Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 04 / 24.01.2005
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Man darf nicht alle Hoffnungen auf den Weltjugendtag projizieren

Interview mit dem BDKJ-Bundesvorsitzenden Knuth Erbe

Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) sitzt mit im Organisationskomitee für den XX. Weltjugendtag (WJT) im August. Zum ersten Mal sind in Deutschland nahezu eine Million Menschen bei einer kirchlichen Großveranstaltung dabei. Der BDKJ-Bundesvorsitzende Knuth Erbe spricht über logistische und inhaltliche Herausforderungen und die Erwartungen an den Weltjugendtag. Der Kritik, die immer wieder an Papst Johannes Paul II. geäußert wurde, begegnet er gelassen. "Man kann dem Papst zujubeln, man muss ihm aber nicht in allem folgen."

Das Parlament:

Herr Erbe, der Countdown läuft, worum kümmert sich der BDKJ im einzelnen bei der Vorbereitung des Weltjugendtages?

Knuth Erbe: Wir sind als Dachverband der deutschen Katholischen Jugendverbände in die Gesamtvorbereitung des Weltjugendtages eingebunden, wobei in der Geschäftsstelle des WJT in Köln das meiste erledigt wird. Daneben organisieren die meisten Mitgliedsverbände des BDKJ so etwas wie ein eigenes Zentrum, das Jugendverbandszentrum. Dort wird ganz bewusst das eigene Profil des Verbandes für alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Weltjugendtages herausgestellt. Natürlich sollen in erster Linie die deutschen Jugendlichen angesprochen werden und ihren Verband wieder erkennen. Das sind auch Orte, wo die Katechesen, also die Verkündung des christlichen Glaubens, durchgeführt werden. Hier übernehmen die Jugendverbände die Gestaltung der Katechesen mit. Das Gleiche macht auch der BDKJ. Es wird ein BDKJ-Zentrum in St. Heribert in Köln-Deutz geben, das sich Fair Point nennt. Da geht es um Fragen zur weltweiten Gerechtigkeit und zum Fairen Handel. Wir wollen in unserem Zentrum mit den kirchlichen Hilfswerken wie Misereor, Missio und Adveniat kooperieren.

Das Parlament:

Der WJT muss nicht nur logistisch, sondern auch pastoral, also seelsorgerisch, vorbereitet werden. Wie sind die jugendlichen Teilnehmer und Teilnehmerinnen eingebunden?

Knuth Erbe: Zum einen gibt es die Möglichkeit sich als Freiwilliger beim Weltjugendtag zu beteiligen, sowohl in den Diözesen als auch während der Woche im August, wo 15.000 bis 20.000 Freiwillige gebraucht werden. Es gibt die Freiwilligen im Weltjugendtagsbüro in Köln aus deutschen Diözesen und aus vielen Ländern der Welt. Das ist sicherlich eine gute Möglichkeit sich vorzubereiten. Auch in vielen Diözesen findet eine inhaltliche Vorbereitung statt. Wir als BDKJ haben zusammen mit Misereor zur Vorbereitung auf dem Weltjugendtag die Aktion "Magnifikat" ins Leben gerufen. Wir schauen uns den Lobgesang Mariens und seine Aussagen bewusst als spirituelle Vorbereitung an.

Das Parlament:

Der "Papst sei ein großer Freund" für die jugendlichen Teilnehmer, sagte Erzbischof Kardinal Stanislav Rylko, Präsident des Päpstlichen Rates für die Laien. Wie erklären Sie sich die große Akzeptanz Papst Johannes Paul II. bei jungen Leuten?

Knuth Erbe: In Ländern der südlichen Halbkugel hatte er immer schon große Popularität. In Polen und in Mittel- und Osteuropa sowieso. Es hat eher in den westlichen und nördlichen Ländern Europas größere Vorbehalte gegeben. Dabei ging es eher um innerkirchliche Fragen als um seinen Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit. Als sich der Papst vor zwei Jahren beim Ausbruch des Golfkrieges sehr deutlich dagegen ausgesprochen hat, da hat man auch hier in Deutschland gemerkt, dass sehr viele junge Menschen ihm zugestimmt haben. Innerkirchlich ist das manchmal etwas schwieriger. Ich glaube aber, dass diese Kritik abnimmt, je älter er wird. Das ist mein Eindruck. Auch junge Leute sagen, dass sie nicht alles gut und nachvollziehbar finden, und trotzdem sagen sie in Respekt vor der Person und dem Amt: wir machen den Weltjugendtag mit und finden das auch klasse. Ich habe das mal so formuliert und dafür auch Ärger bekommen: Man kann dem Papst zujubeln, man muss ihm aber nicht in allem folgen. So ähnlich ist es auch bei vielen jungen Menschen. Und es gibt bei Großveranstaltungen wie dem Weltjugendtag auch so etwas wie eine Eigendynamik, was die Begeisterung angeht.

Das Parlament:

Besteht nicht auch die Gefahr, dass der WJT zu einem Happening mit Eventcharakter umfunktioniert wird und keine nachhaltige Wirkung hat?

Knuth Erbe: Das Risiko besteht immer bei solchen Sachen. Es gibt bei Großveranstaltungen immer "das Loch danach". Deutschland hat eine sehr ausgeprägte Struktur katholischer Jugendarbeit. Die gibt es jetzt, die wird es auch danach geben. Diese gilt es aufzufangen und man muss allerdings aufpassen, dass man nicht alle Hoffnungen auf den Weltjugendtag projiziert. Events wie der Weltjugendtag sind Bestandteil von ganz vielen Formen kirchlicher Jugendarbeit. Seine Stärke ist die Internationalität.

Das Parlament:

Dass der WJT 2005 in Deutschland stattfindet, ist auch eine Chance für die Kirche in Deutschland, die Jugend wieder stärker für sich zu gewinnen. Eine zu optimistische Hoffnung?

Knuth Erbe: Ich glaube schon, dass sich in erster Linie Menschen am Weltjugendtag beteiligen werden, die mit kirchlichem Leben zu tun haben. Ich bin nur bedingt der Ansicht, dass Jugendliche, die bisher wenig mit der Kirche zu tun haben, es als so eine Art Schnupperveranstaltung betrachten. Außerdem ist Hochsommer und Urlaubszeit. Ich kann mir eher vorstellen, dass es für Firmlinge oder Jugendliche, die schon in der kirchlichen Jugendarbeit stecken, etwas bringt, die sich aber noch nicht so stark mit der Kirche identifizieren. Ich glaube nicht, dass es die große Missionsveranstaltung in das vermeintliche nichtchristliche Deutschland hinein wird. Da muss man eher aufpassen. Ich glaube, dass man eine ganze Menge wohlwollende Aufmerksamkeit bekommen wird. Das ist auch schon eine ganze Menge.

Das Interview führte Ines Gollnick


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.