Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 38 - 39 / 23.09.2005
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Hagen Richmann

Eine Weltmacht stößt an ihre Grenzen

Internationale Konflikte: Die USA zwischen Nordkorea und Irak

Das internationale Engagement der USA und ihr Selbstverständnis als Weltmacht führen sie in Verwicklungen mit globalen Auswirkungen. Im Zentrum dieser sicherheitspolitischen Einflussnahmen der USA stehen Nordkorea und der Irak. Allerdings sind sie in ihren Gegebenheiten ganz unterschiedlich. Peter Scholl-Latour widmet sich in seinem jüngsten Buch den politischen, gesellschaftlichen und auch militärischen Hintergründen dort. Er sieht die USA in diesem Kräftespiel als einen Koloss auf tönernen Füßen.

Entlang ausführlicher Reiseberichte in die Vereinigten Staaten, nach Nordkorea, Vietnam und in den Irak stellt er die unterschiedlichen Bedingungen, Abläufe, Ereignisse und Aussichten der aktuellen Krisen und Konflikte vor. Interessant sind dabei vor allem die Schilderungen der Verhältnisse in Nordkorea und der Erlebnisse im Irak. Ebenso eindrucksvoll sind die Wiedergaben der vielen Hintergrundgespräche mit Diplomaten und Zeugen der Geschehnisse vor Ort. Daneben verarbeitet Scholl-Latour ausführlich seine Erlebnisse und Erkenntnisse aus dem Vietnam-Krieg.

Aus dem vielfältigen Material kristallisieren sich folgende Schlussfolgerungen heraus: Die Bedingungen in Nordkorea würden sich hinsichtlich eines möglichen militärischen Eingreifens der USA zu den Vorbedingungen des Irak-Krieges deutlich unterscheiden. Nordkoreas Nachbar China verlange eine andere Rücksichtnahme als das geopolitische Umfeld des Irak. Eine Eskalation wäre nicht auszuschließen und auch nicht kalkulierbar.

Gleichzeitig biete der Einsatz der amerikanischen Streitkräfte im Irak derzeit keinen Ausblick auf eine schnelle oder gar friedliche Lösung. Dazu seien die Verhältnisse zu kompliziert. Unterschiedliche ethnische und religiöse Konflikte und Interessen würden mit Gewalt ausgetragen. Ein Ende sei nicht in Sicht. Mit militärischen Mitteln allein sei dieser Konflikt nicht mehr regelbar. Mit diesen Herausforderungen könnten die USA auf Dauer nicht allein fertig werden. Dazu, so ist die Ausarbeitung von Scholl-Latour auch zu verstehen, sind die Verknüpfungen der Krisengebiete mit weltweit agierenden Terrorismusgruppen und mit den anderen politischen Mächten zu vielgestaltig.

Scholl-Latour hat einen Reisebericht vorgelegt, dessen Schilderungen einladen, sich nachdrücklicher mit den internationalen Krisen auseinander zu setzen. Die Bilder des Alltags zeigen eindrucksvoll das Leben vor Ort und helfen verstehen, welchen Belastungen und Nöten die Menschen in Diktaturen und Bürgerkriegen ausgesetzt sind.


Peter Scholl-Latour

Koloss auf tönernen Füßen. Amerikas Spagat zwischen Nordkorea und Irak.

Propyläen Verlag, Berlin 2005; 351 S., 24,- Euro


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