Die Moskaureise von Bundeskanzler Konrad Adenauer im September 1955 war eines der spektakulärsten Ereignisse in dessen 14-jähriger Amtszeit. Keine Aktion hat dem Kanzler - wegen der "Heimholung" der letzten Kriegsgefangenen - soviel Popularität eingebracht wie diese "Reise ins Ungewisse" (Hans-Peter Schwarz). Der frühere Botschafter Werner Kilian ruft in seinem Buch die damaligen dramatischen Ereignisse - auch durch Befragung mehrerer Beteiligter - Tag für Tag wieder in Erinnerung: Wie überraschend die Einladung kam und wie zögerlich Bonn reagierte, wie sorgfältig die Vorbereitungen waren (die Opposition wurde mit ins Boot genommen), wie hart die um ein Haar gescheiterten Verhandlungen verliefen, wie sich die Deutschen trinkfest machten (mit Olivenöl), wie der befreiende Durchbruch kam, wie groß die Dankbarkeit in der Bundesrepublik war, wie wenig die ganze Aktion letztlich nachwirkte und wie absurd noch nachträglich das Hin und Her um ein Gastgeschenk für Bulganin verlief. Zeitgeschichte hautnah, die einen politischen Höhepunkt der 50er-Jahre unmittelbar vor Augen führt.
Werner Kilian
Adenauers Reise nach Moskau.
Hrsg. von der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Herder Verlag, Freiburg/Br. 2005; 381 S., 15,50 Euro