllabfuhr und Straßenreinigung mehr und mehr an Dritte zu vergeben. Denn im Unterschied zum privatwirtschaftlichen Sektor, in dem Steuerung und Erfolgskontrolle systemimmanent durch Marktmechanismen und Gewinne und Verluste miteinander verknüpft sind, fehlten im kommunalen Bereich vergleichbar elegante Rückkoppelungsmechanismen. Für die 80er- und 90er-Jahre ist so eine Entwicklung sichtbar, die sich überspitzt als Modernisierung der Kommunalverwaltung kennzeichnen lässt.
Diese Modernisierungsdebatte mit der Stoßrichtung einer Effektivierung und Beschleunigung der administrativen Prozesse hat die Kommunalverwaltung vor neue Anforderungen gestellt. Vor allem die unter den Stichwörtern "Neues Steuerungsmodell" oder "New Public Management" firmierenden Ansätze sind stark betriebswirtschaftlich geprägt und haben in ihrer Folge zu einer "Ökonomisierung der Verwaltung" geführt.
Der Grundgedanke, Strategien aus der Wirtschaft auf die Prozesse in der Kommunalverwaltung zu übertragen, barg die Hoffnung auf eine Effektivitätssteigerung des administrativen Handelns und der Dienstleistungen von Verwaltungen. Auch wenn heute unumstritten sein dürfte, dass öffentliche Verwaltungstätigkeit bei weitem nicht in allen Fällen vergleichbar ist mit Aufgaben von privatwirtschaftlichen Unternehmen, so bedeuten die prozessökonomischen Ansätze dieser Public-Management-Strategien doch erhebliche Steuerungsgewinne für Kommunalverwaltungen. Schließlich führten diese Ansätze und Strategien zu Kooperationen und Partnerschaften zwischen kommunalem und privatem Sektor, die unter dem Begriff Public-Private-Partnership firmieren. Hier dürften wohl kaum Zweifel daran bestehen, dass diese Entwicklung erneut wichtige Wandlungsprozesse auslösen wird.
Vor diesem Hintergrund des Aufgabenwandels und des stetigen Modernisierungsdrucks fällt auf, dass etwa 75 bis 85 Prozent der kommunalen Aufgaben zu den Pflichtaufgaben oder Auftragsangelegenheiten zählen, mithin nicht originär kommunaler Natur sind. Der Raum für Selbstverwaltungsaufgaben bewegt sich nur zwischen 15 und 25 Prozent. Realistischen Annahmen zur Folge stehen den Kommunen maximal fünf Prozent des Gesamtetats - bei fallender Tendenz - zur Bestreitung dieser wichtigen Aufgaben zur Verfügung. Das Resultat der Aufgabenaufbürdung auf die Städte und Gemeinden versetzt die Kommunalpolitiker in die immer gleichen Handlungszwänge: mitunter scharfe Einschnitte bei den freiwilligen Aufgaben. Die Erhöhung von Eintrittsgeldern bei Museen, die Pflegereduzierung bei städtischen Grünanlagen bis hin zur Schließung von Schwimmbädern und Theatern sind landauf, landab bekannte, staatlich erzwungene Handlungsmuster. Letztendlich provoziert die Überlastung der Kommunen mit staatlichen Pflichten einen Abbau der freiwilligen Aufgaben. Die Einbindung der Kommunen in die staatliche Problemverarbeitung hat sie in ihrer Handlungs- und Steuerungsfähigkeit nachhaltig geschwächt, de facto werden die Kommunen bei ihrer Aufgabenwahrnehmung fremdbestimmt.
Diesem Phänomen steht ein Bedeutungszuwachs der kommunalen Ebene gegenüber. Der Aufgabenumfang der Städte und Gemeinden ist seit der Gründung der Bundesrepublik stetig gewachsen. Gerade ihre hohe Problemverarbeitungsfähigkeit hat den Kommunen immer wieder neue Aufgaben beschert. Das Ergebnis ist paradox: Der Erfolg der Kommunen hinsichtlich ihrer Funktionsfähigkeit hat sie auf der anderen Seite zu Opfern ihrer eigenen Erfolgsstory werden lassen, indem ihnen - zu Lasten der freiwilligen Aufgaben - immer neue staatliche Aufgaben zugewiesen wurden.
Den traditionell ausgedehnten und hochwertigen kommunalen Aufgabenstandard werden die Kommunen aufgrund ihrer Finanznot nicht auf dem bisherigen Niveau halten können. Sollte die Unterfinanzierung anhalten, wovon momentan auszugehen ist, muss mit weiteren Aufgabenliquidierungen, zumindest mit Qualitätseinbußen im Bereich der freiwilligen Aufgaben gerechnet werden. Der klar zu beobachtende Trend der Auslagerung kommunaler Aufgaben in Privatunternehmen wird dann weiter zunehmen, ebenso wie die vielschichtigen Formen, die unter dem Begriff Public-Private-Partnership zusammengefasst werden, an Bedeutung gewinnen.
Professor Rainer Frey lehrt Kommunalpolitik an der Uni Münster, Christoph Brake ist Mitarbeiter am dortigen Institut für Politikwissenschaft.